In Unterfranken nehmen fünf Schulen an diesem Programm teil, wobei Giebelstadt aufgrund des großzügigen Sponsorings durch die Raiffeisenbank Ochsenfurt die einzige Schule ist, wo alle acht Klassen mitmachen können. Bei „Lernen durch die Künste“ wird nicht etwa ein besonderer Kunstunterricht erteilt, sondern den Schülerinnen und Schüler wird der Unterrichtsstoff wie Mathematik oder Physik durch Tanz oder Musik erklärt.
Diesmal stand Deutsch auf dem Stundenplan und Cathy Miyata war eigens aus Burlington/Kanada angereist, um in Unterfranken zu unterrichten. „Storyteller“ (Geschichtenerzähler) ist ihr Beruf, ein Beruf, den es in Deutschland gar nicht gibt.
Ausdrucksstärke
Cathy stellte sich den Kindern in Englisch vor, ein Lehramtsstudent fungierte als Übersetzter, was jedoch aufgrund Cathys Ausdrucksstärke nicht immer notwendig war. Da wird der Name mit Emotionen, wie Freude, Trauer, Wut oder Angst gesagt, und die Kinder stellten sich auch so vor. Dann begann die Geschichte vom Huhn, das versucht hat ein Ei zu legen. Dabei fiel ihm vom Baum eine Eichel auf den Kopf und es dachte, der Himmel fiele herab.
Die Kanadierin erzählte ausdrucksstark, mit vielen Bewegungen, bezog die Kinder mit ein, animierte sie zum Mitmachen. Alle hatten Spaß, da wurde gelacht, der Text wiederholt und alle Kinder beteiligten sich. Als die Geschichtenerzählerin fertig ist, forderte sie die Kinder auf, eine „Karte“ zu zeichnen. Sie sollten in Teamarbeit mit wenigen Strichen den Ablauf der Geschichte festhalten, wobei das Ende von allen selbst gestaltet werden konnte.
Bei dieser Art der Erzählung werden alle Sinne der Kinder beansprucht. Sie müssen aufnehmen, fühlen, hören und auch darstellen und wiedergeben. Dadurch entstehen in den Köpfen der Kinder Bilder, die später in einem Aufsatz wiedergegeben werden können.
Leseförderung
Lesekompetenz, inzwischen auch als „Literacy“ bezeichnet, wird im herkömmlichen Unterricht nur wenig geschult, bevor die Kinder lesen lernen. Dabei ist eindeutig erwiesen, dass Leseförderung in den ersten Lebensjahren für den Spracherwerb und die Lesekompetenz sehr wichtig sind. Schon Drei- bis Sechsjährige entwickeln ihre Sprache ganz anders, wenn sie eine entsprechende Leseförderung erhalten.
Dr. Petra Weingart hat aus der kurzen Zeit, die Cathy Miyata in Unterfranken unterrichtete, bereits positive Rückmeldungen erhalten. So beobachteten Lehrer, dass nach den Stunden mit Cathy, die der Aufsatzvorbereitung dienten, die Aufsätze länger wurden, die Beschreibungen detaillierter, phantasievoller und umfassender.
Unterschiede
Cathy Miyata, die bedingt durch ihren Beruf weltweit unterwegs ist, viele unterschiedliche Schulen in unterschiedlichen Ländern besucht, hat ein feines Gespür für Lernverhalten. Sie meint, dass nach Japan in Deutschland der Druck auf die Lehrer am stärksten sei. Es müsse immer alles toll und perfekt sein. Sie hat das Gefühl, dass so im Unterricht der Wunsch „ich möchte lernen“ langsam sterbe.
In den eineinhalb Wochen, die Cathy in Unterfranken verbracht hat, hat sie in fünf Schulen, die am Programm „Lernen durch die Künste“ teilnehmen unterrichtet. Dabei haben nicht nur die Schüler profitiert, sondern vor allem die Lehrerinnen und Lehrer, die in Zukunft versuchen werden diese Art von Unterricht umzusetzen.