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VEITSHÖCHHEIM: „Man muss schon ein Narr sein, um vieles zu ertragen“

VEITSHÖCHHEIM

„Man muss schon ein Narr sein, um vieles zu ertragen“

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    Die Hausherren der Fastnacht in Franken: Bürgermeister Jürgen Götz (links) und Alt-Bürgermeister Rainer Kinzkofer.
    Die Hausherren der Fastnacht in Franken: Bürgermeister Jürgen Götz (links) und Alt-Bürgermeister Rainer Kinzkofer. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Seit 1988 ist Veitshöchheim Gastgeber der Fernsehsendung „Fastnacht in Franken“. Dabei wollte der Fastnachtsverband Franken eigentlich jedes Jahr in einem anderen Regierungsbezirk zu Gast sein. Aber es kam anders. Warum, das weiß Rainer Kinzkofer. Er ist quasi das Gesicht der Fastnacht in Franken. Als Bürgermeister hatte er in 26 Sendungen seinen Platz neben dem Ministerpräsidenten. Und sein Nachfolger Jürgen Götz hatte schon in seiner Jugend den Wunsch, einst neben dem Landesvater zu sitzen.

    Frage: Herr Kinzkofer, darf man denn als Obernarr in Bayerns bekanntestem Faschingsdorf . . .

    Rainer Kinzkofer (unterbricht): Wir sind schon längst über das Dorf hinausgewachsen und eine Gemeinde!

    Da haben Sie natürlich recht. Zweiter Versuch. Darf man denn als Obernarr in Bayerns bekanntester Faschingsgemeinde überhaupt ein Faschingsmuffel sein?

    Kinzkofer: Faschingsmuffel darf man freilich sein. Ich war früher auch einer. Aber meine Familie war in den Fasching integriert. Meine Frau war 34 Jahre in der Bütt. Meine beiden Kinder haben getanzt. Eine Tochter war sogar Deutsche Meisterin. Und ich war der Senator im Hintergrund, der für die atmosphärischen Betreuungsphasen mit verantwortlich war.

    Sind Sie denn durch die Sendung „Fastnacht in Franken“ wenigstens zum Faschingsfan geworden?

    Kinzkofer: Sicherlich.

    Und Sie, Herr Götz? Sie sind ja mit „Fastnacht in Franken“ aufgewachsen.

    Jürgen Götz: Ich habe die Sendung von Anfang an am Bildschirm mit verfolgt. Anfangs war der Trubel ja noch nicht so groß wie jetzt. Dass beispielsweise die Abendschau auch noch aus Veitshöchheim berichtet, das gab es früher nicht. Da war alles noch viel kleiner. Da hatte man auch noch Probleme, den Saal zu füllen.

    Wie hat Sie „Fastnacht in Franken“ geprägt? Waren Sie ein Faschingsfan oder sind Sie erst zu einem geworden?

    Götz: Mir ist das Faschingstreiben mit in die Wiege gelegt worden. Meine Mutter hat in der Gründungsphase des Veitshöchheimer Carneval Clubs in der Garde getanzt – und ich bin da schon im Mutterleib mitgehüpft und habe Bühnenluft geschnuppert. Deswegen war ich schon immer faschingsbegeistert.

    Altkanzler Schröder hat an den Stäben des Kanzleramts gerüttelt. Wie war das bei Ihnen, Herr Götz? Saßen Sie auch zuhause vor dem Fernsehgerät und dachten sich, Mensch, bei „Fastnacht in Franken“ will ich auch unbedingt mal neben dem Landesvater sitzen?

    Götz: Ich habe die Sendung oft zusammen mit meinen Kumpels gesehen. Und irgendwann, eher aus Blödsinn, habe ich gesagt: Da irgendwann einmal zu sitzen, das ist mein Ziel.

    Es ist ja auch was daraus geworden.

    Götz: Dass es dann so kommt, damit konnte man damals wirklich nicht rechnen.

    Wie viele Ministerpräsidenten haben Sie eigentlich hier in Veitshöchheim begrüßen dürfen, Herr Kinzkofer?

    Kinzkofer: Drei – von sehr unterschiedlichen Charakteren.

    Das waren?

    Kinzkofer: Seehofer, Stoiber, Beckstein.

