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Randersacker: Hilfsbereitschaft: Schreiner unterstützt Gastwirt in der Krise

Randersacker

Hilfsbereitschaft: Schreiner unterstützt Gastwirt in der Krise

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    Schreiner Ralf Hillenbrand mit seinem Mitarbeiter Oskar Lützel sowie die Pächter Steven Tripoli und Thorsten Fleischmann (von links) in der Gaststätte Jahnwiese. Bei der Renovierung des Gastraums hilft der Schreiner unentgeltlich, auch mit einem Konzept.
    Schreiner Ralf Hillenbrand mit seinem Mitarbeiter Oskar Lützel sowie die Pächter Steven Tripoli und Thorsten Fleischmann (von links) in der Gaststätte Jahnwiese. Bei der Renovierung des Gastraums hilft der Schreiner unentgeltlich, auch mit einem Konzept. Foto: Johannes Kiefer

    Immer Donnerstags schnappt sich Ralf Hillenbrand seinen Hund und wandert von seinem Würzburger Zuhause über den Berg nach Randersacker. Mit dabei ist stets auch Matthias Engert, Künstler und ein Freund seit Kindertagen. Das Trio steuert dann das Weinhaus "Ewig Leben" an - wenn nicht gerade Lockdown ist. Vor vielen Jahren hatte Hillenbrand dort Steven Tripoli kennen- und das herzliche Wesen des jungen Servicechefs schätzen gelernt. Tripoli hat es als Gastwirt in der Coronakrise nicht leicht. Als Stammgast Hillenbrand eine Gelegenheit sah, ihm in dieser schwierigen Lage unter die Arme zu greifen, fackelte der Schreiner nicht lange und bot seine fachliche Kompetenz an. "Ich hab' erst mal Rotz und Wasser geheult", schildert der Gastronom gerührt seine Reaktion.

    Aber der Reihe nach. Steven Tripoli und das "Ewig Leben" - das ist eine sehr emotionale Verbindung. Lange arbeitete der 29-Jährige dort im Service, bevor sich ihm vor zwei Jahren die Gelegenheit bot, das Weinhaus als Pächter zu übernehmen. Als Geschäftspartner holte er Thorsten Fleischmann mit ins Boot. Das "Ewig Leben" weiterzuführen, war für Steven Tripoli eine Herzensangelegenheit. Dennoch suchten die beiden Pächter nach einem zweiten Standbein, und fanden es in der Gaststätte "Jahnwiese" in Heidingsfeld, deren bisherige Pächter ans Aufhören dachten.

    "Ich hab' erst mal Rotz und Wasser geheult."

    Steven Tripoli, Gastwirt

    Die Gespräche fanden zwischen den Lockdowns statt, denn Tripoli ist überzeugt davon, dass die Gastronomie die Coronakrise überstehen wird. "Essen und trinken muss man immer",  sagt er zuversichtlich. Und so startete er gemeinsam mit Thorsten Fleischmann im Dezember mit dem neuen Restaurant - gerade, als sich der zweite harte Lockdown abzeichnete. Keine ideale Zeit, um viel Geld in eine Renovierung stecken. Trotzdem wollten die neuen Pächter der "Jahnwiese" gern ein neues Ambiente verpassen. "Wenn das Angebot von Ralf Hillenbrand nicht gekommen wäre, hätten wir es Do-it-yourself-mäßig versucht" sagt Steven Tripoli.

    Aber das Angebot kam. Hillenbrand, der in Waldbüttelbrunn eine Schreinerei besitzt und hauptsächlich für gut betuchte Kunden in den USA arbeitet, bekam mit, wie die jungen Gastwirte den Spagat zwischen einer kostengünstigen und einer gelungenen Innenraumgestaltung versuchten. Er schlug den beiden kurzerhand vor, ein Farbkonzept zu entwerfen. Angesichts des "minimalistischen Budgets" glaubte der Schreiner zunächst, nicht mehr als das verwirklichen zu können. Doch aus dem Projekt wurde ein Selbstläufer, denn weitere Firmen, die Hillenbrand ansprach, steuern nun ebenfalls etwas zur Neugestaltung bei.

    Schreinergeselle Oskar Lützel hat die neuen Tische entworfen.
    Schreinergeselle Oskar Lützel hat die neuen Tische entworfen. Foto: Johannes Kiefer

    "Das ist eine reine Sympathie-Aktion", sagt der Schreiner über seine Motivation. "Den Jungs gehört geholfen, weil sie super sind." Ralf Hillenbrand selbst ist mit seiner Firma bisher gut durch die Coronazeit gekommen. Obwohl er wegen der Reisebeschränkungen seine Kunden in den USA nicht aufsuchen konnte, sei 2020 aufgrund vieler Inlandsaufträge ein sehr gutes Jahr gewesen, sagt er. Ihm tat es leid, dass Steven Tripoli und Thorsten Fleischmann von der Coronakrise so viel härter getroffen wurden als er und derzeit ihre beiden Restaurants nur eingeschränkt mit einem Abhol- und Lieferservice betreiben können.

