Nachdem die Wellen deutschlandweit hochgeschlagen waren, gibt es im Kopftuchstreit während einer Politik-Vorlesung an der Universität Würzburg nun Signale der Verständigung. Die betroffene Studentin akzeptiert die Entschuldigung der Dozentin, ist allerdings unglücklich über manche Formulierungen.
Wie berichtet, hatte sich Professorin Gisela Müller-Brandeck-Bocquet am Freitag in einer e-Mail persönlich bei der jungen Muslimin und auch der Politik-Fachschaftsinitiative entschuldigt, in der Erklärung aber auch von "Missverständnissen" gesprochen.
Abnahme von Kopfbedeckungen: Keine Ausnahme für Muslimin?
Die türkischstämmige Studentin, in Deutschland geboren und aufgewachsen, weigerte sich mit dem Hinweis auf Religionsfreiheit, das Kopftuch abzunehmen. Es kam zu Protesten, ein Großteil der Zuhörer solidarisierte sich mit der Kommilitonin und verließ den Hörsaal. Erst nach einer zehnminütigen Unterbrechung konnte die Vorlesung stattfinden.
Ein Thema, zwei Einschätzungen:
- Andreas Jungbauer: Warum ein Kopftuch im Hörsaal kein Problem ist
- Gisela Rauch: Warum das Kopftuch ein hoch explosives Symbol ist
In einer Mitteilung vom Samstagabend bestätigt die Fachschaftsinitiative "Political and Social Studies" den Eingang eines persönlichen Schreibens von Prof. Dr. Gisela Müller-Brandeck-Bocquet. Darin entschuldige sich die Professorin für ihr Verhalten gegenüber der Studentin und habe angekündigt, in der nächsten Vorlesung das Entschuldigungschreiben öffentlich "vorzutragen".

Die betroffene Studentin wird mit den Worten zitiert: "Obwohl ich manche Punkte in der Entschuldigung der Professorin als unglücklich formuliert empfinde, nehme ich ihre Entschuldigung an." Sie hoffe, dass die Angelegenheit damit beigelegt werden kann. Die Fachschaftsinitiative begrüßt, dass die Professorin ihrer Forderung nach einer Entschuldigung nachgekommen sei.
Fachschaft: Kommilitonin wurde persönlich zur Abnahme aufgefordert
Gleichzeitig unterstreicht die Fachschaftsvertretung, dass die Kommilitonin von der Professorin definitiv persönlich aufgefordert worden sei, ihr Kopftuch abzulegen. Müller-Brandeck-Bocquet hatte gegenüber unserer Redaktion erklärt, nur klar ihren persönlichen Standpunkt in der Frage geäußert zu haben: Dass Religion nicht in einen staatlichen Wissenschaftsraum gehöre.
Verschiedene Teilnehmer der Vorlesung hatten zuvor bestätigt, dass nicht nur die allgemeine Zuhörerschaft, sondern auch die junge Muslimin persönlich von der Dozentin angesprochen wurde. Die 19-Jährige selbst gegenüber der Main-Post: "So wurde ich noch nie belästigt."
"Studentin wurde nicht des Hörsaals verwiesen"
Die Fachschaftsinitiative nimmt Anstoß an "der persönlichen Diskriminierung und Stigmatisierung einer einzelnen Kommilitonin in einer großen Vorlesung". Richtig sei, dass die Professorin die Studentin nicht des Hörsaals verwiesen hat. Kritisch sehen die Politik-Studierenden die Erklärung der Universitätsleitung: Sie habe nur Auskunft über die Rechtslage gegeben - ein Kopftuchverbot an einer Hochschule wäre ausgeschlossen. Die Uni-Leitung habe sich aber nicht vom persönlichen Fehlverhalten der Professorin distanziert.
Der Vorfall an der Universität hatte in den vergangenen Tagen deutschlandweit für Aufsehen und Schlagzeilen gesorgt, nach der Main-Post berichteten auch zahlreiche überregionale Medien.