"Morning has broken" von Cat Stevens hat sich das erste Paar zum Einzug in die Kirche gewünscht. Zwischen der Schuleingangsuntersuchung ihres Kindes am Vormittag und dem Schwimmkurs am Abend treten die beiden mal eben vor den Altar.
Sie sind um 15 Uhr das erste von zunächst fünf angemeldeten Paaren, die sich an diesem Nachmittag schick gemacht hat, um sich in der St. Nikolaus-Kirche in Winterhausen das Ja-Wort zu geben. Die Würzburger, die ihre Namen nicht in der Zeitung lesen möchten, sind seit sechs Jahren standesamtlich verheiratet und beruflich sehr eingespannt.
"Wir wollten es schon lange machen. Aber die Planung und alles drumherum? Es war die Chance! Und es passt so gut zu uns", erklärt die Braut, warum sie und ihr Mann, relativ spontan der Einladung zu "einfach heiraten" gefolgt sind. Dahinter steckt eine Aktion der evangelischen Kirche, die es kurzentschlossenen Paaren ermöglichen soll, sich ganz ohne Tamtam trauen oder segnen zu lassen. Und das am 24.04.24, einem einprägsamen Datum.
Eine persönliche Trauung – auch ohne Vorbereitung
"Toll war das Sorglos-Paket mit Kaffee und Kuchen und, dass die Trauung so persönlich war und einfach in den Alltag einzubauen", sagt die Braut aus Würzburg, nachdem das Ja-Wort gesprochen ist. So kurzentschlossen der 24.04.24 auch zum Hochzeitstag gemacht wurde, das Paar ist im Anzug und im weißen Brautkleid mit den beiden Kindern bei Pfarrer Robert Lütgenau erschienen. Der hat ihnen als Wunsch mitgegeben, "dass der schönste Tag eures Lebens immer noch vor euch liegen mag".

Die Gelegenheit genutzt haben auch Theresa und Kilian Marquardt, die aus Estenfeld und Kürnach stammen. Als sie im November standesamtlich und mit großem Fest heirateten, war beim Pfarrer kein Termin frei gewesen. Die kirchliche Trauung war damit aufgeschoben. "Aber, wer weiß, was im Leben kommt", begründet Kilian Marquardt, warum ihm Gottes Segen doch wichtig ist. Sein Opa als Zeitungsleser habe ihm eine Woche zuvor von "einfach heiraten" berichtet.
Bewusst ein kleiner Kreis sollte es sein, weil sie schon die große Hochzeit mit vielen Gästen hatten. Die beiden, die sich seit der siebten bzw. achten Schulklasse kennen, sie strahlen nach der Trauung durch die Karlstadter Pfarrerin Annika Kringel, weil deren Ansprache so treffend gewesen war. "Wahnsinn, als ob sie uns schon zwanzig Jahre kennt", sagt Kilian Marquardt.

Es ist die pure Herzlichkeit, die die Hochzeitsleute von der Begrüßung durch Silke Baindl an berührt. Die mit Flieder geschmückten Räume gehören dazu, die ruhige und ungezwungene Zugewandtheit, mit der das Innehalten gelingt. Und dann, nach der Trauung, eine humorige Probe: der Trunk aus dem zinnernen Hochzeitsbecher, der das Zusammenspiel als Paar erfordert.
Segnungen für alle, die schon verheiratet sind
Die meisten Paare sind zu zweit gekommen. "Ich hätte jetzt viermal mitheulen können", sagt Fotografin Danielle Radermacher als sie mit Paar Nummer vier zurück ins Kantorat kommt. Mesnerin und Kirchenvorständin Helga Stühler stimmt zu. Sie sei skeptisch gewesen, wie Hochzeiten in 20-Minuten-Abständen sein würden. Nun aber ist sie freudig überrascht, wie intim, heimelig und "ergreifend" jede einzelne Feier ist. Mit den Kolleginnen Ingrid Anselstetter und Monika Wenger aus dem Kirchenvorstand sorgt sie für Kaffeeduft aus der Küche und serviert fränkische Hochzeitsuppe.

Auch ein seit dreißig Jahren eingespieltes Paar, das nur zwei Stunden Zeit hatte, weil es zu Hause eine pflegebedürftige Person gibt, war unter den Heiratswilligen. Harald und Anja Eck aus Gaukönigshofen hatten just am Samstag standesamtlich geheiratet und letzte Woche spontan entschieden, sich auch den kirchlichen Segen geben zu lassen. Beide waren schon einmal verheiratet. In der katholischen Kirche ist damit keine Trauung mehr möglich. "einfach heiraten" bietet explizit allen Paaren die Segnung an, wenn die Kriterien für eine Trauung nicht erfüllt sind oder das Paar bereits getraut ist.

Das traf auch auf das letzte von drei spontan, ohne Terminreservierung erschienen Paaren zu. 1977 hatten sie in St. Nikolaus geheiratet und waren sozusagen von der Straße weg wieder erschienen, um sich noch einmal segnen zu lassen, wie Winterhausens Pfarrer Robert Lütgenau tags darauf berichtet.
Auch im kommenden Jahr soll es das Angebot wieder geben
"Liebe und Segen sind die wichtigsten Dinge" findet Bettina Lang, die mit Partnerin Heidi Popp und Pfarrer Frank Witzel gerade aus der Kirche kommt. Sie sind seit einem Jahr verheiratet und wollten auf jeden Fall den kirchlichen Segen bekommen. Der Aktionstag sei ihnen regelrecht als Fügung in die Hand gespielt worden, wie sie finden. Besonders weil sie wegen Bettinas Krebsdiagnose gerade ganz im Moment leben würden, in dem gleichzeitig aber auch die Ewigkeit stattfinde. Und sie haben sich Kraft geholt: Der von ihnen ausgesuchte Bibelvers, der nun über ihrer Liebe steht, heißt: "Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen."

Pfarrer Lütgenaus Resümee: Rechnerisch hätten doppelt so viele Möglichkeiten zum Heiraten bestanden, deshalb sei es relativ entspannt gelaufen. Und auch, weil das Team aus vier Pfarrerinnen und Pfarrern gut harmoniert habe. Alle hätten sich auf so einen Tag einlassen wollen und können. Deshalb freue er sich auch schon auf "einfach heiraten" am 25.05.25. Festgestellt habe er außerdem, dass "Paare gekommen sind, die kirchlich nicht so angebunden sind".

"Kirche geht da gerade einen sehr guten Weg zu den Menschen hin", findet Kollegin Annika Kringel. "Wir haben etwas anzubieten. Sinn und Ritual bei den großen Themen des Lebens sind ja nicht weg", sagt die Pfarrerin. Sie sei verblüfft, wie gut ihr die freie Trauansprache mittlerweile aus dem Stegreif gelinge. Als "voll schöne Erfahrung" beschreibt die Rottendorfer Kollegin Henrike Acksteiner den Tag: "Deswegen bin ich Pfarrerin geworden, um Segen unter die Menschen zu bringen."
