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Retzstadt/Würzburg: Gestresste Lamas im Retztal? Warum Straßenlärm in Unterfranken auch außerhalb von Städten ein Problem ist

Retzstadt/Würzburg

Gestresste Lamas im Retztal? Warum Straßenlärm in Unterfranken auch außerhalb von Städten ein Problem ist

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    Kerstin Sprott (links) betreibt eine Lama Ranch außerhalb von Retzstadt im Landkreis Main-Spessart. Seit Jahren nervt sie der Verkehrslärm. Mit auf dem Bild: Helferin Claudia Wenzel und die Lamas Fifty Fifty und Samson.
    Kerstin Sprott (links) betreibt eine Lama Ranch außerhalb von Retzstadt im Landkreis Main-Spessart. Seit Jahren nervt sie der Verkehrslärm. Mit auf dem Bild: Helferin Claudia Wenzel und die Lamas Fifty Fifty und Samson. Foto: Fabian Gebert

    Grüne Weinberge, üppige Wiesen, zwei Lamas. Wer in der Hofeinfahrt von Kerstin Sprott steht, denkt  an nichts Böses. Die 48-Jährige betreibt hier draußen im Retztal, vor den Toren Retzstadts im Landkreis Main-Spessart, mit ihrer Familie und Helferin Claudia Wenzel eine Lama Ranch. Ein  Landidyll – wäre da nicht die Kreisstraße von Retzbach nach Gramschatz, die direkt an Sprotts Hof vorbeiführt. Wegen ihrer Kurven ist die Strecke sehr beliebt bei Motorradfahrerinnen und Motorradfahrern, sagt Sprott.

    Seit Jahren nervt sie, was sich am Wochenende regelmäßig vor ihrer Haustür abspielt. Rasende Autos, aufheulende Motorräder: "Der Lärm ist irre." Im Sommer arbeitet die Heilpraktikerin mit den Lamas und ihren Gästen zur Therapie draußen an der frischen Luft, veranstaltet Kindergeburtstage oder unternimmt Wanderungen, die Besucherinnen und Besuchern eine Auszeit von Stress und Trubel des Alltags bringen sollen. 

    "Was da manchmal abgeht, vor allem am Sonntag", sagt die Hofbetreiberin, "wenn ich eine Gruppe zu Besuch habe und etwas erkläre, da hört mich kein Mensch mehr." Abenteuerlich werde es, wenn sie mit ihren Lamas die Straße überqueren müsse, um auf die Wiese gegenüber zu kommen.

    "Ich bin selbst fast 30 Jahre Motorrad gefahren, mein Lebenspartner ist sogar Mitglied in einem Motorradclub", sagt die 48-Jährige. "Mittlerweile habe ich keine Lust mehr, weil ich mich so aufrege über die." Seit Jahren wünsche sie sich ein Tempolimit. Geschehen sei jedoch nichts.

    Tempolimit an der Kreisstraße: Landratsamt Main-Spessart sieht keine Notwendigkeit

    Zuständig für die Straße ist der Landkreis Main-Spessart. Auf Nachfrage, warum auf der Straße kein Tempolimit gilt, erklärt das Landratsamt: Eine Beschränkung sei nur dann rechtlich durchsetzbar, wenn "aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Verkehrsrisiko erheblich übersteigt", sagt Sprecherin Andrea Stiel.

    In Sachen Lärm mute man zudem Anliegern an verkehrstechnisch wichtigen Kreisstraßen mehr zu, als denen, die in reinen "Wohnstraßen" leben, so Stiel. Gemessen an den bisherigen Werten und Berechnungen, gehe das Landratsamt an der Strecke nicht von einer unzumutbaren Lärmsituation aus.

    Verkehrslärm hat laut ADAC zugenommen

    Forderungen nach Tempolimits bis hin zu Fahrverboten von Motorrädern auf bestimmten Strecken hat es auch in anderen Teilen Unterfrankens schon gegeben. Gerade die ländlichen Regionen Nordbayerns lockten mit ihren schönen Landschaften und kurvigen Strecken an den Wochenenden viele Motorrad- und Autofahrer an, sagt Simon Hiller, Sprecher des ADAC Nordbayern.

    Auch der ADAC verzeichne in den vergangenen Jahren mehr Lärm im Straßenverkehr. Während Städte und Ortschaften meist wegen der schieren Menge an Fahrzeugen von Verkehrslärm betroffen seien, fielen im ländlichen Raum eher einzelne laute Fahrzeuge auf, sagt Hiller. Die lautesten Lärmverursacher seien in erster Linie Motorräder und Sportwagen, die mit aufgemotzten Auspuffanlagen teilweise "die Grenzen des gesetzlich Möglichen" ausnutzten. "Hier ist der Sound des Gefährts für viele ein wichtiger Faktor", so der ADAC-Sprecher.

    Lärmproblem in der Tuning- und Poserszene hat weiter zugenommen 

    Das Polizeipräsidium Unterfranken bestätigt, dass das Lärmproblem vor allem in der Autotuning- und Poserszene in den vergangenen Jahren weiter zugenommen habe. Eine konkrete Zahl lasse sich nicht benennen. Doch gerade in Innenstädten und an Busbahnhöfen seien lautstarke und grundlos umherfahrende Fahrzeuge ein Problem, erklärt Polizeioberkommissar Philipp Hümmer. Außerorts werden bestimmten Strecke erst dann hinsichtlich des Lärmschutzes überwacht, wenn vermehrt Beschwerden aus der Bevölkerung eingehen, erklärt Gerhard Popp, Polizeihauptkommissar aus Aschaffenburg.

    ADAC startet Verkehrsinitiative für weniger Lärm

    Beim ADAC gingen zuletzt immer mehr Beschwerden über das Problem ein. Deshalb startete der Verkehrsclub in diesem Jahr die "Verkehrsinitiative für weniger Lärm" in Kooperation mit den Bayerischen Verkehrs- und Innenministerien. Der ADAC Nordbayern stelle den Gemeinden Hinweistafeln zur Verfügung, die an Problembereichen aufgestellt werden könnten, erklärt Sprecher Simon Hiller. Fahrerinnen und Fahrer sollen so einen Anreiz bekommen, ihre Fahrweise zu überdenken und gegebenenfalls die Drehzahl zu drosseln. ADAC Ortsclubs, Gemeinden oder Initiativen können sich beim ADAC Nordbayern um die Tafeln bewerben, sagt Hiller.

    Was bei Lärmverstößen im Straßenverkehr drohtLärmbelästigungen im Straßenverkehr werden von der Polizei als Ordnungswidrigkeit geahndet. Wie hoch diese ausfällt, ist vom Einzelfall abhängig. Fallen Motorräder oder Autos aufgrund von Lärm auf, droht Fahrerinnen und Fahrern ein Bußgeld von bis zu 100 Euro. Zudem können getunte Fahrzeuge von der Polizei sichergestellt und an der Weiterfahrt gehindert werden.Bei illegalen Umbauten am Fahrzeug muss das Fahrzeug auf die zugelassenen Lautstärke zurückgebaut und eine Sicherheitsüberprüfung beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) oder der deutschen Prüfgesellschaft Dekra vorgenommen werden.Quelle: Bußgeldkatalog

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