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WÜRZBURG: Kuli als Kamera: „Freiherr von Lichtland“ vor Gericht

WÜRZBURG

Kuli als Kamera: „Freiherr von Lichtland“ vor Gericht

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    Kuli als Kamera: „Freiherr von Lichtland“ vor Gericht
    Kuli als Kamera: „Freiherr von Lichtland“ vor Gericht Foto: Friso Gentsch (dpa)

    Freispruch für den selbst ernannten „Freiherrn von Lichtland“ und seine Tochter: Nach Auffassung des Würzburger Amtsgerichts haben sie sich nicht strafbar gemacht, als sie im August 2016 einen Strafprozess am Würzburger Landgericht heimlich gefilmt haben. Der 59-jährige ehemalige Weinbau-Funktionär, der sich nach eigenen Worten im Dezember 2008 aus religiösen Gründen „aus der Bundesrepublik Deutschland abgemeldet“ und am Rande eines Weinbau-Ortes im Landkreis Würzburg den „Freistaat Lichtland“ gegründet hat, war damals der Angeklagte, seine Tochter saß im Zuschauerraum.

    Mit einer als Kugelschreiber getarnten und im Ausschnitt ihrer Bluse versteckten Mini-Kamera, die vom Vater in Betrieb genommen wurde, hat sie gut zweieinhalb Stunden des Prozesses in Bild und Ton mitgeschnitten – laut Anklage war geplant, die Aufnahme später im Internet zu veröffentlichen.

    Von der Polizei im „Lichtland“ abgeholt

    Weil Vater und Tochter als Freiherr und Freifrau von Lichtland die deutsche Justiz nicht anerkennen, nahmen sie nicht auf der Anklagebank, sondern im Zuschauerraum Platz. Beide gaben den Mitschnitt des Prozesses offen zu, waren sich aber keiner Schuld bewusst: Zum Einen sei die Verhandlung öffentlich gewesen, zum anderen sei der Mitschnitt beschlagnahmt und dadurch eine Veröffentlichung unmöglich geworden.

    Gleich drei selbst formulierte Befangenheitsanträge gegen Richterin Gudrun Helm hatte der 59-Jährige im Gepäck, die allesamt als unzulässig abgelehnt wurden. „Die Staatsanwaltschaft will hier offenbar ein Exempel gegen Menschen statuieren, die sich in die Freiheit begeben haben und eine andere Religion ausüben“, sagte er unter anderem und warf der Justiz Freiheitsberaubung vor: Weil er und seine Tochter beim ersten Prozesstermin im Juni letzten Jahres unentschuldigt nicht erschienen waren, wurden sie am Dienstag von vier Polizeibeamten im „Lichtland“ abgeholt und in den Sitzungssaal gebracht.

    Anklage scheitert an nicht umgesetzter Gesetzesinitiative

    Der Staatsanwalt beantragte wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ deutliche Geldstrafen gegen die beiden Angeklagten. Richterin Gudrun Helm sah die Sache anders: Zwar sei der Mitschnitt des Prozesses unbefugt erfolgt und hätte durch die Vorsitzende Richterin damals mit Ordnungsgeld oder Ordnungshaft geahndet werden können. Strafbar sei das Verhalten aber nicht gewesen: „Nach derzeitiger Rechtslage ist das keine Straftat. Dazu müsste der Gesetzgeber sich deutlicher ausdrücken“, betonte Helm.

    Sie bezog sich dabei auf eine Forderung des Deutschen Juristentags 2016 und eine Gesetzesinitiative von Bayerns Justizminister Winfried Bausback aus dem vergangenen Jahr, die genau das angeklagte Verhalten unter Strafe stellen wollen. Der Gesetzesvorschlag hat es bisher aber nicht in den Bundestag geschafft.

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