Er ist gekommen, um zu trainieren. Hart zu arbeiten am letzten Schliff. Die Technik zu perfektionieren. Wenn Stefan Bredel auf der Minigolfanlage an der Löwenbrücke in Würzburg vor die Bahnen tritt, ist es still um ihn herum. Seine Balltasche mit etlichen bunten kleinen Bällen, steht aufgeklappt neben ihm. Der 46-Jährige umfasst den Schläger mit beiden Händen. Die Füße weit auseinander, Oberkörper weit vornüber gebeugt, ein leichter Schwung aus der Schulter, und sanft trifft der Schläger mit der Schlaggummiseite den Ball. Lautlos gleitet der eine imaginäre Linie entlang, touchiert den mittleren Kegel, dann die Bande – und ploppt ins Loch. Ein Ass!
Das gleiche Spiel an den nächsten, weit schwereren Bahnen. „Das ist für Vereinsspieler normal“ sagt der Würzburger. „Wär' ja schlimm, wenn nicht.“ Stefan Bredel betreibt Minigolf als Turniersport, nimmt regelmäßig an Wettbewerben teil. Seine beste Leistung hier an der Löwenbrücke, auf der 1962 in Betrieb genommenen und damit ältesten Minigolfanlage Unterfrankens, liegt bei nur 18 Schlägen für 18 Bahnen, der Standardzahl für Wettbewerbe.
Freizeitspieler können da nur staunen. Blutige Anfänger erreichen diese Zahl meist schon nach den ersten vier Bahnen, dann, wenn sie für jede Bahn eine Sieben eintragen müssen. Sieben. Die Höchststrafe für jeden Minigolfspieler. Wer mit sechs Schlägen den Ball nicht eingelocht hat, der bekommt automatisch eine Sieben eingetragen, so besagen es die Regeln. Auf die Bahn darf man auch nicht treten, es bedarf also einiger Verrenkungen und manchmal eines halben Spagats, um den Ball vorschriftsmäßig abzuschlagen. „Das kann ruhig total bescheuert aussehen, wichtig ist nur die ideale Position“, meint Stefan Bredel.

Je nach Können und Gruppengröße kann der Freizeitspaß Minigolf mal locker über zwei Stunden dauern. Wenn Bredel jetzt in schnellem Tempo die Bahnen absolviert und seine Bälle sogar die schwersten Hindernisse mit Leichtigkeit überwinden, dann bleibt so manchem Laien der Mund offen stehen und für kurze Zeit wird es ganz still auf den sonst gerne auch mal fröhlich laut besetzten Abschlagplätzen.
Konzentration und Fingerspitzengefühl sind gefragt bei diesem anspruchsvollen Präzisionssport. Dennoch gilt Minigolf bis heute als Randsportart, eine, die gerne belächelt wird. Gerade mal 20 Vereinsspieler hat der 1999 von sechs Spielern gegründete MSV an der Löwenbrücke. So populär Minigolf als Freizeitspaß ist, so wenig ist es als ernsthaftes sportliches Unterfangen anerkannt. Stefan Bredel macht das nichts aus. Nicht mehr. Er winkt ab, lächelt. „Früher habe ich mich geärgert, wenn jemand sich lustig gemacht hat und den Sport verniedlicht hat, heute ist mir das egal!“

Er amüsiert sich eher über Bekannte und Arbeitskollegen, die sich tierisch freuten, wenn sie mal hier und da eine bessere Punktzahl schafften als er. „Kann passieren, man ist ja nicht immer gleich in Form.“ Spricht's – und versemmelt prompt den Schlag, der doch eigentlich als Ass reingehen sollte. „Mist!“ Die Schmerzgrenze ist niedrig bei einem Minigolfer. Der Ärger beginnt, wenn auch der zweite Schlag nicht zum Erfolg führt. „Alles über 24 Punkte für 18 Bahnen kann einem schon extrem die Stimmung vermiesen“, gibt Profi Bredel zu.
Auch Tobsuchtsanfälle sind nicht ungewöhnlich beim Minigolf. Sie treten nicht nur bei Laien im Grundschulalter auf, nein, da kloppen auch schon mal Profis wütend mit dem Schläger auf den Rasen. „Bei Turnieren wird so ein Verhalten nicht geduldet, da wird man sofort ausgeschlossen.“ Mentale Stärke ist deshalb gefragt beim Minigolf, das bestätigt auch das Vereinsseniorentrio, das gerade gespannt das Duell Profi gegen Reporterin verfolgt.

