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Malerin sauer: Frechheit siegt

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Malerin sauer: Frechheit siegt

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    Ihr Leben lang hat Rita Kuhn Portraits gemalt. Jetzt musste sie dafür büßen, dass sie das immer auf Vertrauensbasis getan hat, ohne Auftrag und Preis schriftlich festzuhalten. "Denn vor Gericht muss derjenige, der Geld haben will, das auch beweisen", so Richterin Dr. Ursula Trojan-Limmer.

    Wie berichtet, muss die angesehene Malerin im Alter von 88 Jahren zum ersten Mal die Justiz bemühen, um Honorar für ein Bild zu erstreiten. Susi Meier (Name von der Redaktion geändert) hat nach der Schilderung von Rita Kuhn ein Porträt in Auftrag gegeben, dieses aber nach Fertigstellung nicht bezahlt. Da die Frau aus dem Landkreis auch nach Mahn- und Vollstreckungsbescheid nicht die Aufwandsentschädigung von 400 Euro aufbrachte, ging die Klage ans Amtsgericht.

    Bislang hatte Susi Meier ihr Verhalten mit Mängeln an dem Bild erklärt: Es gefiel ihr nicht. In der Verhandlung trägt die ältere Frau in jugendlicher Kleidung eine ganz neue Version vor: Sie habe das Porträt niemals in Auftrag gegeben.

    "Als Modell entdeckt"

    Rita Kuhn habe sie auf der Straße als Modell entdeckt. Im Atelier in der Franziskanergasse hätten sie gemeinsam Tee getrunken und lange Gespräche über Literatur geführt, erzählt die Frau, die nach eigenen Worten gerne dichtet. "Ich bewundere die Kunst von Frau Kuhn." Auch aus "Mitleid" sei sie als gelernte Altenpflegerin zu Besuch gekommen und habe Bücher gelesen, während Rita Kuhn "pinselte".

    Die Malerin bewahrt bei diesen Ausführungen nur mühsam die Fassung. "Das ist alles erdichtet!" klagt die 88-Jährige, eine der letzten Zeitgenossen aus der Künstlerkolonie "Neue Welt". Erregt schildert sie, wie Susi Meier Größe, Hintergrund und Motiv des Bildes festgelegt habe, wie die Frau nach einem Dutzend Sitzungen böse geworden sei, "weil sie auf dem Bild zu alt sei".

    Nachdem sich diese Versionen so deutlich widersprechen, scheint die entscheide Frage: Glaubt die Richterin eher der Malerin oder der Hobby-Dichterin? Ursula Trojan-Limmer geht auf die Glaubwürdigkeit der Beteiligten nicht näher ein. Für die Urteilsfindung braucht sie handfeste Beweise - und die fehlen. Deshalb appelliert sie an die Parteien, einen Vergleich zu schließen.

    Rita Kuhn kann sich nur schwer dazu durchringen. 300 Euro ist das Angebot, zu dem ihr Rechtsanwalt Karl Holter sie schließlich überredet. "Sie müssen sich von dem Gedanken verabschieden, dass vor Gericht die Wahrheit herausgefunden wird," argumentiert Holter für den Vergleich und das Ende des Rechtsstreits.

    Die Beklagte feilscht um jeden Euro. Dass sie 20 Minuten vorher die Worte "Mitleid" und "Bewunderung" in den Mund genommen hat, scheint sie vergessen zu haben. Schließlich einigt man sich auf 200 Euro für Rita Kuhn.

    "Ein maues Ergebnis"

    Für die selbstständige Künstlerin mit magerer Rente ein maues Ergebnis, das nicht einmal ihre Kosten für Gericht und Anwalt deckt. Susi Meier hatte dagegen besser streiten: Sie hat eine Rechtsschutzversicherung.

    Sichtlich mitgenommen von den schlaflosen Nächten vor dem Prozess, lässt Rita Kuhn nach der Verhandlung den Kopf nicht hängen. Obwohl "Frechheit und Rücksichtslosigkeit gesiegt haben", sei Humor langfristig die bessere Waffe. Das Porträt des Anstosses will sie nun versteigern.

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