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Zell: Lesecafé soll weiterhin den Austausch mit Sprache und Kultur fördern

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Lesecafé soll weiterhin den Austausch mit Sprache und Kultur fördern

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    Joelle Kurz, Felix Weismann, Joshua Raschke und Elias Rosenberger (von links) sind vier Mitglieder des fünfköpfigen Lesecafé-Teams. Im April 2023 werden sie das Projekt an Schülerinnen und Schüler der elften Klasse übergeben. 
    Joelle Kurz, Felix Weismann, Joshua Raschke und Elias Rosenberger (von links) sind vier Mitglieder des fünfköpfigen Lesecafé-Teams. Im April 2023 werden sie das Projekt an Schülerinnen und Schüler der elften Klasse übergeben.  Foto: Felix Hüsch

    Das junge Mädchen ist mit Mischen an der Reihe. Sie gibt ihrer Mitspielerin und sich selbst jeweils sieben Karten aus dem Uno-Junior-Deck und eröffnet die Runde. "Joelle, warum könnt ihr nicht jeden Tag kommen", fragt sie ihr Gegenüber in perfektem Deutsch und legt eine gelbe Drei. "Das geht leider nicht, wir haben zurzeit sehr viel zu tun", antwortet Joelle. "Aber ihr könnt doch einfach bei uns schlafen und eure Sachen hier machen", erwidert das Mädchen und sieht wenig später, wie Joelle ihre letzte Karte legt und "Uno Uno" ruft.

    Joelle Kurz und das Mädchen sitzen am Maltisch im Lesecafé der Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in der Veitshöchheimer Straße. Gemeinsam mit vier Mitschülerinnen und Mitschülern der Montessori Fachoberschule Würzburg (FOS), Ida Hock, Felix Weismann, Joshua Raschke und Elias Rosenberger betreut Joelle dort seit Oktober 2022 mittwochs und samstags im wöchentlichen Wechsel für ein paar Stunden Kinder aus geflüchteten Familien. "Mittwochs haben wir meistens so 15 bis 20 Kinder im Grundschul- oder Kindergartenalter, mit denen wir malen, lesen, spielen oder Hausaufgaben machen. Samstags gehen wir raus und spielen zum Beispiel Fußball", erklärt sie.

    Bildungskoordinatorin für Zugewanderte schlug Konzept der FOS vor

    Die Geburtsstunde des Lesecafés liegt weiter zurück. Zeynep Sen ist Bildungskoordinatorin für Zugewanderte am Sozialreferat Würzburg bei Hülya Düber und schrieb Anfang 2021 das Konzept für das Projekt. "Die Kernidee war es, Kindern einen Ort zu geben, an dem Lesen und die deutsche Sprache spielerisch erlernt werden können", sagt Sen, deren Vorschlag, die Idee mit einer Schülergruppe zu verwirklichen bei der FOS auf offene Ohren stieß. Als auch die Zusage der Unterkunftsleiterin Eva-Maria Schmitt vorlag, einen Raum im Frauenhaus nutzen zu können, stand einem Gemeinschaftsprojekt der Stadt Würzburg, der FOS und der Regierung von Unterfranken nichts mehr im Wege – bis Corona das erst einige Monate laufende Projekt vorerst auf Eis legte.

    Im September 2022 kam die damals dreiköpfige Gruppe bestehend aus Joelle Kurz, Ida Hock und Felix Weismann auf Sen zu und wollte das Projekt mit Unterstützung durch Joshua Raschke und Elias Rosenberger wiederbeleben. Aus den einstündigen Terminen im Lesecafé vom Vorjahr wurde durch eine Erweiterung des Angebots auch ein Spiel-, Mal- und Hausaufgabencafé, das die Kinder mehrere Stunden pro Einheit beschäftigen sollte "Die Kinder in der Unterkunft haben sich gefreut und ihre Eltern auch schnell Vertrauen gefasst. Es ist toll, junge Menschen mit Idealismus zu sehen", erinnert sich Sen, die mithilfe von externen Spendengeldern die Ausstattung des Lesecafés regelmäßig erweitern kann.