    Er habe selbst in der Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 geschäftlich harte Zeiten erlebt, erinnert sich der Schreiner. Auch ihm sei damals geholfen worden. "Ich hatte immer Leute, die mich aufgefangen haben. Jetzt will ich das weitergeben." Und Steven Tripoli macht gerade die Erfahrung, dass seine Freundlichkeit und seine Berufsauffassung nicht im luftleeren Raum verpuffen, sondern dass nun etwas davon zu ihm und seinem Team zurück kommt.

    "Ich hatte immer Leute, die mich aufgefangen haben. Jetzt will ich das weitergeben."

    Rald Hillenbrand, Stammgast und Schreiner

    Ralf Hillenbrand, der es gern modern hat, hat mit der "Jahnwiese" mehr vor als ein paar Eimer frische Farbe. "Ich habe schließlich einen Ruf zu verlieren", schmunzelt er. Im hinteren Teil des Gastraums, dem der Schreiner im aktuellen Zustand einen allenfalls spröden Charme bescheinigen würde, werden sechs nagelneue Tische ihren Platz finden. Es sind Designerstücke, exklusiv für den Gastraum. Entworfen hat sie Oskar Lützel, Geselle in Hillenbrands Schreinerei.

    Der wollte schon lange einmal selbst kreativ tätig sein und hat sich für die Möbelstücke eine asymmetrische Form ausgedacht, so dass die Tische in unterschiedlichen Konstellationen zusammen gestellt werden können. Jeder Tisch bekommt außerdem eine eigene Leuchte, die mit ihm wandert. Die Materialien stammen aus Restbeständen in Hillenbrands Schreinerei. "Wir haben es dann nur noch abgenickt, weil es einfach geil war", sagt Steven Tripoli.

    Der Künstler Matthias Engert hat zur Wandgestaltung eine Sequenz mit mehreren Strichmännchen entworfen, die in Flachmetall gestaltet werden (hier eine vorläufige Skizze).
    Der Künstler Matthias Engert hat zur Wandgestaltung eine Sequenz mit mehreren Strichmännchen entworfen, die in Flachmetall gestaltet werden (hier eine vorläufige Skizze). Foto: Matthias Engert

    Für die Gestaltung der acht Meter langen Rückwand des Raumes hat Hillenbrand Künstler Matthias Engert gewinnen können. Der hat sich ein Motiv überlegt, das das Thema Bewegung aufgreift - immerhin handelt es sich bei der "Jahnwiese" um die Gaststätte der Turngemeinde Würzburg-Heidingsfeld. Die fünf Figuren, die der Künstler entworfen hat, sollen ein wenig an frühzeitliche Höhlenzeichnungen erinnern. Gestaltet werden sie aus Flachstahl und "schweben" später ein Stückchen vor der Wand, so dass durch den Schattenwurf ein dreidimensionaler Eindruck entsteht. Gern möchte der Künstler die Figuren auch farblich gestalten.

    Für die Hilfsaktion hat Schreiner Hillenbrand Freunde und Geschäftspartner, oft beides in Personalunion, angesprochen. Alle haben zugesagt, sich zu engagieren: Maler Paul Wild wird im Gastraum das Farbkonzept in Pastelltönen umsetzen, unterstützt von Außendienstler Siggi Frosch, der über seine Firma die Farben beisteuert. "Dafür nehme ich mir die Zeit", sagt Wild, und Siggi Frosch findet es gut, auf diese Weise jemandem helfen zu können. Jürgen Meissner sponsert die akkubetriebenen LED-Leuchten, die zu den Tischen gehören. Die Koordination liege aber in den Händen von Ralf Hillenbrand, sagt Meissner: "Ich finde es super, dass jemand mal das Heft in die Hand nimmt."

    Natürlich werden auch Steven Tripoli und Thorsten Fleischmann bei der Renovierung mitmachen und dafür sorgen, dass ihre Helfer während der Arbeit nicht hungern müssen. "Und wenn alles fertig ist, gibt es für alle einen Streifzug durch unsere kulinarische Kunst", verspricht Tripoli. Für die Pächter ist es eine enorme Erleichterung, aktuell nicht viel Geld investieren zu müssen. Denn die Rücklagen seien dafür vorgesehen, sein gutes Personal zu halten, sagt der Gastwirt. Das habe für ihn Priorität.

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