Zu viel künstliches Licht zur falschen Zeit am falschen Ort – so lässt sich der Begriff "Lichtverschmutzung" in einem Satz zusammenfassen. Die Stadtbau GmbH, größter Vermieter in Würzburg mit mehr als 5000 Wohnungen, stellt sich dem Problem im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie: Die Beleuchtung in den Wohnquartieren der städtischen Tochtergesellschaft sollen in den kommenden Jahren so insektenfreundlich und nachhaltig wie möglich gestaltet werden.
Ende Dezember hatte diese Redaktion berichtet, dass die Umstellung der gesamten Würzburger Straßenbeleuchtung auf kostengünstige LED-Technologie abgeschlossen werden konnte. Dadurch sollen mehr als sechs Millionen Kilowattstunden Strom und damit etwa zwei Millionen Euro Kosten pro Jahr eingespart werden. Für Hans Sartoris fehlt bei dem Projekt allerdings der Gedanke an die Reduzierung von Lichtverschmutzung: "Kostengünstig in alle Richtungen LED-Licht abzustrahlen ist nicht mehr zeitgemäß", kommentierte der scheidende Stadtbau-Geschäftsführer unter der Online-Version des Artikels.
Grund genug bei der Stadtbau nachzufragen, ob dort das Thema inzwischen auf der Agenda steht. Das tut es: "Vermeidung von Lichtverschmutzung" steht bereits im Geschäftsbericht 2022 des Unternehmens als Teil eines Zehn-Punkte-Plans zur Erreichung der städtischen Klimaziele. "Wir fangen nach und nach damit an, uns um Natur- und Umweltfragen zu kümmern, wobei es dabei hauptsächlich um den Schutz von Insekten und Kleintieren geht", sagt Sartoris.
Stadtbau will in kommenden Jahren eine halbe Million Euro investieren
Neben der Begrünung von rund 350.000 Quadratmetern Freifläche ist ein neues Stadtbau-Projekt zur Beseitigung von Lichtverschmutzung ein wichtiger Baustein für ein "zunehmend umweltfreundliches und gesundes Umfeld für Mensch, Tier und Pflanzenwelt". Das hat die Lichtplanerin Diana Meyer, die die Stadtbau beim Thema Lichtverschmutzung berät, dem Unternehmen bescheinigt.
Das Thema ist einigermaßen komplex: Zum einen muss die Verkehrssicherheit, also die ausreichende Beleuchtung von Wegen, Hausfluren, Treppenhäusern und Tiefgaragen weiterhin sichergestellt werden. Zum anderen soll das Licht möglichst nicht mehr in Sträuchern, Baumkronen oder Schlafzimmerfenstern ankommen, sondern nur noch dort, wo es auch wirklich gebraucht wird. Es mache wenig Sinn, Häuserwände anzustrahlen oder den Nachthimmel zu beleuchten, betont Stadtbau-Projektleiter Albert Stauder: "Wir brauchen das Licht auf dem Boden."

Alleine wegen des geringeren Stromverbrauchs und der deutlich längeren Betriebsdauer ist die Umstellung auf LED-Lampen inzwischen Standard. Jetzt geht es zusätzlich um die Helligkeit, eine insektenfreundliche warmweiße Lichtfarbe von maximal 2800 Kelvin und vor allem um die Richtung, in die das Licht gelenkt wird: "Es lässt sich nicht an jeder Stelle umsetzen. Aber es ist wichtig, die Leute für das Thema zu sensibilisieren, damit es schon bei der Planung mitgedacht wird", sagt Hans Sartoris. Er geht davon aus, dass die Stadtbau in die umweltfreundliche und zeitgemäße Beleuchtung ihrer Quartiere in den kommenden 15 Jahren eine runde halbe Million Euro investieren wird.
Hersteller können noch gar nicht alle Wünsche erfüllen
Bisher gab es für die Architekten einen Standardkatalog für Lampen der Stadtbau. "Den habe ich selbst festgelegt, aber die Leuchten darin sind teilweise katastrophal, sie leuchten einfach ins Nirgendwo", hat Albert Stauder festgestellt. Auch bei den zuletzt fertig gestellten Neubauprojekten wie in der Zellerauer Michelstraße sei das Thema Lichtverschmutzung noch nicht mitgedacht worden.
Seit dem Start des Projekts im Herbst 2022 hat sich die Stadtbau sämtliche Quartiere genau angeschaut und auch erste Veränderungen vorgenommen. Dabei können die Hersteller noch gar nicht alle Wünsche erfüllen: "Wir waren zum Beispiel auf der Suche nach Wandleuchten mit Bewegungsmelder, die nur nach unten strahlen. Die gibt es im Moment aber nur bei einer italienischen Firma", berichtet Stauder.
An einigen Stellen wurden erste Maßnahmen bereits umgesetzt, zum Beispiel durch Dimmung der Helligkeit in den späteren Nachtstunden und zusätzliche Bewegungsmelder. In einem der Stadtbau-Wohnquartiere kann der Hausmeister die Beleuchtung inzwischen mit einer App vom Smartphone aus steuern und so dafür sorgen, dass es nicht heller ist als nötig. Dabei gab es eine für Albert Stauder erstaunliche Erkenntnis: "Wir konnten die Lichtstärke teilweise von hundert auf ein Prozent reduzieren, und es ist immer noch hell genug. Das konnten wir uns vorher nicht vorstellen."