Naturnahes Gärtnern und Selbstversorgung mit Obst und Gemüse haben durch die aktuellen Krisen eine starken Aufschwung erfahren. Auch der Obst- und Gartenbauverein Rottendorf hat dies zuletzt erfahren: "Wir haben viele junge Eltern dazu gewonnen", erzählt der Vorsitzende Wolfgang Körner. Naturprodukte würden mehr denn je geschätzt. Den nötigen Sachverstand für den Anbau, die Pflege und Weiterverarbeitung biete der Verein, der in diesem Jahr sein 120-jähriges Bestehen feiert. Mit über 700 Mitgliedern ist er einer der größten Obst- und Gartenbauvereine im Bezirk.

Den Auftakt zum Jubiläumsjahr macht am kommenden Sonntag, 5. März, die Jahresversammlung in der Erasmus-Neustetter-Halle. Die eigentlich große Feier findet Anfang Juni statt: Am traditionellen Holunderblütenfest beteiligen sich jedes Jahr gut 500 Besucher. In diesem Jahr soll eine Band spielen. Die örtliche Vereine beteiligen sich mit Fahnenabordnungen.

Kein Mangel an Nachwuchs
Über einen Mangel an nachrückenden jungen Gartenfreunden kann sich der Vorsitzende nicht beklagen. Die Jugendgruppe umfasst etwa 100 Kinder und Jugendliche. Betreut wird sie von Tamara Och, zugleich Jugendbeauftragte im Bezirk. Dabei sei es, so Körner, nicht ganz einfach, die unterschiedlichen Gärtner-Generationen auf einen Nenner zu bringen: Während die Älteren noch immer einen "akkuraten, geschniegelten" Garten bevorzugten, wirkten die von den jüngeren bevorzugten Gärten auf den ersten Blick etwas ungepflegt. In Rottendorf habe man einen Kompromiss gefunden: "Wir streben einen Mix aus Pflege und Artenvielfalt an", erklärt er. Konkret bedeutet dies: Kunstdünger ist tabu. Auch verzichtet man etwa auf das regelmäßige Mähen der Wiese, die Hecken bekommen den nötigen Freiraum und Altholz wird nicht als störend empfunden. Damit möchten die Gartenfreunde Insekten und Käfern einen Lebensraum bieten.
Veränderung gehört seit jeher zur Vereinsgeschichte. 1903 gegründet beschränkten sich die Aktivitäten zunächst darauf, hochstämmige Obstbäume zu pflanzen. Ab den 1920er Jahren stand die Pflege der Obstanlagen ganz im Vordergrund. Es entstand eine Vereinsbücherei und Fachzeitschriften wurden angeschafft. Das Thema Schädlingsbekämpfung gewinnt an Bedeutung. Die Pflege nimmt einen beachtlichen Umfang an: Eine zweite Spritze wird im Frühjahr 1925 gekauft. Im Januar 1930 beschaffen die OGVler die stattliche Menge von 295 Kilogramm Obstbaumkarbolineum. Mit dem Kauf einer Dosenverschlussmaschine 1928 erschließt sich der Verein zudem eine sprudelnde Geldquelle.
Saatgut aus den USA
In den schwierigen Nachkriegsjahren war die Gärtnerei mehr gefragt denn je. So bildete die Beschaffung von Saatgut aus US-Amerika das wichtigste Thema des wieder gegründeten Vereins. Im Jahre 1947 bestellten die Mitglieder insgesamt 980 Obstbäume und 550 Zentner Düngekalk über den Obst- und Gartenbauverein. Im Jahr 1978 feierte der Obst- und Gartenbauverein sein 75-jähriges Bestehen mit schon 343 Mitgliedern. Die ungebrochen große Attraktivität des Vereins geht für den Vorsitzenden auf das breite Spektrum an Beratung, Hilfestellungen, Vorträgen und Kursen zurück. Zugpferd sei das große vereinseigene Grundstück am Ostring mit einer Streuobstwiese, vielen Beerensträuchern oder einem von der Jugendgruppe gepflegten Beet. Wichtig ist zudem das Vereinsheim, das die Gartenfreunde später um einen Schulungs- und Seminarraum erweiterten.

Doch nicht nur das eigene Grundstück haben die Gärtner im Blick: Auch in und um den Ort tragen sie zu einem attraktiven Dorfbild bei. Der Verein hat die Pflege des Stationswegs und des Käppeles auf dem Frohnberg übernommen. Auch die Pflanzflächen um die Pfarrkirche pflegt der Obst- und Gartenbauverein seit Jahren. Außerdem wurde die Grünfläche an der Ostseite der Kirche bepflanzt und angelegt. Ein Hingucker ist der Blumenteppich bei der Fronleichnamsprozession. Spektakulär war der OGV-Beitrag beim Dorffest im vergangenen Jahr: Mit 40 Kilogramm Gewicht bereiteten sie den größten Leberkäse Rottendorfs zu.
