Bei milden acht Grad und frühlingshaftem Sonnenschein steuert Jochen Bacher seinen Pferd durch ein Waldstück bei Rimpar. „Brrr, Hannes. Hott, um“, ruft er dem mannshohen Noriker, einem besonders kräftigen und ausdauernden Pferd, zu. Der Kaltblüter stoppt abrupt, dreht sich rechts herum und bleibt vor Jochen Bacher stehen. Der Landschaftspfleger und Tiernarr wickelt eine schwere Metallkette um einen am Boden liegenden Baum. Die Kette ist mit dem Geschirr des Pferdes verbunden. „Und hü“, ruft Bacher, Hannes setzt sich in Bewegung, schlängelt sich durch die eng stehenden Bäume und schleift den Stamm auf eine Lichtung.
Jochen Bacher ist Garten- und Landschaftspfleger aus Weissach im Tal in Baden-Württemberg, erledigt Baumfäll- und Holzarbeiten und beherrscht das Holzrücken. Beim Holzrücken werden gefällte Bäume von Pferden aus dem Wald geschleift, seit 1995 setzt Jochen Bacher Pferde zur Waldarbeit ein – heute begleitet ihn Elisabeth Körsch aus Veitshöchheim, sie will in seine Fußstapfen treten und mit Pferden im Wald arbeiten. Sie kann ihn begleiten, weil Elfi Raunecker von der Gemeinde Rimpar den Besuch des Experten eingefädelt hat. Diese Technik kommt dort zum Einsatz, wo große Maschinen zu tief im matschigen Boden versinken oder den Wald zu sehr beschädigen würden.
Sogenannte „Forwarder“, Fahrzeuge, die zum bergen der gefällten Bäume eingesetzt werden, arbeiten mit Seilwinden. Die Maschine bleibt auf einer Lichtung stehen. Ein Arbeiter nimmt das Ende des Stahlseils und läuft damit zu einem gefällten Baum. Er befestigt das Seil an dem Stamm, läuft zurück zum Forwarder und wirft den Seilzug an. Die Maschine wickelt das Stahlseil wieder auf und zieht den Baum aus dem Wald. „Das Problem ist, dass man den Baum ja nicht kerzengerade aus dem Gehölz ziehen kann. Das Seil streift immer Bäume und verletzt die Rinde“, erklärt Bacher. Dadurch können Bäume Bakterien unter die Rinde dringen, die Bäume werden krank. Das bedeutet sowohl ökologische als auch ökonomische Schäden.
„Mein Pferd kommt mit Hafer für 20 Euro weiter, als große Maschinen mit Diesel für 20 Euro.“
Jochen Bucher, Experte für das Holzrücken
Für Bacher liegen die Vorteile des Holzrückens gegenüber der Methode mit großen Forwardern auf der Hand. „Der Hannes hat knapp 5000 Euro gekostet. Ein Forwarder kostet locker 300.000 Euro. Mein Pferd kommt mit Hafer für 20 Euro weiter, als große Maschinen mit Diesel für 20 Euro“, sagt Bacher überzeugt. Er besitzt sieben Pferde, die zum Holzrücken ausgebildet sind. An einem Arbeitseinsatz kommen drei bis vier davon zum Einsatz, er transportiert sie in einem speziellen Lastwagen. „Jedes Pferd arbeitet nur solange, wie es Spaß daran hat“, erklärt Jochen Bacher, „Ab und zu lass ich die Zügel fallen. Wenn das Pferd dann von selbst zurück zum Lastwagen läuft, kommt das nächste zum Einsatz“.
Einerseits darf er seine tierischen Kollegen nicht überarbeiten, weil jedes der Pferde gut zehn Jahre Bäume aus Wäldern ziehen soll, andererseits sind sie für Bacher mehr als nur Nutztiere. Ihn faszinieren die Tiere. „Es ist unglaublich, wie lange sich die Pferde auf ihre Arbeit konzentrieren können“, erklärt er, „sie müssen meine gerufenen Befehle befolgen, genauso aber auf Zug am Geschirr, um beim richtigen Baum stehen zu bleiben. Dazu passen sie noch auf wo sie hintreten und suchen sich selbst den besten Weg, um den Stamm aus dem Wald zu schleifen“.
Für ihn ist die Verbindung von riesigen Waldmaschinen und kräftigen Pferden besonders zukunftsträchtig. Auf den Lichtungen sollen Forwarder die Bäume schlichten und auf Lastwagen laden, im Dickicht werden Pferde zum Einsatz kommen und die Stämme zu den Maschinen schleppen. „Das schont die Umwelt und spart Zeit“, findet Bacher, „Nachhaltiger kann man in der Forstwirtschaft nicht arbeiten“.
Das sieht nicht nur er so. Elisabeth Krösch, Meister im Zimmermannshandwerk, hilft ihm heute bei seiner Arbeit, weil sie die Idee vom Holzrücken gut findet und sich in diesem Gebiet selbstständig machen will. „Sie ist sehr engagiert und hat schon mit dem Deutschen- und Europameister gearbeitet“, sagt Bacher. Er ist sich sicher: In Zukunft werden Pferde in der Forstwirtschaft eine wichtigere Rolle spielen, als die Meisten heute vermuten.