Der Fall von Thomas Weigand bewegt die Menschen: Verzweifelt kämpft der 49-Jährige aus Schweinfurt um eine Therapie und Anerkennung seiner schweren Autoimmunerkrankung als Folge der Corona-Impfungen. Doch eine offizielle Bestätigung von den Behörden bekommen Betroffene nur selten. Warum ist das eigentlich so und was können Patientinnen und Patienten tun?
Der Würzburger Rechtsanwalt Christoph Klaus Hamann, der sich auf Medizinrecht und Impfschäden spezialisiert hat, erklärt die Problematik – und sagt, was er rät.
Frage: Das Zentrum Bayern Familie und Soziales als zuständige Behörde hat nur knapp sechs Prozent von bisher rund 2500 Anträgen auf Anerkennung eines Corona-Impfschadens bewilligt. Wie ist das zu erklären?
Christoph Klaus Hamann: Das große Problem ist, dass der oder die Geschädigte selbst die Ursächlichkeit beweisen muss – also dass die Erkrankung tatsächlich auf die Impfung zurückzuführen ist. Es geht um eine dreigliedrige Kausalkette aus Impfung, Gesundheitsschaden und Impfschaden.
Wie kann man als Betroffener einen Zusammenhang nachweisen?
Hamann: Das geht eigentlich nur mit medizinischen Gutachtern. Entweder können die behandelnden Ärzte den Zusammenhang befunden. Oder man holt ein medizinisches Gutachten ein, dies geschieht sonst spätestens vor Gericht.
Wie kommt es dazu, dass trotz vorliegender ärztlicher Bestätigung ein Impfschaden nicht anerkannt wird?
Hamann: Gute Frage. Es gibt eigentlich keine logische juristische Erklärung dafür. Wenn die Kausalkette von Fachleuten bestätigt ist, kann eine Ablehnung eigentlich nur noch an anderen Vor- oder Grunderkrankungen beim Patienten liegen. Die Behörde argumentiert dann, dass diese eher die Ursache für die Beschwerden seien.

Das heißt, ich habe schlechte Karten mit einer Vorerkrankung?
Hamann: Ja, definitiv. Für die Anerkennung eines Impfschadens muss die Wahrscheinlichkeit, dass der Impfstoff verantwortlich ist, größer sein als das, was dagegen spricht. Wenn Sie beispielsweise schon eine Gerinnungsstörung haben und entwickeln eine Thrombose etwa in einem hirnversorgenden Gefäß – dann müssten Sie beweisen, dass sie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der Impfstoff verursacht hat und nicht die Gerinnungsstörung.
Können auch psychische Vorerkrankungen für eine Anerkennung hinderlich sein?
Hamann: Gerade beim Post-Vac-Syndrom werden oftmals Erkrankungen wie depressive Verstimmungen, die auch Niedergeschlagenheit verursachen, für eine Ablehnung ins Feld geführt – oder auch psychosomatische Beschwerden. Sie sollen dann zum Beispiel bei bestimmten Schmerzzuständen eher die Ursache sein als die Corona-Impfung.
Betroffene fühlen sich dann schnell als "Psychos" abgestempelt. Kennen Sie das von Ihren Mandanten?
Hamann: Absolut. Das ist eine sehr häufige Begründung einer Ablehnung – gerade, wenn man keine vom Robert Koch-Institut gelistete Diagnose oder Erkrankung benennen kann, sondern unter einem Post-Vac-Syndrom leidet. Die Behörden argumentieren dann, dies sei psychosomatisch verursacht. Auch frühere Arbeitsausfälle werden herangezogen.

Was kann der Impfgeschädigte tun, um dennoch zu einer Anerkennung zu kommen?
Hamann: Wichtig ist der Kontakt zu den behandelnden Ärzten und die Befundung in der Patientenakte. Und ansonsten sollte man sich fristgerecht gegen einen ablehnenden Bescheid wehren und die Ansprüche vor Gericht geltend machen.
Wie gut sind die Aussichten, vor Gericht damit durchzukommen?
Hamann: Von der derzeitigen Rechtsprechung ausgehend, ist es schwierig. Die Hürden der Beweisführung sind sehr hoch. Wenn dieser Beweis nicht vorliegt oder der Zusammenhang auch vom gerichtlich bestellten Gutachter nicht deutlich festgestellt wird, hat die Klage wenig Aussicht auf Erfolg. Das ist das große Problem.
Wird die Anerkennungsquote von den Behörden möglichst niedrig gehalten?
Hamann: Ich glaube, dass man einen Deckel auf das Ganze machen will. Ich habe Mandanten ohne vorherige Grunderkrankung, die zwei Wochen nach der Corona-Impfung erstmalig Symptome gezeigt haben, die anerkannten Nebenwirkungen entsprechen. Trotzdem wurde ein Impfschaden nicht anerkannt oder nur als gesundheitliche Beeinträchtigung bzw. Grad der Schädigung von weniger als 30 Prozent – damit gibt es keine staatlichen Leistungen für die eigene Versorgung wie etwa eine Berufsunfähigkeitsrente. Dagegen gehen wir vor. Im Sozialrecht gibt es allerdings kein Schmerzensgeld im Sinne einer Schadenskompensation, solche läuft über das Zivilrecht.
Hier müsste man den Impfstoffhersteller verklagen?
Hamann: Ja, und zwar unabhängig von der behördlichen Entscheidung zur Anerkennung des Impfschadens. Das sind getrennte Verfahren. Und man sollte auf die Verjährungsfrist von drei Jahren achten. Die meisten Impfungen fanden 2021 statt. Das heißt, nach dem 31. Dezember 2024 verfallen Ansprüche aus dem Jahr 2021, wenn nicht vorher Klage erhoben wurde. Das ist vielen nicht bekannt. Man sollte aber keine allzu großen Hoffnungen wecken, was die Aussichten angeht.

Gab es in der Vergangenheit vergleichbare Auseinandersetzungen um Impfschäden wie bei Corona?
Hamann: Das ist eine neue Dimension. Impfschäden gab es schon vorher, aber die Impfrate war nie so hoch wie bei Corona. Entsprechend gab es nicht diese Anzahl an Impfschäden. Andere Impfstoffe waren auch länger erprobt und auf dem Markt. Deshalb hat man mehr Erkenntnisse und eine bessere Grundlage, um mögliche Impfschäden zu beurteilen – zum Beispiel bei der Polio-Impfung. Letztlich kann praktisch jeder Impfstoff Komplikationen auslösen. Denn jedes Medikament hat Wirkungen und Nebenwirkungen.
Wieweit ist der Kampf von Thomas Weigand um Anerkennung ein typischer Fall?
Hamann: Sehr typisch und kein Einzelfall. Ich habe einige Mandanten, die gar nicht wussten, an wen sie sich wenden können und wer überhaupt zuständig ist. Typisch ist auch die Begründung der Ablehnung, dass der Zusammenhang mit der Impfung nicht hinreichend belegt sei. Markant ist die Schwere seiner Erkrankung – in seinen Schwierigkeiten, Hilfe und Anerkennung zu finden, ist der Fall leider eher Normalität.