Die Stadt Würzburg hat auf den Hunger- und Durststreik von fünf iranischen Asylsuchenden reagiert. Am Dienstag, um 14.15 Uhr, trat in städtischer Bote ins orangefarbene Flüchtlingszelt der Schönbornstraße und übergab einen Bescheid: Die Fünf hätten binnen zwei Stunden einen Arzt zu benennen, der zweimal täglich ihren Gesundheitszustand untersucht und „konkrete Gesundheitsgefährdungen“ der Polizei mitteilt. Sollten sie keinen benennen, werde die Stadt einen auf ihre Kosten bestellen.
Grund für den Bescheid ist laut Rathaus-Sprecher Christian Weiß: „Die Stadt kann nicht zulassen, dass sich die Leute auf öffentlicher Fläche selbst konkret gefährden.“
Zentrale Forderung der Fünf ist die Anerkennung ihrer Asylanträge und ein sicherer Aufenthaltsstatus in Deutschland. In der Nacht von Montag auf Dienstag sind sie in den Streik getreten. 25 Minuten nach Mitternacht mailten sie an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), sie streikten, um auf ihre „verzweifelte Situation“ aufmerksam machen. Sie wollten ihre „unzumutbare Situation“ und ihren Asylstatus nicht mehr hinnehmen.
Das BAMF, zuständig für das Durchführen der Asylverfahren, antwortete unserer Redaktion auf Nachfrage, eine pauschale Anerkennung der Asylanträge sei nicht möglich. Politisches Asyl und Flüchtlingsschutz seien „an enge rechtliche Voraussetzungen geknüpft, die das Bundesamt nicht umgehen kann“.
Die fünf Iraner kamen 2011 nach Deutschland. Dreien schickte das BAMF bislang eine Ablehnung, zwei Anträge bearbeitet es noch.
Die Fünf geben an, evangelische Christen zu sein. Drei seien in Deutschland zum Christentum konvertiert. Edda Weise, die evangelische Dekanin, antwortet ausweichend auf die Frage, ob sie den möglicherweise lebensgefährdenden Hunger- und Durststreik gutheißt. „Natürlich“ sei „das Sterben ein zu hoher Preis“, sagt sie. Man müsse sich der Leute „individuell annehmen“. Sie wolle „nicht parolenmäßig auftreten, weil das ein schwieriges Thema ist“.
Im Iran wird das Verlassen der muslimischen Glaubensgemeinschaft als Verbrechen behandelt. Konvertiten drohen erhebliche Gefahren für Leib und Leben – das sind zwingende Gründe, Asyl zu gewähren. Das BAMF teilt mit, bei Konvertiten prüfe es, „ob der Glaubenswechsel aus asyltaktischer oder aus echter Überzeugung erfolgt“ sei. Der Flüchtling müsse glaubhaft machen, „dass er seine Konversionsreligion bei Rückkehr in sein Heimatland ausüben wird und dass ihm deswegen dort eine asylrelevante Verfolgung droht“. Er müssen ausführlich schildern können, was ihn zum Glaubenswechsel bewogen hat und was ihm die neue Religion bedeutet.
Vier der Hungerstreiker kommen aus der Gemeinschaftsunterkunft Gemünden. Ihretwegen hat sich der Gemündener SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Rützel bei der Redaktion gemeldet. Er teilt mit, für Asylbewerber in Deutschland sei die lange Dauer der Asylverfahren besonders belastend. Über die Anträge müsse schneller entschieden werden, die Verfahren müssten transparenter und „nachvollziehbarer“ für die Flüchtlinge werden. Rützel schreibt: „Die Unsicherheit und Undurchschaubarkeit ist für die Asylbewerber, die oft traumatische Erlebnisse in ihren Heimatländern oder auf der Flucht zu bewältigen haben, besonders schwer zu ertragen.“
Bis Redaktionsschluss versuchten die Fünf vergeblich jenen Arzt zu erreichen, der sich vor zwei Jahren um die hungerstreikenden Flüchtlinge in Würzburg kümmerte. Die Stadt hatte noch keinen Arzt bestimmt.