Die Umsetzung des umstrittenen Kreuzerlasses von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nimmt teils groteske Züge an. Wie berichtet, tritt am kommenden Freitag die Anordnung für staatliche bayerische Behörden in Kraft, wonach „im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen ist.“ Gilt das auch für staatliche Hochschulen, Museen und Theater?
Ministerium: Hochschulen keine „klassischen“ Behörden
Nein, heißt es nun aus dem bayerischen Wissenschaftsministerium. Auf Anfrage der Redaktion sagt Sprecherin Mira Barthelmann: „Die Verpflichtung, Kreuze im Eingangsbereich aufzuhängen gilt für alle Behörden im Bereich des Kunst- und Wissenschaftsministeriums – mit Ausnahme der Hochschulen, Theater und Museen. Für sie gilt eine Empfehlung.“
Diese Einrichtungen betrachte man nicht als Verwaltungsbehörden im klassischen Sinn. Die Regelung sei zwischen Staatskanzlei, Innen- und Wissenschaftsministerium abgestimmt. Überwacht oder kontrolliert wird die Umsetzung laut Ministerium nicht. Von einer „Freistellung“ will man dort aber nicht sprechen: „Es wird von uns sehr begrüßt, wenn Hochschulen die Kreuze aufhängen“, so die Sprecherin.
FHWS hat bereits zehn Kreuze aufgehängt
Dann dürfte ihnen die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) Freude bereiten. Dort wurden in den letzten Tagen bereits zehn Kreuze aufgehängt, an den zwei Standorten in Schweinfurt und den dreien in Würzburg.
Aus Sanierungsarbeiten waren noch Kreuze eingelagert. Sie hingen früher – und hängen teils heute noch – in Hörsälen und Seminarräumen. Für die Eingangsbereiche hatte die FHWS nachzurüsten. Nur im Neubau am 'Würzburger Sanderheinrichsleitenweg muss man noch bis Freitag auf das Kreuz warten: Der Fahrradkurier hatte dafür am Mittwoch keinen Platz mehr in der Tasche.
Keine Information aus dem Ministerium an die Hochschule
Für FHWS-Präsident Robert Grebner gilt die Hochschule als bayerische Behörde, die an die allgemeine Geschäftsordnung gebunden ist. Deren Änderung samt Kreuzerlass von Ende April sah er deshalb als klare Verpflichtung, „daran müssen wir uns halten.“ Dass das Kreuz-Aufhängen für Hochschulen nur eine „Empfehlung“ ist, wurde der FHWS nicht mitgeteilt, „es gab keine direkte Information aus dem Ministerium.“
Grebner sieht den Vorgang insgesamt entspannt. Auch die angestrebten weitere Internationalisierung der FHWS sieht er durch Kreuze nicht beeinträchtigt. Sollten Studierende eine inhaltliche Diskussion darüber wünsche, werde er sie gerne im studentischen Konvent führen.
Universität Würzburg ist noch im Klärungsprozess
Auch die Hochschule für Musik (HfM) in Würzburg hat keine offizielle Benachrichtigung aus dem Ministerium erhalten, wonach das Pflichtkreuz für Hochschulen nur ein Empfehlungskreuz ist. Nur über den „Flurfunk“ erfuhr man davon. Wie die HfM nun vorgehen will, war am Dienstag noch nicht klar.
Gleiches gilt für die Julius-Maximilians-Universität mit ihren gut 28 000 Studierenden. Hier war bei der Hochschulleitung zu Wochenbeginn die Information über die „Entpflichtung“ angekommen. Ob man die Empfehlung aus dem Wissenschaftsministerium umsetzt, ist noch nicht abschließend geklärt. Kanzler Uwe Klug hatte schon Ende April angekündigt, das Thema im Senat zu beraten. Eine breitere Beteiligung scheine hier geboten.
Überraschung auch im Landesmuseum auf der Würzburger Festung
Überrascht und auch erleichtert zeigte sich am Dienstag Erich Schneider, Direktor des staatlichen Museums für Franken auf der Festung Marienberg in Würzburg. Er erfuhr erst durch die Anfrage der Redaktion, dass die Kreuzpflicht für seine Einrichtung nur ein Münchner Wunsch ist. Schneider hat damit ein leidiges Thema weniger – zumal im Verwaltungsbereich, über der Tür zum Sozialraum, seit „ewigen Zeiten“ ein 40-Zentimeter-Kreuz hängt.
„Wir interpretieren das als Eingangsbereich“, meint der Museumsdirektor und verweist – nicht ganz ernst gemeint – auf die vielen Kreuze, die die historische Sammlung im Museum sonst noch zu bieten hat.