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Würzburg: Kommentar zum III. Weg: Politik hat es den Neonazis zu leicht gemacht

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Kommentar zum III. Weg: Politik hat es den Neonazis zu leicht gemacht

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    300 Frauen und Männer demonstrierten am vergangenen Samstag in Würzburg gegen den III. Weg. 
    300 Frauen und Männer demonstrierten am vergangenen Samstag in Würzburg gegen den III. Weg.  Foto: Fabian Gebert

    Genauso haben es die Strategen vom III. Weg geplant. Erst die Plakate mit der Aufschrift "Hängt die Grünen", jetzt die Diskussion um den pietätlosen Auftritt am Barbarossaplatz in Würzburg: Die neonazistische Splitterpartei, die laut Verfassungsschutzbericht deutschlandweit gerade einmal 580 Mitglieder und Sympathisanten zählt – darunter 160 in Bayern –, ist wenige Tage vor der Bundestagswahl in aller Munde. Im Internet wird das von den rechtsextremen Demokratiefeinden vollmundig gefeiert.

    Hätte man den III. Weg also einfach gewähren und gleichzeitig weitgehend ignorieren sollen? Auf den ersten Blick mag das eine Verlockung sein, für eine Demokratie, die im Zweifel wehrhaft sein möchte, kann "Augen zu – und durch" aber kein Rezept sein. Da ist politisches Handeln gefragt. Dass die Zivilgesellschaft in Würzburg sich den 15 bis 20 rechten Aktivisten mit 300 Menschen wieder einmal lautstark entgegenstellte, ist ein ebenso eingeübtes wie wichtiges Ritual. Aber es reicht nicht.

    Ein Demo-Verbot wäre ein starkes Signal gewesen 

    Die Behörden hätten es den Neonazis nicht so leicht machen dürfen. Dass der III. Weg ausgerechnet am Tatort der Messerattacke eine Inszenierung mit blutüberströmten Puppen, die drei Leichen symbolisieren, plante, um so gegen die Asyl-und Migrationspolitik zu protestieren, war schon bei der Demo-Anmeldung bekannt. Man habe keine Möglichkeit gesehen, einen solchen Aufzug zu verbieten, heißt es aus dem Rathaus. Mit den Experten von Innenministerium, Polizei und Staatsanwaltschaft sei man sich in dieser Einschätzung einig gewesen.

    Muss der Rechtsstaat wirklich ertragen, dass die Opfer eines brutalen Verbrechens ohne Rücksicht auf die Gefühle der Angehörigen derart instrumentalisiert werden?  Vielleicht ist das so, aber das hätte man dann gerne von einem unabhängigen Gericht geklärt und begründet haben wollen. Das Risiko, mit einem Verbotsantrag durchzufallen, bestand für die Stadt Würzburg zweifelsohne. Meinungsfreiheit ist schließlich ein hohes Gut, die Demokratie muss auch Geschmacklosigkeiten aushalten. Doch ein Demo-Verbot wäre ein starkes Signal gewesen – selbst dann, wenn es das Verwaltungsgericht am Ende kassiert hätte.

    Kein gutes Zeugnis für die Staatsanwaltschaft

    Eingreifmöglichkeiten bestanden aber auch dann noch, als die Inszenierung bereits begonnen hatte. Dass man das Aufstellen der drei Kanzlerkandidaten-Fotos hinter die symbolischen Leichen als Mordaufruf gegen Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz werten kann, hätte einem erfahrenen Staatsanwalt vor Ort schon auffallen können. Dass man keinen Straftatbestand erkennen konnte, ja zunächst nicht mal eine Überprüfung auf Rechtsverstöße ankündigte, stellt den Strafverfolgern kein gutes Zeugnis aus.  

    Zumal Staatsschützer ja eigentlich wissen, dass eine Partei wie der III. Weg solche Uneindeutigkeiten sehr bewusst einsetzt: Dass die Leichen-Puppen sowohl als Opfer des Messerangreifers sowie als ermordete Politiker verstanden werden konnten, damit haben die Neonazis gespielt. Beim Streit um die in Bayern und jetzt endlich auch in Sachsen verbotenen Plakate mit dem Slogan "Hängt die Grünen" bestand exakt das gleiche Handlungsmuster. Hier behaupteten die Rechten vor Gericht, mit "Grünen" seien ihre eigenen Plakate gemeint gewesen, Grün sei schließlich auch ihre Parteifarbe.

    Demokratie funktioniert nicht von selbst. Wehret den Anfängen, muss das Motto gegen ihre Feinde lauten – und zwar auf allen Ebenen. Ob ein Parteienverbot, wie es jetzt wieder vor allem Grüne fordern, der richtige Weg in der Auseinandersetzung ist, darüber muss debattiert werden. Richtig ist aber auch, was der Terrorexperte Peter Neumann sagt: Wenn Parteiverbote Sinn haben, dann bei einer so menschenverachtenden Partei wie dem III. Weg.  

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