Corona-Maßnahmen? Diktatur! Unsere Justiz? Von "Zionisten" gesteuert, um uns zu versklaven. Was haben "Querdenker" in der Zeit der Pandemie nicht alles für Horrorszenarien fabriziert. Auch ein Würzburger Rechtsanwalt, der sich wegen einer Zeigegeste in Form eines Hitlergrußes vor Gericht verantworten musste, hatte Ähnliches verbreitet. Gerettet hat den Beschuldigten, der bei einer Verurteilung wohl seine berufliche Existenzgrundlage verloren hätte, nun ausgerechnet ein Grundprinzip des demokratischen Rechtstaates.
Juristische Grundregel gilt auch in Würzburg: Im Zweifel für den Angeklagten
Im Zweifel für den Angeklagten – diese juristische Grundregel lernen Kinder in der Schule. Daran, dass der Rechtsanwalt während seiner Rede einen Hitlergruß gezeigt hat, hatten zwei Gerichte keinen Zweifel. Zweifel gab es jedoch am subjektiven Tatbestand: Die Beweislage hatte die Richter nicht davon überzeugt, dass der Mann vorsätzlich gehandelt hat. Also sprachen sie ihn frei.

Wäre der deutsche Rechtsstaat, der Verstöße der "Querdenker"-Szene meist konsequent geahndet hat, jenes unterdrückerische Regime, als das ihn Gegner der Corona-Maßnahmen vielfach diffamierten - ein Freispruch wäre wohl schlecht denkbar gewesen. Denn, wie auch die Vorsitzende Richterin feststellte, hatte die Staatsanwaltschaft hatte gute Argumente: Wie kann es sein, dass ein Rechtsanwalt vor 400 Menschen auf der Bühne am Marktplatz mehrfach eine Geste zeigt, von der alle wissen, dass sie verboten ist?
Belege, Beweise, nüchternes Abwägen von Wahrscheinlichkeiten
Das Würzburger Landgericht hat abgewogen und war trotz aller vorliegenden Belege nicht überzeugt, dass der Angeklagte absichtlich gehandelt hatte. Für einen Vorsatz gab es keine Beweise.
In einem Rechtsstaat arbeitet die Justiz – wie die Wissenschaft und die seriöse Berichterstattung – mit Belegen und sie wägt Wahrscheinlichkeiten gegeneinander ab. Der Würzburger Freispruch belegt, dass der Rechtstaat funktioniert. Allen blödsinnigen und gefährlichen Behauptungen zum Trotz.