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Würzburg/Berlin: Kommt die Impfpflicht? Wie FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann für einen Kompromiss streitet

Würzburg/Berlin

Kommt die Impfpflicht? Wie FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann für einen Kompromiss streitet

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    Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann verhandelt aktuell in Berlin einen Kompromiss zur Impfpflicht. Der Medizinprofessor aus Würzburg ist seit 2017 Abgeordneter des Deutschen Bundestages.
    Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann verhandelt aktuell in Berlin einen Kompromiss zur Impfpflicht. Der Medizinprofessor aus Würzburg ist seit 2017 Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Foto: Patty Varasano

    Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann ist ein gefragter Mann in diesen Tagen in Berlin. In der verfahrenen Debatte um eine Impfpflicht könnte der Gesetzesentwurf, der den Namen des Bundestagsabgeordneten aus Würzburg trägt, derjenige sein, der den Weg zu einem Kompromiss weist. Dieser könnte dann in der geplanten Abstimmung am Donnerstag im Bundestag auch mehrheitsfähig sein. Geht es nach dem Medizinprofessor und seinen Mitstreitern von SPD, FDP und Grünen, verabschiedet der Bundestag ein Gesetz, das zunächst mal eine Pflicht zur Impfberatung vorsieht. In einem zweiten Schritt könnte dann, falls es die Datenlage notwendig macht, im September eine Impfpflicht ab 50 Jahren eingeführt werden.

    Frage: Am Donnerstag will der Bundestag ein Gesetz zur Impfpflicht beschließen. Glauben Sie noch, dass es so kommt, Herr Ullmann?

    Andrew Ullmann: Am Donnerstag soll der Bundestag entscheiden, wie wir uns auf die nächste Welle im Winter vorbereiten wollen. Die Impfpflicht ist aus meiner Sicht nicht zwingend. Es sind mehrere Anträge formuliert worden, bislang aber zeichnet sich für keinen eine Mehrheit ab.

    Die Gruppe derjenigen, die bislang eine Impfpflicht ab 18 befürworteten, hat sich auf die Gruppe Ullmann zubewegt. Und möchte nun auch eine Impfpflicht ab 50 Jahren beschließen. Ihnen reicht der Vorschlag nicht. Warum?

    Ullmann: Die Gruppe hat sich sehr bewegt, das haben wir zur Kenntnis genommen. Unser Vorschlag aber sieht vor, vor eine Impfpflicht eine Pflicht zur Aufklärung zu setzen. Das wäre das mildere Mittel, um die Impflücken zu schließen. Sollte das nicht gelingen, bräuchte es erst dann die Impfpflicht. Deshalb sprechen wir in unserem Gesetzentwurf von einer optionalen Impfpflicht ab 50 Jahren im September. Das heißt, der Bundestag muss vorher noch einmal abstimmen, ob die Voraussetzungen dafür aus wissenschaftlicher Sicht gegeben sind.

    Wie soll die Impfaufklärung organisiert werden?

    Ullmann: Das ginge relativ simpel. Unser Gesetzentwurf sieht vor, dass die Krankenkassen alle Menschen, von denen sie nicht wissen, ob sie geimpft sind oder nicht, benachrichtigen und mit Informationen zu Beratungsstellen versorgen. Idealerweise übernehmen das die Impfzentren. Sollte der Angeschriebene bereits geimpft sein, meldet er das einfach, dann muss er der Beratungspflicht nicht nachkommen.

    Die Krankenkassen haben gesagt, es sei nicht leistbar, alle anzuschreiben, weil es nicht genügend Papier gebe...

    Ullmann: Von Lieferengpässen bei Papier ist mir nichts bekannt.

    Was bringt Beratung? Es scheint so, als seien viele Ungeimpfte überhaupt nicht mehr für Argumente erreichbar. Auch die Hoffnungen auf den proteinbasierten Impfstoff von Novavax haben sich nicht bestätigt.

    Ullmann: Beratung bringt immer etwas. Ich bin selbst über 30 Jahre ärztlich tätig gewesen und kann da aus Erfahrung sprechen. Beratung hilft, den Menschen die Kompetenz zu vermitteln, damit sie eine gute Entscheidung treffen können. Dass wir nicht alle erreichen, die gegen Impfungen sind, ist uns völlig klar. Aber möglicherweise können wir die Impflücke auf diesem Weg schon entscheidend schließen. Dann bräuchte es keine Impfpflicht.

    Ohne Abgeordnete der Union hätte keiner der jetzt diskutierten Gesetzesentwürfe eine Mehrheit. Sie haben den Anspruch, Brückenbauer zu sein. Was ist der Unterschied zum Impfvorsorgegesetz, das CDU und CSU vorschlagen?

    Ullmann: CDU und CSU haben keinen Gesetzentwurf vorgelegt, sondern in einem Antrag einen Forderungskatalog formuliert. Dieser orientiert sich im Großen und Ganzen an unserem Gesetzesentwurf. Die Unterschiede betreffen Feinheiten, etwa ob eine Impfpflicht ab 50 oder 60 Jahren kommen soll.

    Aber die Union weigert sich, ihrem Vorschlag zuzustimmen. Laufen denn noch Gespräche?

    Ullmann: Das kann ich bestätigen. Gespräche finden auf Abgeordneten-, nicht auf Fraktionsebene statt. Ich spreche für eine Abgeordneten-Gruppe, nicht für die FDP oder die Koalition. Es ist schade, dass es nicht gelungen ist, die Parteipolitik aus dieser Diskussion herauszuhalten. Es war die Idee, Gruppenanträge aus der Mitte des Bundestags heraus zu erarbeiten. Nicht alle haben das ernstgenommen. Aber ja, wir wollen Brücken bauen – im Interesse der Sache. Ich bin immer noch vorsichtig optimistisch, dass wir bis Mittwoch etwas erreichen können. Aber sicher ist das nicht.

    Braucht es überhaupt ein Gesetz? Die letzten Entscheidungen der Politik vermitteln doch eher den Eindruck, Corona sei schon überwunden?

    Ullmann: Das wäre zu schön, aber das sagt keine Partei in Regierungsverantwortung, das sagt auch in der Union niemand. Wir haben viel gelernt in den Monaten und Jahren der Pandemie. Impfungen beispielsweise sind etwas ganz Essenzielles. In der Menschheitsgeschichte war es immer so, dass die Immunisierung gegenüber Krankheitserregern eine Pandemie verschwinden ließ. Auf eine Durchseuchung der Bevölkerung zu setzen, wäre der falsche Weg, denn das würde mehr Tote bedeuten. Das müssen wir verhindern.

    Was ist die Alternative?

    Ullmann: Bei einer guten Grundimmunisierung ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man vor schweren Vorläufen geschützt ist. Impfungen verhindern, dass unnötig viele Menschen auf den Intensivstationen der Krankenhäuser landen und das Gesundheitssystem überfordert wird. Das zu vermeiden, ist das primäre Ziel.

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