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WÜRZBURG: Manches Schicksal ist scheußlich

WÜRZBURG

Manches Schicksal ist scheußlich

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    Martina Apel sagt verzweifelten Menschen am Telefon nicht, was sie anders machen sollen. Sie hört zu und fragt vorsichtig nach.Foto: Pat Christ
    Martina Apel sagt verzweifelten Menschen am Telefon nicht, was sie anders machen sollen. Sie hört zu und fragt vorsichtig nach.Foto: Pat Christ

    Ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge tätig zu sein, ist eine lohnende Erfahrung. So das Ergebnis einer deutschlandweiten Studie, an der die Würzburger Einrichtungsleiterin Ruth Belzner federführend mitgewirkt hat. In Würzburg gelingt es bereits seit 40 Jahren, Tag für Tag einen ehrenamtlich organisierten 24-Stunden-Dienst zu organisieren. Die tägliche Gesprächszeit liegt derzeit bei durchschnittlich 10,5 Stunden - womit sie sich gegenüber 2011 noch mal gesteigert hat.

    Moralisieren, das ist tabu. Nimmt Martina Apel den Hörer ab, lauscht sie erst einmal dem, was ihr Gegenüber zu sagen hat. Bevor sie nachfragt. Erstmals vorsichtig etwas kommentiert. Warum ist der Mensch am anderen Ende der Leitung so unermesslich traurig? Warum und wovor hat er so große Angst? Martina Apel ist eine von 80 Freiwilligen bei der Würzburger Telefonseelsorge. Seit über sieben Jahren leistet sie ehrenamtlich Dienst. Mit zwölf Menschen spricht sie pro Vier-Stunden-Schicht im Schnitt. Viele rufen an. 14 200 Menschen waren es 2011. „Auch heuer scheinen sich die Anruferzahlen auf diesem hohen Niveau zu bewegen“, so Belzner.

    Menschen, die das Gefühl haben, dass niemand mehr für sie Partei ergreift, finden bei der Telefonseelsorge ein verständnisvolles Gegenüber. Mehr als jeder fünfte Anrufer hat zwischenmenschliche Probleme. Die Beziehung passt nicht mehr. Es kriselt in der Ehe. Oder die Situation in der Familie hat sich dramatisch zugespitzt. „Über 17 Prozent derjenigen, die uns kontaktieren haben seelische Probleme“, so Belzner. 2,5 Prozent denken an Selbsttötung oder stecken in einer suizidalen Krise. Bei einer Gesamtzahl von fast 15 000 Anrufern sind das rund 375 Menschen im Jahr: „Das heißt, etwa täglich ruft eine Person deswegen bei uns an.“

    Ehrenamtliche wie Martina Apel werden häufig mit einer bitteren Realität konfrontiert. Abstand zu gewinnen, ist manchmal nicht leicht, sagt die Vorsitzende des Trägervereins Telefonseelsorge. „Einer meiner ersten Anrufer war ein Junge von vielleicht elf oder zwölf Jahren. Er wurde misshandelt und danach zu Hause eingesperrt.“ Das Kind konnte sich am Telefon nur schwer verständlich machen: „Wahrscheinlich hat man ihm auch auf den Mund geschlagen.“ Solche Schicksale dürfen den Freiwilligen nicht in dem Maß nahegehen, dass eigene negative Lebensereignisse aufgewühlt oder sie selbst psychisch in Mitleidenschaft gezogen werden.

    Bevor der reguläre Schichtdienst in der Telefonseelsorge beginnt, werden die Ehrenamtlichen deshalb gründlich ausgebildet. Das Interesse an der Ausbildung ist kontinuierlich hoch - obwohl sich jeder, der die Schulung beginnt, im Anschluss zu zwei Jahren Ehrenamt bereit erklären muss.

    Alle freuen darauf, den 40. Geburtstag ihres Dienstes am 15. Juni gemeinsam feiern zu können.

    Telefonseelsorge

    Die Würzburger Einrichtung ist eine von 150 Telefonseelsorgen in Deutschland. Jeder Anruf unter 0800-1110111 oder 0800-1110222 ist gebührenfrei, Die Ehrenamtlichen leisten drei Dienstschichten zu je vier Stunden pro Monat und mindestens alle zwei Monate eine neunstündige Nachtschicht.

    Wer Interesse an einer Mitarbeit hat, kann sich bis 18. Juni für den neuen Kurs im September bewerben. Kontakt: Telefonseelsorge Würzburg, Postfach 11 08 12, 97080 Würzburg, E-Mail info@telefonseelsorge-wuerzburg.de

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