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WÜRZBURG: Koran-Zitate gegen den Terror

WÜRZBURG

Koran-Zitate gegen den Terror

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    Imam Imtiaz Ahmad Shaheen spricht in der Bait-ul-Aleem Moschee in Würzburg darüber, was der Islam im Hinblick auf den Internationalen Terror wirklich lehrt. Foto: Thomas Fritz
    Imam Imtiaz Ahmad Shaheen spricht in der Bait-ul-Aleem Moschee in Würzburg darüber, was der Islam im Hinblick auf den Internationalen Terror wirklich lehrt. Foto: Thomas Fritz Foto: Thomas Fritz

    Sie rufen „Allahu Akbar“. Dann zünden sie die Bombe, gehen mit dem Messer auf Unschuldige los oder fahren ungebremst auf Menschen zu. London, Kabul, Manchester, Berlin, Brüssel – der internationale Terror ist gegenwärtig. Terroristen morden im Namen des Islam. „Es ist nicht verwunderlich, dass jeder zweite Angst vor dem Islam hat“, sagt Imam Imtiaz Ahmad Shaheen aus Frankfurt am Mittwochabend in der Würzburger Moschee Bait-ul-Aleem. Die Ahmadiyya Muslim Jugendorganisation möchte mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne Terroristen entlarven, die im Namen des Islam töten. Was lehrt der Islam wirklich?

    „Uns Ahmadiyya-Muslime bereiten diese terroristischen Anschläge doppelten Schmerz“, sagt Imam Shaheen. „Da ist das Leid der Opfer und das Morden im Namen unserer Religion.“ Es sind nicht viele, die dem Imam zuhören. Aus der muslimischen Gemeinde sind ein paar Jugendliche in die Moschee an den Würzburger Heuchelhof gekommen und noch ein Ehepaar, das sich interessiert. Ein junger Mann singt den Anfangsvers. Es geht um die Tugend. „Der Koran nennt viele Formen von Tugenden“, sagt der Imam später und nennt drei Stufen der Moral: Gerechtigkeit, Güte und die Liebe einer Mutter zu ihren Kindern.

    „Das wird den Muslimen auferlegt. Nicht, Unschuldige zu töten“, so Shaheen. Schließlich heißt es im Koran auch: „Wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, so soll es sein, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten.“

    Im Paradies warten keine 72 Jungfrauen

    Auch terroristische Anschläge, wie beispielsweise auf die Redaktion der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris nach der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen, die in den Augen von Islamisten als „Gotteslästerung“ gelten, seien keinesfalls durch den Koran gedeckt. Im Gegenteil, sie würden völlig konträr handeln. „Wohl sind vor Dir Gesandte als lügenhaft gescholten worden, doch obwohl sie verleugnet und verfolgt wurden, blieben sie geduldig bis unsere Hilfe zu ihnen kam.“

    Hinzu kommen falsche Interpretationen der Textstellen. Sie würden auch darauf beruhen, dass der Kontext nicht betrachtet werde. Beispielsweise heißt es im Koran auch: „Nähere Dich nicht dem Gebet.“ Eine unvorstellbare Aufforderung für einen Muslimen, dem es auferlegt ist, fünf mal am Tag zu beten. Aber es gibt einen Zusammenhang. Nämlich dann, wenn der Muslim „im Zustand des Rausches ist und nicht weiß, was er spricht“ – dann sollte er eben auch nicht beten.

    Und was hat es jetzt mit den 72 Jungfrauen im Paradies auf sich, die angeblich Selbstmordattentätern als Belohnung versprochen werden? „Davon ist im Koran nicht die Rede“, sagt der Imam. Das Paradies sei auch kein Ort, der sich definieren ließe, weil man ihn einfach nicht kennt. Und Jungfrauen im Paradies zu erwarten sei schon allein deshalb sinnlos, weil im Paradies keine physischen Körper anzutreffen sind, sondern Seelen.

