Würzburg. Egal ob nur Erzeuger oder jahrzehntelanger Ziehvater – wenn’s um das Wohl der "eigenen" Tochter geht, finden irgendwann auch die stursten Streithähne zusammen. Dass die Annäherung zweier Männer, die sich in herzlicher Abneigung zuwider sind, mit hitzigen Turbulenzen einhergeht, erlebt das Publikum bei der Premiere von "Komplexe Väter" im Theater Chambinzky mit spürbarer Freude. Endlich wieder funkensprühendes Live-Schauspiel mit Schulterschluss, Cocktailgläsern und Maskenpflicht im Saal: 75 Prozent erleben hundertprozentigen Theaterspaß!
Autor René Heinersdorff lässt in seinem temperamentvollen Lustspiel fünf Charaktere aufeinander los, die sich in einem Wirrwarr von Beziehungsgeflechten zerstreiten und versöhnen, beleidigen und streicheln, bekämpfen und umarmen. Dieses Karussell schlagartig wechselnder Stimmungen fordert von den zwei Frauen und drei Männern ein hohes Maß an Flexibilität und vom Regisseur eine geschickte, fantasievolle Führung.
Kai Christian Moritz fördert in seiner Inszenierung die ausgelassene Spielfreude des fulminanten Quintetts. Dem Ensemble gelingt eine fetzige, energiegeladene Aufführung, die mit intensivem Beifall belohnt wird.
Anton und Ute, seit 25 Jahren verheiratet, erwarten den Besuch ihrer Tochter Nadine mit neuem Freund Björn und den Auftritt von Erik, der Ute vor einem Vierteljahrhundert geschwängert und in diesem Umstand an Anton "übergeben" hat. Einem chaotischen Familientreff steht also nichts mehr im Weg.
Den einziger Ruhepol auf der Bühne bildet ein Sofa. Ulrike Schäfer und Andreas Zehnder haben ein riesiges, grünes Sitzmöbel platziert, auf dem gesessen, gelaufen und gehüpft wird – ein Kommunikationsort der besonderen Art. In der Rolle des Anton gibt Thorsten Rock einen eitlen, von latenter Eifersucht geplagten, teils hasenfüßigen, teils aufbrausenden Ehemann. Ihm und dem Rest des Clans nimmt Monika Schiefer den Wind aus den Segeln. Ihr gelingt eine Ute von unfassbarem Wandlungsgeschick: dominant, schmeichlerisch, frech und versöhnlich windet sie sich aus ihren Schwindeleien.
Dagegen kommt auch Erik (Andreas van den Berg) mit seiner skeptisch, coolen, mitunter auch aufbrausenden Weltsicht nicht an. Im Wirbelwind des familiären Trubels wirkt Bodo Koch als Björn zunächst wie ein sanftes Lüftchen. Doch zunehmend nimmt er die Fäden in die Hand und besticht auch als verschmitzter Therapeut. Adeliya Sagitova bringt als genervte, gelangweilte und doch zu jugendlichem Überschwang neigende Tochter Nadine ihre komplexen Väter zur Verzweiflung.