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Zell: Hexenjagd: Als ganz Europa auf Würzburg und Zell schaute

Zell

Hexenjagd: Als ganz Europa auf Würzburg und Zell schaute

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    Hexenwahn im 18. Jahrhundert: Der Zeller Arbeitskreis Kultur bringt das Schicksal der Zeller Subpriorin Maria Renata Singer am Originalschauplatz im ehemaligen Kloster Unterzell auf die Bühne. Roman Rausch schrieb das Theaterstück, Norbert Bertheau führt Regie.
    Hexenwahn im 18. Jahrhundert: Der Zeller Arbeitskreis Kultur bringt das Schicksal der Zeller Subpriorin Maria Renata Singer am Originalschauplatz im ehemaligen Kloster Unterzell auf die Bühne. Roman Rausch schrieb das Theaterstück, Norbert Bertheau führt Regie. Foto: Thomas Obermeier

    Wer wollte die rechtschaffene und angesehene Nonne aus dem Weg schaffen? Ein Theaterstück über das Schicksal der Zeller Subpriorin Maria Renata Singer sucht Antworten. Uraufgeführt wird das Stück am 18. Juli am Originalschauplatz im ehemaligen Kloster Unterzell, der heutigen evangelischen Versöhnungskirche. Veranstalter ist der Zeller Arbeitskreis Kultur.

    Subpriorin des Klosters Unterzell wurde der Hexerei beschuldigt

    "Die Idee schwirrte schon seit einiger Zeit in unseren Köpfen herum", berichtet Zells Bürgermeisterin Anita Feuerbach. Im Juni 2017 habe sie das Thema in die Hand genommen und ein erstes Gespräch mit Regisseur und Schauspieler  Norbert Bertheau geführt. Ein Jahr später kam er auf sie zu und hatte mit Roman Rausch schon einen Autor für das Stück gefunden. Den Titel "Herr, öffne meine Lippen" bezieht er auf das Morgengebet der Nonnen – doppeldeutig, wenn es um den Vorwurf der Hexerei geht.

    Der Würzburger Rechtsanwalt und Zeller Gemeinderat Bernd Spengler beschäftigte sich schon als Student mit dem Fall der Maria Renata Singer. Er sicherte sich die Namensrechte, "um zu verhindern, dass aus der Geschichte ein Klamauk mit ein bisschen Feuer wird", sagt er. Bei Bertheau und Rausch hatte er die Sorge nicht und steht sogar selbst als Darsteller mit auf der Bühne.

    Ein Anwalt verhindert, dass aus der Geschichte ein Klamauk wird

    "Mir war schnell klar, dass das keine gewöhnliche Hexengeschichte ist", sagt Rausch über den "einzigartigen und eigenartigen Fall". Er war sich bewusst, dass es "keine wissenschaftliche Arbeit" werde. Daher sei seine Herangehensweise beim Theaterstück eine andere gewesen als bei dem Sachbuch "Der Hexenriecher", das er aus den zusammengetragenen Unterlagen zum gleichen Thema schrieb. "Natürlich ist auf der Bühne etwas Fiktion dabei, aber den großen Teil habe ich so übernommen, wie ich ihn gefunden habe." Das Stück sei deshalb "ziemlich historisch".

    Szene aus den Proben: Richard Traub (rechts), der Probst des Klosters Unterzell, entwickelt sich vom unfähigen Klostervorsteher zum kollegialen Hexenjäger.
    Szene aus den Proben: Richard Traub (rechts), der Probst des Klosters Unterzell, entwickelt sich vom unfähigen Klostervorsteher zum kollegialen Hexenjäger. Foto: Thomas Obermeier

    Rausch war fasziniert davon, "tiefer in die Psychologie der Leute einzusteigen". Die verschiedenen Personen, ihr Handeln und ihre Motive, aber ebenso ihre Ängste habe er versucht, in etwas mehr als zwei Stunden darzustellen. "Das ist der eigentliche Kern der Geschichte", erklärt der Autor. Damit lasse sich die komplexe Geschichte besser zu den Menschen bringen, als mit einer Vorlesung in Kirchengeschichte, findet Rausch.

    Rauschs Theaterstück hält sich an historische Fakten

    Grundlegend waren für ihn zwei Werke über Singer, eines von Anton Memminger aus dem Jahr 1904 und das Werk Claudia Sussmann-Hanfs aus dem Jahr 1995. Diese habe er durch eigene Recherchen ergänzt. Zuvor hatte es mehr als 100 Jahre lang keine Hexenverbrennung in Würzburg gegeben. Die Dimensionen des Prozesses lassen sich nur noch erahnen: "Das war ein riesengroßes Ding und ging weit über die Region hinaus. Ganz Europa hat damals auf Würzburg und Zell geschaut", sagt Rausch.

    Regisseur Norbert Bertheau (rechts) bespricht mit seinen Schauspielern die Szene.
    Regisseur Norbert Bertheau (rechts) bespricht mit seinen Schauspielern die Szene. Foto: Thomas Obermeier

    Bertheau probte mit den 15 Laienschauspielern (die Hauptrollen sind doppelt besetzt) im Zeller Kulturkeller und in vergangenen Wochen auch an der ehemaligen Klosterkirche. "Sie sind mit großer Begeisterung dabei und geben ihren Rollen sehr viel mit", freut sich der Regisseur. Rund um die Aufführungen sind zudem rund 30 freiwillige Helfer im Einsatz.

    Warum der Fall der Maria Renata Singer bis heute aktuell ist

    Das enorme Interesse bestätigt die Entscheidung, das Schicksal der Subpriorin auf die Bühne zu bringen. Alle Vorstellungen sind ausverkauft, die Organisatoren prüfen derzeit weitere Termine. Obwohl "einer der spektakulärsten Prozesse im 18. Jahrhundert", so Rausch, vor 270 Jahren stattfand, erkenne er einen aktuellen Bezug: "Das läuft bis heute genauso." Der Mechanismus, falsche Behauptungen und Beschuldigungen zu verbreiten, funktioniere noch nach dem gleichen Prinzip, ergänzt Spengler: "Vor allem in den sozialen Netzwerken."

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