    Haben alle Veitshöchheim wieder mit einem Lächeln verlassen oder blieb bei dem einen oder anderen etwas zurück?

    Kinzkofer (zögert): Das wäre jetzt schon sehr intern, wenn ich private Erlebnisse ausplaudern würde.

    Sie müssen ja keine Namen nennen.

    Kinzkofer: Eine Frau hat mal zu ihrem Mann gesagt, es wäre gut, wenn Du mal lachen würdest.

    Das war die Frau Stoiber?

    Kinzkofer: Das kann ich nicht bestätigen. Eine andere hat ihren Mann immer sehr genau beobachtet, ob er richtig im Bild ist. Aber fragen Sie jetzt nicht, wer das war.

    Stoiber soll aber schon recht humorlos gewesen sein, oder?

    Kinzkofer: Ja, gut, freilich. Aber es hat ihm schon gefallen.

    Wie schwer ist es Ihnen eigentlich persönlich gefallen als roter Indianer neben den schwarzen Häuptlingen zu sitzen?

    Kinzkofer: Da habe ich keine Berührungsängste. Ich bin ja Kommunalpolitiker. Und als Bürgermeister einer so bedeutenden Gemeinde muss man schon ein Narr sein, um vieles zu ertragen.

    Small-Talk ist nicht so Ihr Ding, oder?

    Kinzkofer: Aber freilich. Ein Bürgermeister muss doch permanent Small-Talk führen, mit den Bürgern – und mit dem Ministerpräsidenten.

    Haben Sie eigentlich immer das Kostüm ausgesucht oder Ihre Frau?

    Kinzkofer: Wegen des Wiedererkennungswertes als Bürgermeister macht es ja keinen Sinn, wenn ich mich wie Söder verkleide. Deswegen war ich ja auch immer wenig kostümiert, aber mit dem bunten Jackett und dem Hut natürlich närrisch gekleidet.

    Herr Götz, wie ist das bei Ihnen? Entscheiden Sie, was Sie anziehen?

    Götz: Wir überlegen schon gemeinsam. Meine Frau näht ja sehr gerne und hat dann auch die eine oder andere Idee, was sie anziehen könnte. Und da schauen wir natürlich, dass das aufeinander abgestimmt ist. Im letzten Jahr waren wir als Schneemänner verkleidet – das war die Idee meiner Frau. Für mich als Bürgermeister ist das nicht ganz einfach. Man will ja auch noch erkannt werden.

    Eine Verkleidung à la Söder kommt für Sie also nicht in Frage?

    Götz: Ja, das würde ich schon so sagen. Es gibt vielleicht Ausnahmen, aber da muss ich dann schon genau schauen. Aber Söder will sich ja auch nicht mehr so extravagant kostümieren, wenn er mal Ministerpräsident ist.

    Apropos Söder: Er ist mit seinen ausgefallenen Maskeraden zum Star der „Fastnacht in Franken“ geworden, zumindest unter den Politikern.

    Kinzkofer: Was die Kostümierung betrifft, auf jeden Fall. Wobei andere, wie beispielsweise Günther Beckstein, auch nach intensiver Beratung und Einflussnahme der Ehefrau sich toll verkleidet haben. Der Innenminister kommt dagegen immer als Cowboy, was wir vielleicht mal gemocht haben, als wir noch Kinder waren.

    Herr Kinzkofer, wie kommt es denn eigentlich dazu, dass die „Fastnacht in Franken“ so beliebt geworden ist?

    Kinzkofer: Die Sendung war ja anfangs nicht ganz unumstritten. Auch zwischen Fastnacht-Verband und Fernsehen. Zu Beginn, Ende der 80-er Jahre, wollte das Bayerische Fernsehen die Sendung an die ARD verkaufen. Mittlerweile ist das kein Thema mehr. Seit 1992 ist „Fastnacht in Franken“ die beliebteste und einschaltquotenstärkste Sendung des Bayerischen Fernsehens. Und wenn Sie mich jetzt fragen, was macht die Sendung so beliebt, gerade im Gegensatz zu den Sendungen aus Köln, dann sind es unsere fränkischen Fastnachter. Sie beherrschen das Instrumentarium der karnevalistischen Unterhaltung. Stoiber hat es sinngemäß mal so formuliert: Diese Sendung ist ein Hochamt der fränkischen Kultur- und Lebensfreude.

