"Gerade kleine Betriebe wären von den geplanten Maßnahmen hart getroffen," sagt Edith Sachse, Nebenerwerbslandwirtin in Unterpleichfeld und stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in Franken. Diese versteht sich als Alternative zum Deutschen Bauernverband, weil sie die Interessen der klein- und mittelbäuerlichen Familienbetriebe vertritt und statt auf Wachstum, Intensivierung und Weltmarktorientierung auf den Erhalt vielfältiger bäuerlicher Betriebe setzt.

In einer aktuellen Pressemitteilung begrüßt die AbL die am Donnerstag überraschend angekündigte Rücknahme der Streichung der KFZ-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft als "ein wichtiges Signal an die Bäuerinnen und Bauern".

Aber auch die weiterhin geplante Kürzung der Dieselrückvergütung sollte gestrichen oder zumindest nach sozialen und agrarstrukturellen Kriterien so gestaffelt werden, dass kleine Betriebe stärker entlastet werden als große. "Das wäre eine Chance, kleinere Landwirtschaftsbetriebe zu stärken", sagt Edith Sachse.
Die geplanten Subventionsstreichungen hätten für die meisten dieser Betriebe zwar keine riesigen finanziellen Auswirkungen. Aber sie würden das Überleben der Höfe wieder ein Stück schwieriger machen. "Das ist für viele der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt", erklärt sie die Wut ihrer Kollegen. Dass diese trotz der teilweisen Rücknahme am Montag auch im Raum Würzburg protestieren wollen, ist laut Sachse deshalb verständlich.

Laut AbL hätte die Reduzierung von Subventionen beim Flugverkehr oder der Kohleverstromung viel umfangreichere Klimaschutzeffekte und würden den Bundeshaushalt genauso entlasten. Diese seien der Streichung der Dieselsubventionen vorzuziehen. Dies gelte auch vor dem Hintergrund der hohen Bedeutung der Erzeugung von Lebensmitteln durch die Bäuerinnen und Bauern.
Der Druck auf die Landwirtschaft steigt, die Erträge sinken
Die Ursachen für die aktuellen Proteste so vieler Bäuerinnen und Bauern liegen laut AbL aber viel tiefer. Bäuerinnen und Bauern bekämen die dringend notwendige Ökologisierung des Pflanzenbaus und den Umbau der Tierhaltung, hin zu umweltverträglich und artgerecht, aktuell weder über den Markt noch über die Förderung ausreichend wirtschaftlich honoriert.
Gleichzeitig steige der gesellschaftliche Druck zum notwendigen Umbau der Landwirtschaft immer weiter an. Dies würde für die Landwirte zu immer mehr Auflagen und bürokratischem Aufwand führen.
"Bäuerinnen und Bauern sind zudem noch immer nicht in der Lage, die damit verbundenen Mehrkosten innerhalb der Wertschöpfungskette am Markt weiter zu geben, obwohl Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bereits zu seinem Amtsantritt angekündigt hatte, sich für gerechte Erzeugerpreise, beziehungsweise für eine bessere Marktstellung der Bäuerinnen und Bauern einzusetzen", heißt es in der Pressemitteilung.
Perspektiven für die Höfe schaffen und Landwirtschaft umbauen
Martin Schulz, Bundesvorsitzender der AbL: "Die Bundesregierung muss endlich die Ursachen des Frustes so vieler Bäuerinnen und Bauern an der Wurzel packen, indem sie auf den Betrieben für Wertschöpfung sorgt. Der notwendige Umbau in der Landwirtschaft muss mit wirtschaftlichen Perspektiven für die Höfe verbunden werden."

Die AbL fordert von der Bundesregierung deshalb die kurzfristige Umsetzung von sechs Maßnahmen, die von der Einführung einer Abgabe auf Fleisch zur Finanzierung von mehr Tierwohl bis zu einem höheren Grunderwerbssteuer für Großgrundbesitzer reichen. Am 20. Januar ruft die AbL zur Teilnahme an der „Wir haben es satt“-Demonstration in Berlin auf, die einen grundsätzlichen Wandel in der Agrarpolitik fordert.
