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WÜRZBURG: Jugendarrestanstalt: „Hierher will ich nie mehr zurück“

WÜRZBURG

Jugendarrestanstalt: „Hierher will ich nie mehr zurück“

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    Ein Jugendlicher hilft bei der Hochbeet-Pflege im Jugendarrest in Würzburg.
    Ein Jugendlicher hilft bei der Hochbeet-Pflege im Jugendarrest in Würzburg. Foto: Foto: Pat Christ

    Zu kiffen war für Janosch W. (Name geändert) völlig normal. Sechs Jahre lang rauchte er täglich acht bis neun Joints. Auch gab er Drogen weiter. Nicht, um Geld zu verdienen, versichert der 21-Jährige. Trotzdem wurde ihm das zum Verhängnis: Wegen mehrerer Dutzend Drogenweitergaben, die ihm nachgewiesen werden konnten, saß Janosch in der Würzburger Jugendarrestanstalt (JAA). Das war für ihn schrecklich: „Man fühlt sich hier völlig vergessen von der Welt.“

    Drei Wochen verbrachte Janosch W. hinter Gittern. „Hierher möchte ich nie mehr zurück“, sagte er am Ende. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ihm das gelingt. Der Jugendliche hörte bereits vor Antritt seiner Strafe auf, Drogen zu konsumieren. Janosch will sich umorientieren. Neue Hobbys suchen. Neue Freunde. Vielleicht klappt es ja nach mehrmonatiger Arbeitslosigkeit sogar wieder mit einem Job.

    Das Team der JAA drückt Janosch die Daumen. Das ist auch nötig, denn vielen Jugendlichen gelingt es nicht, nach dem Arrest so zu leben, dass sie nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt kommen. Fast jeder Dritte kehrt wieder. Wobei insgesamt die Zahl der jungen Arrestanten abnimmt. Rund 600 Jugendliche aus Unter- und Oberfranken verbüßten noch vor fünf Jahren eine Arreststrafe in Würzburg. 2015 sank die Zahl auf 439. „Das liegt vor allem daran, dass es weniger Jugendliche gibt“, sagt Sozialpädagogin Christa Fischer, die sich seit vier Jahren um die zwischen 14 und 24 Jahre alten jungen Leute aus der JAA kümmert.

    Vier Wochen Höchststrafe

    In den Gesprächen versucht sie, herauszufinden, welche Probleme einen Teenager in den Arrest gebracht haben. Nicht selten liegt dies an mangelnder Unterstützung im Elternhaus: „Es kann sein, dass der Vater gerade selbst im Gefängnis sitzt und die Mutter Drogen nimmt.“ Aber auch Jugendliche aus intakten Elternhäusern können Straftaten begehen: „Das liegt dann oft am Freundeskreis.“

    Die „Hitliste“ der Delikte wird von Körperverletzungen angeführt. Fast jeder vierte Jugendliche kommt deshalb in den Würzburger Arrest. An zweiter Stelle rangieren Drogen. „Doch auch wenn es um andere Delikte geht, spielen Drogen häufig eine Rolle“, sagt Fischer. Joints zu rauchen und sich über das Internet Kräutermischungen zu organisieren, sei nichts Ungewöhnliches mehr.

    Jugendarrest gilt als eine erzieherische Maßnahme. Sie soll helfen, den Jugendlichen auf den richtigen Weg zurückzubringen. Dieser hehre Anspruch kollidiert allerdings mit der Wirklichkeit: Die meisten Jugendliche sitzen höchstens zwei Wochen in der Arrestanstalt. Vier Wochen beträgt die Höchststrafe. Doch selbst dann können Fischer zufolge nur Impulse gesetzt werden: „Eine Drogentherapie ist bei uns nicht möglich, wir vermitteln jedoch an die örtlichen Drogenberatungsstellen.“ Wobei nicht bekannt ist, wie viele Teenager sich nach dem Arrest auf eine Beratung einlassen.

    Um dafür zu sensibilisieren, wie problematisch Drogenkonsum ist, kommen außerdem regelmäßig Menschen in die JAA, die eine Suchtkarriere hinter sich haben. Von einem Betroffenen zu hören, wie es ist, tief in einer Alkohol- oder Drogenabhängigkeit zu stecken, beeindruckt zumindest einen Teil der Jugendlichen.

    Deutsch für Flüchtlinge

    Über Sucht und Abhängigkeit sowie über Themen wie Ausbildung, Arbeit und Beziehung wird auch bei anderen Aktivitäten in der JAA gesprochen, etwa beim Kochen oder Backen oder wenn das im Frühjahr neu angelegte Hochbeet gepflegt wird.

    Zu schaffen macht dem Team der JAA, dass inzwischen auch Flüchtlinge ohne Sprachkenntnis in die Arrestanstalt eingewiesen werden. Auch hier sind es teilweise Drogen, die den jungen Leuten zum Verhängnis wurden. Erzieherisch auf diese Jugendlichen einzuwirken, sei kaum möglich. Damit die jungen Flüchtlinge jedoch nicht nur die Zeit absitzen, hat Christa Fischer begonnen, mit ihnen Deutsch zu lernen.

    Jugendarrest Begehen Jugendliche eine Straftat, bietet das Jugendgerichtsgesetz (JGG) mehrere Möglichkeiten. Häufig werden ambulante Maßnahmen verhängt, beispielsweise müssen die Jugendlichen Arbeitsstunden ableisten oder an einem sozialen Trainingskurs teilnehmen. Jugendarrest wird verhängt, wenn eine Jugendstrafe nicht geboten scheint, dem Jugendlichen aber bewusst gemacht werden soll, dass er für ein begangenes Unrecht einzustehen hat. Jugendarrest wird zwischen zwei Tagen (bei Freizeit- und Kurzarrest) bis zu maximal vier Wochen verhängt. Eine Jugendstrafe hingegen dauert mindestens sechs Monate. pat

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