    Nun schalten rund fünf Millionen Menschen die Sendung ein. Da wird auch der Veitshöchheimer Bürgermeister zum Star. Es heißt, sie werden sogar in New York erkannt, oder war es Rom?

    Kinzkofer: Diese Entwicklung hätte ich nach den ersten Sendungen nicht so vorausgesehen. Ich hatte damals auch im Gemeinderat erhebliche Probleme, weil „Fastnacht in Franken“ auch 14 Tage die Mainfrankensäle blockierte und der Gemeinde die Einnahmen fehlten. Da musste ich noch jedes Jahr berichten, was die Sendung die Gemeinde kostet.

    Und wo wurden Sie nun erkannt?

    Kinzkofer: In welchen Städten das nun genau war, weiß ich nicht mehr. Aber es ist durchaus schon vorgekommen, dass mich in München, Hamburg oder Amsterdam Leute angesprochen haben: ,Mensch, Sie kenne ich doch.'

    Nach der ersten Sendung von „Fastnacht in Franken“ aus Lichtenfels 1987 war eigentlich geplant, die Austragungsorte jährlich zu wechseln. Wie kam es zur Dauersendung aus Veitshöchheim?

    Kinzkofer: Der Fastnachtsverband wollte den Austragungsort ändern. Jährlich sollte aus einem anderen Regierungsbezirk gesendet werden. Auch als Verpflichtung den Mitgliedern gegenüber. Das Fernsehen hat aber immer gesagt, wir produzieren nicht für 1000 oder 2000 Zuschauer im Saal, sondern für die Zuschauer am Fernseher.

    Und dazu kommt, dass sich das Fernsehteam hier in Veitshöchheim wirklich betreut gefühlt hat. Einmal durch den hiesigen Faschingsverein, den VCC, aber auch durch die Gemeinde.

    Herr Götz, wie profitiert denn die Gemeinde davon?

    Der Bekanntheitsgrad der Gemeinde hat durch die Sendung natürlich deutlich zugenommen. Das merkt man schon allein bei Radiodurchsagen, auch bei denen im Bayerischen Rundfunk. Früher gab es kaum einen Sprecher, der Veitshöchheim nahezu unfallfrei aussprechen konnte. Jetzt ist das kein Problem mehr. Vor und nach der Sendung sind unsere Hotels ausgebucht.

    Bekommen Sie alle Gäste im Ort unter?

    Götz: Nein, dafür reicht die Kapazität hier im Ort nicht aus. Aber wir haben während des Jahres natürlich viele Besuchergruppen, die Veitshöchheim besuchen und den Saal sehen wollen. Und sind dann enttäuscht, wenn sie den nackten Saal sehen. Deswegen haben wir jetzt auch die Ausstellung im Foyer, damit die Besucher zumindest einen Eindruck von der „Fastnacht in Franken“ bekommen. Für die Auslastung der Mainfrankensäle ist es auch kein Fehler, wenn durch die Fernsehsendung Werbung für den Veranstaltungsort gemacht wird.

    Was ist der Preis dafür?

    Götz: Die Gemeinde engagiert sich mit, der Bauhof ist eingesetzt. Wir unterstützen das BR-Team und den Fastnachtsverband, wo Hilfe notwendig ist. Unser Kulturamt ist involviert. Es ist über die Jahre ein gutes Miteinander gewachsen. Man kennt sich, schätzt sich und ergänzt sich. Nach 30 Jahren geht vieles Hand in Hand.

    Und Sie werden sicher auch ständig um Karten angepumpt?

    Götz: Mit den Kartenanfragen, die an mich persönlich kommen, könnten wir den Saal noch einmal füllen. Dabei hat die Gemeinde überhaupt nichts mit der Kartenvergabe zu tun.

    Kinzkofer: Es sind über 10 000 Anfragen. Und wir haben nur 550 Plätze.

    Wie ist das denn für Sie Herr Kinzkofer jetzt, wo Sie nicht mehr im Rampenlicht stehen? Schauen Sie zuhause oder sind Sie im Saal dabei?

    Kinzkofer: Bis auf einmal bin ich immer im Saal dabei gewesen. Ich kenne ja noch viele Mitwirkende oder die Leute vom Fernsehteam. Das ist nun schon eine andere Situation. Aber damit kann ich leben.

