Die Musik ist aus, die Betten sind leer, die Kassen der Frauen auch. Während in vielen Branchen die Betriebe nach der Corona-Zwangspause langsam wieder auf die Beine kommen, dürfen Bordelle in Bayern weiterhin nicht öffnen. Viele der Frauen sehen sich in ihrer Existenz bedroht, die Betreiber ebenfalls. Klaus Bernhard reicht es nun. Der Geschäftsführer des "Haus D'Amour" in der Sanderau hat mit seinem Anwalt nun ein ausführliches Hygienekonzept für eine Wiedereröffnung erstellt und bei der Stadt eingereicht. Dürfen Bordelle in der Domstadt also bald wieder Freier empfangen?
Gesundheitsamt: Bordelle sind geschlossen zu halten
Fast zehn Seiten lang ist das Dokument, welches detailliert beschreibt, wie die Sexarbeit in Zeiten von Corona aussehen kann. Abstandsregeln, Duschpflicht und die Anweisung, einen Fragenkatalog mit Fragen zur körperlichen Gesundheit zu beantworten, gehören unter anderem dazu. "Außerdem können gewisse sexuelle Dienste nicht angeboten werden", erklärt Bernhards Anwalt Benjamin Hirsch.
Seit mehreren Monaten nun sind die Bordelle in Bayern geschlossen. Und eigentlich gibt es für Betriebe vorerst keinen positiven Ausblick. "Bordellbetriebe und bordellartige Betriebe sind von der Sechsten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmeverordnung grundsätzlich erfasst und daher geschlossen zu halten", erklärt das Gesundheitsamt auf Nachfrage die derzeitige rechtliche Lage. Aber: "Prostitutionshandlungen in Prostitutionsstätten in Wohnungen (sogenannte Wohnungsprostitution) sind nach Rechtsauffassung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege von der Verordnung nicht erfasst. Unter entsprechenden Voraussetzungen kann eine vorübergehende angepasste Nutzung des Bordells mit einer Prostitutionsstätte in Wohnungen vergleichbar sein."
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Das heißt: Bordelle müssen geschlossen bleiben. Wenn die Nutzung des Hauses jedoch vorrübergehend angepasst wird, gibt es Ausnahmen. Für Hirsch ist es unverständlich, warum Wohnungsprostitution erlaubt ist, Bordelle aber nicht öffnen dürfen. "Ein Bordell ist sowohl für die Frauen, als auch für die Freier viel sicherer", sagt der Würzburger Anwalt. "Außerdem werden doch die Arbeiterinnen durch das Verbot in die Illegalität getrieben." Die Sexarbeiterinnen würden wegen Corona nicht aufhören zu arbeiten, so Hirsch. Sie verlagerten ihre Dienste nur vom Bordell in Hotel- oder Privatzimmer: "Dort gibt es keinerlei Kontrollen."
Stadt entscheidet, ob Voraussetzungen erfüllt sind
Die Fachabteilung Ordnungsaufgaben hat Ende Juli neun Prostitutionsstätten angeschrieben und darüber informiert, welche Voraussetzungen nach Auffassung der Stadt Würzburg erfüllt sein müssen, damit von Wohnungsprostitution ausgegangen werden kann. So steht in dem Dokument, das dieser Redaktion vorliegt, unter anderem geschrieben, dass "kein Anbahnungsraum entstehen" und "kein Barbetrieb herrschen" dürfe. Außerdem müssten Termine in der Prostitutionsstätte vorab zwischen Prostituierten und Freiern vereinbart werden. Es dürfen den städtischen Vorgaben zufolge keine Wartebereiche entstehen, die sanitären Anlagen dürfen von Prostituierten und Kunden nur getrennt genutzt werden.

Wie Georg Wagenbrenner, Pressesprecher der Stadt, mitteilt, entscheidet die Fachabteilung Ordnungsaufgaben nach Vorlage eines entsprechenden Hygienekonzeptes und Prüfung des jeweiligen Einzelfalls, ob die Voraussetzungen der Wohnungsprostitution erfüllt sind. Bislang sei bei zwei Prostitutionsstätten die entsprechende Feststellung getroffen worden. Weitere Fälle würden aktuell noch geprüft.
"Die Zeit während Corona ist für uns alle Neuland - auch für die Verwaltung."
Anwalt Benjamin Hirsch
Das "Haus D'Amour", das bereits seit 35 Jahren in Betrieb ist, erfülle alle Voraussetzungen, sagt Anwalt Hirsch. Doch seit Eingang des Antrages bei der Stadt seien bereits über zehn Tage vergangen. Er stehe zwar "im engen und guten Kontakt mit der Stadt" und es habe auch "einen gemeinsamen Ortstermin" gegeben. Doch sein Mandant wartet immer noch auf die Genehmigung. Einerseits sei das ärgerlich, denn "jeder Tag zählt". Andererseits äußern Hirsch und Bernhard auch Verständnis: "Die Zeit während Corona ist für uns alle Neuland - auch für die Verwaltung."
Tag der Offenen Bordelle
In anderen Bundesländern sieht die Lage ähnlich aus. Im Juli erst hatten deutschlandweit Bordelle mit einem Tag der offenen Tür auf ihre schwierige Lage wegen der Corona-Krise aufmerksam gemacht. Unter Einhaltung strenger Hygieneregeln könne man erotische Dienstleistungen wieder anbieten, so die Überzeugung der Organisatoren. Aufgerufen hat unter anderem der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen e.V. (BSD).
Auf seiner Homepage heißt es: "Seit Beginn des Lockdowns sind Bordelle geschlossen und Sexarbeit verboten. Die damit verbundenen Ausfälle treiben die Betriebe und Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in den Ruin. Trotz vorhandener Hygienekonzepte ist keine Änderung in Sicht." Der Verband fordert unter anderem die sofortige Beendigung des geltenden Berufsverbot für sich prostituierende Personen und die Öffnung der Bordelle.
In Berlin ist nach einer Entscheidung des Senats Sexarbeit übrigens in Teilen wieder erlaubt: Seit 8. August dürfen dort sexuelle Dienstleistungen ohne Geschlechtsverkehr wieder angeboten werden.
Prostituierte in DeutschlandEnde 2019 waren laut Statistischem Bundesamt bei den Behörden in Deutschland rund 40 400 Prostituierte nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) gültig angemeldet. Wie viele Sexarbeiterinnen in Würzburg tätig sind, könne nicht erfasst werden, sagt Stadtsprecher Georg Wagenbrenner. Der Grund: Sie können sich deutschlandweit anmelden und somit auch in verschiedenen Städten arbeiten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hatten zum Jahreswechsel bundesweit 2170 Prostitutionsgewerbe eine erteilte oder vorläufige Erlaubnis nach dem seit 1. Juli 2017 geltenden Gesetz. Quelle: Statistisches Bundesamt