    Montessori-Grundsatz in der Raumaufteilung erkennbar

    Die vielseitige Ausstattung ermöglicht eine Raumaufteilung mit mehreren Bereichen. Ein Regal mit Kinderbüchern markiert den Beginn der Lese- und Sofaecke, wo Felix gerade mit zwei Zwillingsbrüdern in einem Buch mit Wimmelbildern vertieft ist. Gegenüber liegt die Spielecke, in der Joshua mit einem Mädchen "Vier gewinnt" spielt. In einer weiteren Ecke des Raumes steht der Mal- und Basteltisch, an dem mehrere Kinder mit Stiften, Scheren und Kleber zugange sind. So hat nach dem Montessori-Grundsatz der "vorbereiteten Umgebung" jeder Gegenstand im Lesecafé seinen festen Platz und kann von den Kindern gefunden und erreicht werden.

    Elias kommt als einziges Mitglied des Teams aus dem Gestaltungszweig der FOS und war daran beteiligt, die Wände des Raumes mit Bildern zu verschönern. Der Rest der Schülergruppe kann vor allem Kenntnisse aus dem Zweig Sozialwesen im Lesecafé praktisch anwenden. "Man baut zu manchen Kindern eine richtige Bindung auf. Teilweise haben sich sogar Freundschaften entwickelt", erzählt Joshua, der ergänzt, trotzdem seine Rolle als Autoritätsperson nicht zu vernachlässigen. "Wir haben auch schon Kinder rausgeschickt, die sich nicht an die Regeln halten." Die Gruppe fasziniere vor allem, wie Kinder ihr Verhalten und den Umgang miteinander im Laufe der Treffen entwickeln. Dazu gehöre auch die Verantwortung unter Geschwistern. Elias finde es außerdem schön, die Energie der Kinder zu sehen und dass diese auch ansteckend sein kann. "Da erwacht bei mir jedes Mal wieder etwas Kindliches."

    Projekt soll im April an Schüler der elften Klasse weitergegeben werden

    Ida Hock (hinten links) ist das fünfte Mitglied des Teams der Fachoberschule. In der Spielecke des durch Fördergelder ausgestatteten Raumes können Geschicklichkeit und Konzentration erprobt werden.
    Ida Hock (hinten links) ist das fünfte Mitglied des Teams der Fachoberschule. In der Spielecke des durch Fördergelder ausgestatteten Raumes können Geschicklichkeit und Konzentration erprobt werden. Foto: Felix Hüsch

    Eine der wichtigsten Beobachtungen und gleichzeitig Erfolge des Lesecafés liegt für Joelle im ständigen Kontakt, den die Kinder mit der anderen Sprache und der anderen Kultur haben. Dieser Wechsel sei gerade für Vorschulkinder und solche, die Traumata zu verarbeiten haben, sehr wichtig. Darin sehe sie auch einen Vorteil der Gemeinschaftsunterkunft. "Geflüchtete Menschen die in Privatwohnungen leben, haben immer die Möglichkeit, sich abzuschotten. Das geht hier nicht, auch durch unser Lesecafé."

    Da für die fünf Freunde im Sommer die Abiturprüfungen anstehen, soll das Projekt im April an Schülerinnen und Schüler der elften Klasse weitergegeben werden. "Acht oder neun Leute haben sich dafür interessiert. Die haben wir auch schon durch gemeinsame Termine mit den Kindern mit ins Lesecafé geholt", erklärt Ida. Der Wunsch sei, dass das Projekt immer wieder an den nächsten Jahrgang weitergegeben wird. Die Übergabe solle aber auch kein Blindflug werden, wie Joshua klarstellt. "Wir wollen sehen, ob die Leute dafür geeignet sind, weil uns wichtig ist, dass das Projekt auch unseren Nachfolgern wirklich am Herzen liegt."

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