    Es fielen Ihnen schwer, in die zweite Reihe zu treten?

    Kinzkofer: Schwer nicht. Aber es ist eine Umstellung. Und ich würde die Unwahrheit sagen, wenn ich nicht andeuten würde, dass man sich daran gewöhnen und an sich arbeiten muss, damit man das verkraftet.

    Wie sehr hängt Ihnen der „Arsch mit Ohren“ eigentlich noch nach?

    Kinzkofer (schmunzelt): Detlef Wagenthaler und ich waren befreundet. Es war ja auch Barbara Stamm betroffen, die der damalige Sitzungspräsident als „Brauereifass“ bezeichnet hatte. Ich wurde danach bundesweit von Zeitungsredaktionen und Rundfunksendern angerufen und dazu befragt. Allen habe ich gesagt, dass ich das überhört habe. Der damalige Leiter des BR-Studios Franken hat mir geschrieben und wollte mir beweisen, dass es ja sogar positiv gemeint war. Es hatte ja auch eine positive Wirkung. Barbara Stamm und ich tragen ihm das nicht nach. Auch der Freundschaft zu Detlef Wagenthaler hat das nicht geschadet. Es war ja nicht nur Wagenthaler allein dafür verantwortlich. Die Moderation wird ja abgenommen und bei einer Nachbesprechung abgesegnet. Niemandem ist das aufgefallen. Nur den Fernsehzuschauern.

    Muss man als Politiker diesen „Arsch mit Ohren“ hinnehmen oder gibt es - Fasching hin oder her - Grenzen des guten Geschmacks?

    Kinzkofer (zögert): Eine schwierige Frage . . . Aber wenn man einen gestärkten Charakter und ein Wesen hat, dann nimmt man das hin. Da steht man über der Sache.

    Der Bürgermeister als Gastgeber sitzt immer direkt neben dem Landesvater. Der wird ja das ein oder andere Mal aufs Korn genommen und Sie bekommen jede Regung direkt mit.

    Götz (schmunzelt): Klar, wobei ich nur Seehofer beurteilen kann. Ich kann an seinen Regungen aber nicht erkennen, wie nahe ihm jetzt ein Gag geht oder nicht. Er lässt zwar dann ab und und zu mal eine Bemerkung fallen, aber er hat eigentlich stets sein Lächeln auf. Und wie heißt es so schön: Die Höchststrafe ist es, wenn man nicht in der Sendung genannt wird. Darüber kann er sich eigentlich nicht beschweren.

    Gab es denn schon einmal einen Witz, bei dem Sie schlucken mussten, Herr Götz?

    Götz: Damals, der Spruch über den „Arsch mit Ohren“, das hat mich schon gerissen. Ich habe das damals vor dem Fernseher mitbekommen. Und hinterher wurde sogar im Gemeinderat darüber diskutiert.

    In welchem Kostüm sehen wir Sie Freitagabend?

    Götz (zögert).

    Kinzkofer: Ich kann ihm vielleicht ein bisschen helfen. Durch meine Einflussnahme im begrenztem Maße – natürlich kann er machen, was er will – stellt er jetzt auch den Wiedererkennungswert in den Vordergrund und wird sich nicht bis zur Unkenntlichkeit verkleiden. Denn Sie werden doch bundesweit erkannt.

    Aber ist das nicht langweilig, sich im Fasching nicht zu verkleiden?

    Kinzkofer: Was heißt, sich nicht zu verkleiden? Ich habe Glitzer in den Haaren. Ich ziehe ein Jackett an, das ich normalerweise nicht trage und ein Hemd. Das ist auch eine Verkleidung.

    Götz: Also ich werde auf jeden Fall mehr verkleidet sein als es der Ministerpräsident üblicherweise ist. Sagen wir es mal so.

    Zum 30. Mal aus Veitshöchheim Die BR-Fernsehsendung „Fastnacht in Franken“ gibt es zwar schon seit 31 Jahren. In diesem Jahr aber wird sie zum 30. Mal live aus Veitshöchheim ausgestrahlt. Das Bayerische Fernsehen überträgt die Prunksitzung des Fastnachtsverbandes Franken aus den Mainfrankensälen ab 19 Uhr. Wiederholungen: Samstag, 3. Februar 20.15 Uhr, Dienstag, 13. Februar 12 Uhr.

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