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WÜRZBURG: Immer Lust auf haarige Sachen

WÜRZBURG

Immer Lust auf haarige Sachen

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    Ein eingespieltes Team: Gerd Blankenhagen, seine Ehefrau Irmtraud und Sohn Mark führen die Familientradition im Friseurhandwerk fort.
    Ein eingespieltes Team: Gerd Blankenhagen, seine Ehefrau Irmtraud und Sohn Mark führen die Familientradition im Friseurhandwerk fort. Foto: Foto: Zwirner

    Im Keller des Friseursalons in der Randersackerer Straße sind die Trophäen aufbewahrt: Medaillen, Schalen und Pokale in Gold und Silber füllen die Regale. Gerd Blankenhagen zeigt sie gerne, wenn man danach fragt. Sein wichtigster Sieg als Friseur? „Der Europapokal 1977 in Monte Carlo“, kommt wie aus der Pistole geschossen. 2007 errang er aber einen ganz anderen Sieg: Er bezwang den Krebs. („Viele haben mich schon tot geglaubt“.) Dank einer „erfolgreichen Klasse-Operation und Nachbehandlung in der Uni-Klinik“ geht es ihm heute sehr gut. Es lacht viel, sieht jetzt das Leben gelassener. Er gönnt sich eher mal einen Ruhetag. Geht schwimmen, geht auf Reisen. New York hat es ihm besonders angetan.

    Gerd Blankenhagen ist ein Würzburger Nachkriegskind, geboren am 21. September 1947. Mutter und Großvater waren die treibende Kräfte, die in dem Buben die Liebe zum Friseurhandwerk weckten – und dabei auch ein „bisschen Druck“ ausübten. Er hätte viel lieber Tankwart oder Automechaniker werden wollen, sagt Gerd Blankenhagen augenzwinkernd. „Ich habe es aber bis heute nicht bereut, die über 100-jährige Tradition der Friseurfamilie Blankenhagen fortzuführen.“

    1961 tritt der junge Stift Gerd die erste Stelle in der Zellerau an – für ihn nicht gerade das „Gelbe vom Ei“. Der Lehrling ist mehr mit Putzen und Einkäufe-Tätigen beschäftigt als mit Haareschneiden. Bei der nächsten Stelle in der Sanderau wird endlich das Grundwissen vermittelt. Nach abgelegter Gesellenprüfung 1964 geht es nach Weiden, kurz danach verschlägt es ihn nach Frankfurt am Main – in einen Salon mit Familienanschluss, „was damals so üblich war“. Arbeitgeber Rudi Romund ist 1,55 Meter groß, seine Frau Erika bringt es auf ein stattliches Gardemaß von 1,95 Meter. Wenn das Geschäft gut läuft, geht alles seinen Gang, wenn nicht, gibt es Riesenärger. Erika züchtigt Rudi und den Gesellen Gerd gleich mit.

    Weiterkommen ist angesagt! Einer schriftlichen Bewerbung beim damals besten Frankfurter Friseursalon Heinzel folgt postwendend eine schriftliche Absage. So nicht, sagt sich der 17-Jährige, geht einfach hin und stellt sich vor: „Ich habe Kittel und ,Waffen' dabei und kann sofort anfangen.“ Der Aufritt beeindruckt: Er wird eingestellt.

    Wienerwald-Jahn ar erster Kunde

    Erster zufriedener Kunde ist Friedrich Jahn, der Besitzer vom Wiener Wald, seinerzeit eine der größten Restaurantketten. Als Trinkgeld gibt es dem Würzburger alle vier Wochen einen Gutschein für ein Hähnchen mit Pommes und Salat. Ein Festschmaus. Hähnchenessen gilt in den 60ern als etwas ganz Besonderes. „Meine Großmutter, die in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen war, verstand die Welt nicht mehr.“

    Bei Heinzel gehen auch Geschäftsleute aus Würzburg ein und aus – gemäß dem Motto: Wer etwas auf sich hält, fährt nach Frankfurt zum Frisieren. Zu den Stammkunden zählen gesellschaftliche Größen und die Spieler der Frankfurter Eintracht. Eine Offerte des Salons ist der Parkservice. Gerd Blankenhagen wird angewiesen, die Autos der Kunden wegzufahren – obwohl er keinen Führerschein besitzt. Auf Einwände des jungen Mitarbeiters reagiert der Chef knapp: „Das ist dein Problem.“

    Die Lehrjahre zeitigen Erfolg: Gerd Blankenhagen wird 1965 jüngster deutscher Friseurmeister. In den Folgejahren nimmt er an vielen Meisterschaften teil. Heute sagt er: „Um mich auf die Wettbewerbe vorzubereiten, bin ich nach Geschäftsschluss Hunderte von Kilometer in andere Städte gefahren, um mich dort abends bei erfahrenen Kollegen zu trainieren und mir Tipps geben zu lassen. Am nächsten Tag stand ich wieder im Laden.“

    Perücken für Rex Gildo

    Auch die Glamourwelt des Showbiz der 70er- und 80er-Jahre bleibt ihm nicht verwehrt. In München muss er die Perücken von Rex Gildo in Schuss halten, er betreut „haartechnisch“ im Auftrag von Agenturen Udo Lindenberg oder ZZ-TOP. Harald Juhnke bedient er in dessen Hotelzimmer. Er verpasst Bayern-Torhüter Sepp Maier eine wuschelige Dauerwelle, bevor es zum Foto-Shooting für die Bildzeitung geht. Auch heute noch sind sein Können, sein Talent und vor allem seine Erfahrung gefragt. Kürzlich war Maria-Luise Marjan alias Mutter Beimer da, bekannt aus TV-Serie „Lindenstraße.“

    Etwa 50 Azubis sind bei Gerd Blankenhagen in die Schule gegangen. Besonders stolz ist er auf die, die sich einen Namen in der Branche erarbeitet haben. Er macht jungen Leuten Mut, den Beruf des Friseurs zu ergreifen: „Es kommt auf den Einzelnen darauf an, etwas daraus machen. Bei richtiger Einstellung garantiere der Job Spaß und Spannung. Selbst ich bin heute immer noch süchtig nach neuen Trends. Wer den Beruf erlernt, sollte zunächst mal die Basics – das Grundwissen – erlernen.“ Und fügt hinzu: „Wer es zu etwas bringen will, muss nicht unbedingt eine Trophäensammlung im Keller haben, um zu zeigen, dass man sein Handwerk bestens beherrscht. Viel wichtiger sind zufriedene Kunden, die immer wieder kommen – und das über viele Jahre hinweg.“ In seinem „guten Team“ arbeiten auch Ehefrau Irmtraud („Die gute Seele im Haus und Spezialistin im Hair Weaving – Haarverlängerung“) und Sohn Mark, ebenfalls Friseurmeister. Er hat sehr viel von seinem Vater gelernt.

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