Nicht einmal fünf Minuten braucht es, und der Kreistag hat am Montag über das Schicksal von Eva von Vietinghoff-Scheel, die seit April 2023 das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU) leitet, entschieden. Ihr Vorstandsvertrag, der am 31. März 2025 ausläuft, soll nicht verlängert werden. Die wichtigste Position im Unternehmen wird stattdessen neu ausgeschrieben.
"Es ist kein einfacher Tagesordnungspunkt", sagt Landrat Thomas Eberth kurz nach 9 Uhr. "Es wurde bereits viel gesprochen, verhandelt, geschrieben, interpretiert." Mehr sagt Eberth nicht. Mehr will er nicht sagen, weil er einen "zärtlichen Versuch eines Neuanfangs" anstreben möchte. Das hatte er im Vorfeld der Sitzung im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt. Stattdessen wird in der Sitzungsvorlage erklärt: "In den letzten Monaten war eine Zusammenarbeit zwischen Vorständin und Landrat schwierig, sehr angespannt und auf keiner vertrauensvollen Basis mehr möglich."
Dazu kommt ein laufendes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Würzburg, das wegen des Verdachts der Untreue gegen Vietinghoff-Scheel, KU-Vorstandsreferent Alexander Schraml (bis März 2023 KU-Vorstand) und eine weitere Führungskraft des Kommunalunternehmens seit Dezember 2023 läuft. Dieses würde das Vertrauensverhältnis weiter stören, heißt es in der Vorlage für die Kreistagssitzung.
Kein Wort der Aussprache im Kreistag
Am Montag wird darüber und über das angespannte Verhältnis zwischen Eberth und Vietinghoff-Scheel nicht gesprochen. Der Landrat äußert sich im Kreistag nicht weiter dazu. Alle Fraktionsvorsitzenden schweigen. Auch die Kreisrätinnen und Kreisräte bleiben stumm. Niemand erklärt den etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kommunalunternehmens, die von der Tribüne aus die Sitzung verfolgen, und den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises die eigentlichen Beweggründe.

Bereits im Dezember wollten die Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen, SPD und Unabhängige Wähler-Gemeinschaft (UWG)/Freie Wähler (FW) mit ihrer Mehrheit im Kreistag eine Vertragsverlängerung für die KU-Chefin durchsetzen. Damals wurde auf Antrag von Wolfgang Kuhl (FDP) die Debatte hinter verschlossenen Türen geführt. Am Ende wurde dann aber öffentlich formuliert: "Der Kreistag strebt eine weitere Zusammenarbeit mit Frau von Vietinghoff-Scheel und eine erneute Bestellung als Vorständin vom 1. April 2025 bis 31. März 2030 an."
Beschäftigte stehen solidarisch hinter Vietinghoff-Scheel
Auch dazu am Montag kein Wort. Knapp fünf Minuten dauert die von CSU-Fraktionschef Björn Jungbauer geforderte namentliche Abstimmung. Am Ende steht fest: 30 Kreistagsmitglieder stimmten für die von Grünen, SPD und UWG/FW favorisierte Vertragsverlängerung, 35 dagegen. Abgestimmt haben 65 von 66 anwesenden Kreisrätinnen und Kreisrätinnen, vier fehlten. In einer weiteren Abstimmung setzt sich schließlich die von Landrat Eberth und der CSU-Fraktion bevorzugte Lösung, die Vorstandsposition neu auszuschreiben, bei 24 Gegenstimmen durch.

Wenige Minuten danach ist die Sitzung beendet, aber für viele noch längst nicht abgeschlossen. Vor allem nicht für die Beschäftigten des Kommunalunternehmens. Vor der Tür des Sitzungssaals warten sie auf ihre Chefin, um ihr einerseits Solidarität, andererseits aber auch ihren Frust zu vermitteln. Eine Frau ärgert sich über die CSU und den Landrat: "Die fahren das Unternehmen in voller Fahrt gegen die Mauer", sagt sie. "Wir gehen jetzt rückwärts, werden in die Zwangsjacke gesteckt", sagt ein anderer, der fürchtet, dass die Kreispolitik nun die unternehmerische Freiheit des Kommunalunternehmens einschränken will.
Vietinghoff-Scheel hatte bei einer Niederlage eigentlich überlegt, als Vorständin zurückzutreten. "Ich stehe für eine Wiederbestellung nach wie vor zur Verfügung", sagt sie. Dafür, dass sie noch bis Ende März 2025 bleiben möchte, zollen ihr die Mitarbeiter langen Beifall.