Ist die Mainwasser-Leitung für die Bergtheimer Mulde schon beschlossene Sache, obwohl Kosten, Auswirkungen oder Alternativen noch gar nicht untersucht und diskutiert wurden? Äußerungen von Vertretern von Regierung von Unterfranken und Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg vor Landwirten haben kürzlich diesen Eindruck entstehen lassen. Jetzt äußern sich Umweltschützer, Landespolitiker und Würzburgs Landrat Thomas Ebert dazu.
Kerstin Celina (Grüne): Die Behörden stehen unter Druck von oben
Nicht überrascht von den Aussagen der Behördenvertreter ist Landtagsabgeordnete Kerstin Celina aus Kürnach. "Diese Haltung wird von der Söder-Regierung vorgegeben", sagt die Grünenpolitikerin. Für die Behörden hat Celina deshalb Verständnis: Sie stünden unter dem Druck von oben und unter dem von einzelnen Politikern aus der Region.
Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) wolle der Klimakrise mit technischen Lösungen begegnen. Eine technische Einzelfalllösung für diese Region greife zu kurz, kritisiert Celina. "Wir brauchen in unserer trockenen Region am Main ein Gesamtkonzept sowie zukunftsgerichtete, langfristige Lösungen, die auch einen echten Systemwechsel in Bezug auf die Nutzung unserer landwirtschaftlichen Flächen beinhalten."
Volkmar Halbleib (SPD): Es fehlt ein Gesamtkonzept für ganz Mainfranken
Ein "Gesamtkonzept, das das ökologische Gleichgewicht im Main auf Dauer für ganz Mainfranken sicherstellt", fordert auch der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib. Entnahme von Mainwasser könne nur dann Teil einer Lösung sein, "wenn Bewässerungsmethoden flächendeckend deutlich wassersparender werden, nicht nur in der Landwirtschaft, sondern in der gesamten Grundwasser-Nutzung".
Für die Debatte um eine nachhaltige Wasserlösung in der Bergtheimer Mulde fehle ein konkretes "Niedrigwassermanagement". Dieses müsse darlegen, wie Wasser in der Fläche gehalten und Grundwasser geschützt wird. Laut Halbleib wurde dieses Konzept schon lange versprochen, "ist aber leider bisher an Differenzen zwischen Landwirtschafts- und Umweltverwaltung gescheitert".
Landrat Thomas Eberth (CSU): Die Machbarkeitsstudie muss ergebnisoffen sein
"Die Bürgermeister der Region und ich wollen, dass in der jetzt laufenden Machbarkeitsstudie alle Konsequenzen von Mainwasser-Entnahme vom Artenschutz bis zur gesellschaftlichen Entwicklung untersucht werden", betont der Würzburger Landrat Thomas Eberth (CSU).

"Die Prüfung muss ergebnisoffen sein." Deshalb wäre es schade, wenn der Prozess mit vorgefertigten Meinungen geführt werde. Die Machbarkeitsstudie soll laut Eberth wissenschaftliche Fakten für eine möglichst emotionsfreie Diskussion über eine mögliche Mainwasserleitung liefern.
Steffen Jodl (Bund Naturschutz): Jede weitere Wasserentnahme verschlechtert die Situation
Der Bund Naturschutz (BN) ist bestürzt über die Signale, die Regierung und Wasserwirtschaftsamt aussenden. "Scheinbar geht es weiterhin in erster Linie nur darum, genügend Wasser für eine Bewässerung bereitzustellen", sagt der Würzburger BN-Geschäftsführer Steffen Jodl.
Dass die Behörden, wie berichtet, weiter die Entnahme von Grundwasser genehmigen und dabei bewusst gegen das "Verschlechterungsverbot" verstoßen, nachdem sich der Zustand des Grundwassers durch behördliche Vorgaben nicht verschlechtern darf, nennt Jodl "unfassbar". Die kürzlich veröffentlichen wissenschaftlichen Untersuchungen zur Bergtheimer Mulde hätten gezeigt: "In den Randbereichen ist das Grundwasser um bis zu fünf Meter zurückgegangen. Jede weitere Entnahme verschlechtert die ohnehin schon kritische Situation."

Andrea Angenvoort-Baier ("Wasser am Limit"): Viel Grundwasser für Anbau von Kühne-Gurken
Dass die Behörden Landwirten weiter Grundwasser für die Landwirtschaft genehmigen, kritisiert auch Andrea Angenvoort-Baier. Als Grund, "warum einige wenige Großagrarbetriebe weiterhin Grundwasser bekommen sollen, wird von Behördenvertretern und Polikern die Versorgung der Bevölkerung mit gesundem regionalem Gemüse angegeben", sagt Sprecherin des Würzburger Agenda21-Arbeitskreises "Wasser am Limit".
Dabei könne niemand seriös angegeben, wie viele von den in der Region Bergtheim angebauten Möhren oder Kohlköpfen tatsächlich zur Versorgung Unterfrankens angebaut werden. "Die meisten Felder von Hausen und Bergtheim werden für den Anbau von Gewürzgurken für Kühne bewässert", sagt Angenvoort-Baier. Und diese würden wohl zum größten Teil außerhalb der Region gegessen.