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WÜRZBURG: Junger Greifvogel darf zurück nach Hause

WÜRZBURG

Junger Greifvogel darf zurück nach Hause

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    Es ist immer ein Abenteuer – ein so großes, dass die Menschen, die damit zu tun haben, selbst jedes Mal ganz aufgeregt sind, wenn es soweit ist. Es geht um das Auswildern von Greifvögeln. Am Dienstagmittag war es Zeit für den Wanderfalken ohne Namen aus der Greifvogelauffangstation, zurück zu seinen Eltern zu kommen und vom Turm der Neubaukirche aus seine neue Freiheit zu erleben.

    Das kleine Flaum-Bündel war im Hof der Neubaukirche hüpfend entdeckt worden. Dass es nicht tot war nach dem Absturz aus seiner Nisthilfe oben am Turm habe wohl daran gelegen, so Falkner Karl-Josef Kant, dass „solche Vögel teilweise fast schon fliegen können“ und dies auf dem Weg nach unten wohl genügt habe. Christine und Karl-Josef Kant, beide Falkner, raten den Findern derartiger Jungvögel, über das Tier ein Handtuch oder T-Shirt zu legen und den Greifvogel in einem Karton zur Auffangstation in der Nähe des Flugplatzes Schenkenturm am Ellernweg 15 zu bringen. Welchen Effekt eine Haube hat, sieht man in der Falknerei, wenn der Vogel erst aufgeregt herumflattert, dann aber ruhig wird, wenn er nichts mehr sieht. Und ein kleines Polster wie zum Beispiel ein T-Shirt im Karton hilft, dass sich der Greifvogel die für ihn so wichtigen Federn nicht abstößt.

    Fleisch für die Vögel

    Der kleine Wanderfalke war vor gut zehn Tagen in die Greifvogel-Auffangstation Christine und Karl-Josef Kant gebracht worden, die neben einer privaten Falknerei auch die Auffangstation betreiben. Natürlich hatte der kleine Falke dann auch seine Sitzgelegenheit im Freien an einer Anbindehalterung, so dass er zu Boden flattern und dort auch trinken konnte. Nach einem Tag fraß das junge Wanderfalken-Männchen Taubenfleisch, später auch Rinderherz, etwa 100 Gramm am Tag, schätzt Kant – wenn überhaupt. Der Falke wiegt etwa 700 Gramm, was sich kaum änderte – erst nahm er vor Aufregung ab, dann zu. In freier Natur ernähren sich Wanderfalken von Fleisch, vor allem von Vögeln, auch Tauben und zum Beispiel Mäusen.

    Vogeleltern füttern weiter

    Wenn Greifvögel wie dieser in der Stadt gefunden werden, wo sie unter Umständen auf die Straße hüpfen oder anderweitig gefährdet sind, behalten die Falkner die Tiere, bis sie flugfähig sind und bringen sie dann dahin zurück, wo die Vogeleltern sie finden und weiter versorgen. Deswegen ist der Fundort immer wichtig, ebenso wichtig wie die vorübergehende Unterkunft bei den Profis, die erkennen, wann der Vogel ausgewildert werden kann. Würden die Vögel zu früh zurückgebracht, dann würden sie erneut abstürzen. Wo nicht ein Turm das Heim für Greifvögel ist, kann eine Baumhöhle, eventuell auch mal ein Garagendach genügen, damit Vogeleltern ihren Nachwuchs bemerken und ihm das Fliegen beibringen. Ist ein Turm bereits von Wanderfalken besetzt, so haben weder andere Wanderfalken noch Turmfalken eine Chance, sich hier niederzulassen, weil die Ersten ihr Zuhause verteidigen. Bei den Greifvögeln nehmen die Altvögel ihre Jungen wieder an und füttern sie, sagt Kant. Der Geruch von Menschen störe sie nicht – der Mutterinstinkt wiege schwerer.

    Dass der Vogelnachwuchs manchmal abstürzt, liege meist daran, dass die Jungvögel, die hier heranwachsen, größer werden und damit der Horst oder die Mauernische zu klein. Den Kleinsten stupsen die Geschwister schon mal raus. Generell, meint Kant aber, sollte man Vögel nicht anfassen und auch nicht gleich mitnehmen – oft kämen die Altvögel nämlich zurück und kümmerten sich um die Kleinen.

    Nach rund 100 Stufen im Turm der Neubaukirche oberhalb des Aufzugs, der bis zum 4. Stock fährt, hat Karl-Josef Kant sein Pflegekind mit Haube auf dem Arm. Der Aufstieg über die schmalen Treppen war nicht ganz leicht, aber viel härter war er kürzlich im Kirchturm in Erlabrunn gefordert, wo die Stufen erheblich ausgetreten waren, berichtet er. Dann lösen Christine und Karl-Josef Kant die Fesseln und setzen den Jungvogel auf dem kleinen Balkon auf einen Vorsprung vor dem Nistkasten.

    Alle, die dabei sind, wie zum Beispiel auch Michael Leo (Landesbund für Vogelschutz) und Falknerin Ulrike Kämmerer, machen Platz, damit ab dem Moment, in dem Kant dem Vogel die Haube abnimmt, der Falkner sofort zurückweichen kann. So kann der Greifvogel da draußen bleiben ohne vor den Menschen zu erschrecken und hört längst schon die aufgeregten Rufe seiner Eltern. Nach ein paar Minuten – das ist nun von unten mit dem Fernglas zu sehen – hüpft der Jungvogel einen halben Meter höher auf einen Mauervorsprung. Nun müssen ihm die Alten nur noch zeigen, wie man fliegt.

    Da war es wohl besser, dass das Falken-Männchen keinen Namen hatte – loszulassen wäre sonst noch schwerer geworden.

    Bereits seit den 70er Jahren kümmert sich der Falkner Karl-Josef Kant um verletzte und hilflose Greifvögel. Als Jäger und Heger findet er selbst oft verletzte Tiere, denen Hochspannungsleitungen, Stacheldrähte, Zäune, Fensterscheiben, Umweltgifte oder sonstige von Menschen geschaffene Hindernisse zum Verhängnis wurden. Die Greifvogel-Auffangstation finanziert sich vor allem aus privaten Mitteln und Spenden. Infos: Falknerei Kant, Tel. (0931) 94 214, mobil: 0170 551 57 26, falknerei-kant@gmx.de

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