„Wer die Menschen verstehen will, muss ihre Arbeit kennen.“ Dieses Zitat stammt vom Würzburger Bischof Julius Döpfner, der nach dem Krieg viele Betriebe und Einrichtungen besuchte. Er wollte die gläubige Bevölkerung an den Orten erleben, an denen sie arbeiteten und einen Großteil ihrer Lebenszeit verbrachten. Auf den Spuren Döpfners wandelt im 21. Jahrhundert Bischof Franz Jung, der in seiner Amtszeit ebenfalls die Nähe zu den Menschen an ihren Wirkorten sucht. Dieses Mal stand die Pharmazie auf der bischöflichen Agenda, indem sowohl universitäre Einrichtungen, aber auch eine öffentliche Apotheke in Würzburg besichtigt wurden.
Basis der Apothekerausbildung ist die wissenschaftliche Pharmazie, die seit den späten 60er Jahren in Würzburg auf dem Universitätsgelände am Hubland beheimatet ist. Dort empfingen die Lehrstuhlinhaber Professorin Dr. Ulrike Holzgrabe, Vizepräsidentin der Julius-Maximilians-Universität, sowie Professor Dr. Dr. Lorenz Meinel, Inhaber des Lehrstuhls für pharmazeutische Technologie, den Würzburger Bischof Dr. Franz Jung. In unserem täglichen Leben spielt die Pharmazie nicht nur in Corona-Zeiten eine Schlüsselrolle, denn die hohe Lebensqualität der europäischen Bevölkerung erklärt sich unter anderem durch die enormen Fortschritte in der modernen Arzneimitteltherapie der letzten Jahrzehnte. Zu den Kernaufgaben der wissenschaftlichen Pharmazie zählt zum einen die Lehre und die damit verbundene Ausbildung von Apothekerinnen und Apothekern. Zum anderen stellte Professorin Ulrike Holzgrabe die Forschung ihres Lehrstuhls für pharmazeutische Chemie dem Würzburger Bischof vor. Zu deren Schwerpunkten zählt unter anderem die Entwicklung von Antibiotika, die zur Behandlung der Leishmaniose, einer schweren Tropenkrankheit, eingesetzt werden können. Diese kann Mensch und Tier befallen und führt zu Hautveränderungen, aber auch zur Schädigung innerer Organe. Neben der Forschung zu neuen Therapeutika spielt aber auch die Arzneistoffanalytik eine große Rolle. Diese ermöglicht eine Aufklärung von beispielsweise aus Asien importierten „pflanzlichen Wunderpulvern“ gegen Volkserkrankungen, die sich bei genauer Analytik als ein Gemisch von gefährlichen Stoffen entpuppen und zu schweren Nebenwirkungen führen können.
Auch der Lehrstuhlinhaber für pharmazeutische Technologie Professor Meinel gab dem Würzburger Bischof einen Einblick in seine Forschungs- und Lehrtätigkeit. Die von ihm vertretene Technologie ist auch als „Galenik“ bekannt und stellt die Mutter aller pharmazeutischen Wissenschaften dar. Denn dort erlernen die sich in Ausbildung befindlichen Pharmazeuten ihr Kerngeschäft, die Herstellung von Arzneimitteln. Diese findet heute vor allem im industriellen Maßstab satt. Mit der Herstellung von Individualrezepturen ist aber auch die Galenik ein Teil des Aufgabengebietes in der öffentlichen Apotheke. Die am Lehrstuhl von Professor Meinel praktizierte Forschung interessierte den Würzburger Bischof ebenfalls in hohem Maße. Beeindruckt zeigte er sich über die Entwicklung eines speziellen Kaugummis, der bei einem auftretenden Infekt einen bitteren Stoff im Mund freisetzt. Möglicherweise lässt sich daraus in naher Zukunft ein Schnelltest für Sars-CoV-2 Infektionen entwickeln. Die Entwicklung des diagnostischen Kaugummis führte bereits vor einigen Jahren zur Ausgründung einer eigenen Firma, an deren Gründung Mitarbeiter des Lehrstuhls von Professor Meinel beteiligt waren.
Über die praktische Seite der Pharmazie informierte sich Bischof Dr. Franz Jung bei einem Besuch in der Hof-Apotheke zum Löwen, die das Ehepaar Dres. Claudia und Thomas Richter vor fünf Jahren übernommen hat. Dabei ging es um sehr viele konkrete Themen wie der schnellen Logistik, um Arzneimittel beim pharmazeutischen Unternehmen zu bestellen. Interessiert zeigte sich der Würzburger Bischof daher an der modernen Apotheken-EDV, welche mithilfe von Verfügbarkeitsabfragen von Arzneimitteln sowie eigenen Rezeptkameras einen wesentlichen Beitrag zur schnellen, aber auch sicheren Arzneimittelversorgung der Bevölkerung leistet. Vorgestellt wurde auch die Digitalisierung von Impfpässen, welche ebenfalls seit vergangener Woche zur pharmazeutischen Dienstleistung gehören. Dass Apotheken nicht nur Kunden in der Apotheke betreuen, sondern auch mit der Arzneimittelversorgung von Pflegeeinrichtungen und den damit verbundenen Dienstleistungen beauftragt sind, war ebenfalls ein Aspekt, welcher dem Würzburger Bischof vorgestellt wurde. Die Hof-Apotheke wurde vor mehr etwa 500 Jahren in Würzburg als „Löwen-Apotheke“ am unteren Markt gegründet. Den Zusatz „Hof“ erhielt sie, da sie sich als Lieferantin der Würzburger Fürstbischöfe und des Hochstifts bewährte. Die Inhaber bedankten sich daher beim Bischof für seinen Besuch, der vor allem Ausdruck einer Wertschätzung für die arbeitenden Menschen vor Ort ist und damit an das Wirken des Würzburger Bischofs Julius Döpfner anknüpft.
Von: Dr. Dr. Thomas Richter, Inhaber der Hof-Apoteke in Würzburg