    Aufklärung von klein auf

    Der junge Imam gehört der Ahmadyya-Bewegung an. Eine Strömung, die sich zur ursprünglichen Lehre des Korans bekennt. „Wir wurden mal als liberal bezeichnet“, sagt Shaheen. „Doch das sind wir eigentlich nicht. Eigentlich sind wir orthodoxe Muslime.“ Schon von klein auf würden die Kinder der Ahmadyya-Muslime aufgeklärt – mit einem Koran, der auch eine Übersetzung bietet. „Wir versuchen ihnen so auch ein Schutzschild zu geben.“

    Imtiaz Shaheen weiß wie wichtig dieses Schutzschild für Jugendliche sein kann. In Hamburg hat er 20 Jugendliche betreut. Einer davon ist nach Syrien gezogen, angeworben vom Islamischen Staat. „Er hatte die Hoffnung, dort Anerkennung zu bekommen“, sagt Shaheen. Denn der junge Mann hatte soziale Probleme. Dort, in Syrien, wurden ihm Belohnungen versprochen, er wurde angelockt mit Frauen. Aber auch AfD und Pegida-Bewegung hätten ihren Anteil daran. Mit ihrer Kampagne gegen eine „Islamisierung des Abendlandes“ träfen sie genau diejenigen, die sich sowieso nicht heimisch fühlen und sich schwer damit tun, eine Identität zu finden.

    In Frankfurt arbeitet der Imam zusammen mit dem Jugendamt und der Polizei. „Als islamischer Theologe habe ich noch einen anderen Zugang zu den Jugendlichen als beispielsweise die Mitarbeiterin des Jugendamtes, die als unrein gilt“, sagt er. Doch er weiß auch, wie schwierig es ist, die Jugendlichen von ihrer Radikalisierung abzuhalten, wenn sie sich der Gehirnwäsche schon so weit unterzogen haben.

    Religion als Heilmittel gegen den Terrorismus

    Und wie lässt sich der Terror nun stoppen. „Militärisch nicht“, sagt der Imam. „Das wird seit 16 Jahren versucht.“ Ziel der Terroristen sei es, eine Spaltung der Gesellschaft herbeizuführen. Wenn Menschen aufeinander zugehen, miteinander ins Gespräch kommen und Missverständnisse aus dem Weg räumen, gebe es diese Chance, auf ein friedvolles Zusammenleben. Auch Parteien und Politiker könnten ihren Beitrag dazu leisten. „Manche nutzen die Ängste aus, um ihre Interessen durchzusetzen. Auch damit spalten sie die Gesellschaft“, sagt der islamische Theologe. Letztlich sei auch Aufklärung wichtig. „In unseren Reihen gibt es keine Menschen mit radikalem Gedankengut“, sagt Shaheen. „Insoweit ist Religion auch ein Heilmittel gegen Terrorismus.“

    Was ist Ahmadiyyat? Unter Ahmadiyyat ist die von Gott versprochene Wiederbelebung des Islam zu verstehen. Die Bewegung wurde 1889 in Indien gegründet und stellt nach eigenen Angaben mit ihren mehreren Millionen Mitgliedern in 204 Ländern weltweit die größte Gemeinschaft unter den organisierten Muslimen dar. In den einzelnen islamischen Staaten ist die Ahmadiyya-Bewegung dennoch eine Minderheit. An der Spitze steht ein Kalif. Der in London lebende Mirza Masrur Ahmad ist der fünfte Nachfolger des Gründers. Uwe Wagishauser: In Deutschland gehören etwa 40 000 Mitglieder zur Ahmadiyya Gemeinde. Auf der Internetseite ahmadiyya.de ist die Rede von 50 Moscheen, etwa 225 lokalen Gemeinden und einem TV-Sender, die von Anhängern der Bewegung betreut werden. 2012 hat die Ahmadiyya-Bewegung bundesweit das erste Institut für islamische Theologie eröffnet. Die Ahmadiyya Bewegung wird seit drei Jahren auch zur Deutschen Islam Konferenz eingeladen, die vom Bundesinnenminister einberufen wird. Die Ahmadiyya-Muslime verstehen sich als Repräsentanten des wahren Islam. Unter Muslimen ist die Bewegung umstritten. Ahmadis werden von einigen nicht als Muslime anerkannt, weil sie davon ausgehen, dass der von den meisten Muslimen erwartete Mahdi und Reformer schon gekommen ist. In Pakistan, wo sie sich nach der Teilung Britisch-Indiens ansiedelten, werden Ahmadis deshalb seit den 1970er Jahren zum Teil massiv verfolgt, ebenso in Bangladesch und Indonesien. Etliche sind aus ihrer Heimat geflohen, sie haben sich etwa in England niedergelassen, auch in Deutschland. Im Jahr 2010 starben bei einem Anschlag pakistanischer Taliban auf zwei ihrer Moscheen in Lahore 86 Menschen.

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