„Das ist nur der Vorführeffekt, Stefan, mach dir nichts draus!“, ruft Eberhard. Sein Kollege, gebürtiger Chemnitzer, grinst. Der 78-Jährige ist der Älteste unter den aktiven Mitgliedern und Stefan schuldet ihm noch was. „Er hat gesagt, wenn ich jemals die 18 Punkte schaffe, krieg ich einen Kasten Bier. Ha! Letzte Woche war es so weit. Jede Bahn ein Ass!“ Stefan Bredel nickt. „Stimmt, da sieht man mal, was man im hohen Alter noch schaffen kann.“ Die Männer sind ein Vorbild für ihn.
Er selbst hat mit 15 Jahren zum ersten Mal Minigolf gespielt, kann sich auch noch genau an sein erstes Turnier erinnern. „Die Bälle von damals habe ich aufgehoben. Als Erinnerung“, erzählt er und sucht in seiner Tasche nach einem geeigneten Ball für die Schneckenbahn. Seit damals hat ihn das Minigolfen nicht mehr losgelassen. „Es ist schon auch ein bisschen wie eine Sucht.“
Stefan Bredel ist an der Löwenbrücke als Vereinsspieler fest im Team verankert, gehört zu den besten. Die Minigolfanlage ist sein zweites Zuhause. Hier trifft sich im Sommer die Stamm-Crew um die Betreiber Luise und Joachim Wohlfarth täglich, um zu spielen, die Bahnen in Schuss zu halten und Gästen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Es ist eine fröhliche, eine generationenübergreifende Runde. „Minigolf ist ein Sport fürs ganze Leben, von der Kindheit bis ins hohe Alter hinein“, erzählen sie. In ihren Reihen gab es schon Fünfjährige und bis vor kurzem sogar eine 91-Jährige, die alle gleichsam präzise das Spiel mit den bunten Bällen beherrschten. Dass nicht mehr Jugendliche in den Verein kommen, um zu trainieren, bedauern sie sehr. „Wir haben ein Nachwuchsproblem“, sagt Luise Wohlfarth.

Dabei sei Minigolf gerade für ruhelose Kinder ideal. Kevin etwa, zwölf Jahre, der heute von Schweinfurt nach Würzburg gekommen ist, um zu trainieren, hat ADHS diagnostiziert bekommen. „Ihm macht das Minigolf total Spaß und das Training tut ihm richtig gut“, sagt seine Oma, selbst passionierte Minigolferin und winkt ihrem begabten Enkel zu, der schon nach kurzer Trainingszeit an Turnieren teilnehmen durfte.
Stefan Bredel trainiert meistens nach Feierabend, oft später am Abend, wenn die Bahnen nicht mehr bevölkert sind von jenen, die mehr oder weniger ehrgeizig versuchen, den Ball mit möglichst wenig Schlägen in flache, runde Plastiklöcher oder in ein Kiesbett zu bugsieren. Die Saison auf den Plätzen geht je nach Wetter meist von April bis Oktober.
Vor allem im Herbst heißt es für die peniblen Profis, die Betonbahnen freizumachen von Laub und kleinen Ästen. Jeder Krümel, jede kleine Windböe kann den Punkteschnitt ganz schnell in die Höhe treiben. Genau so ein Erdkrümel ist dem Ligaspieler gerade in die Quere gekommen und das ärgert ihn sichtlich. „Das reicht, um den Ball aus der Bahn zu bringen“, sagt Bredel. Er zeigt, wie man einen Ball beim Abschlag anschneiden kann, so dass er später, an der richtigen Stelle, wie von Zauberhand, eine Kehrtwendung macht und sicher ins Loch rollt.
Im Winter trainieren die Würzburger Ligaspieler in einer Halle im oberfränkischen Burgkunstadt, bei einer Entfernung von 140 Kilometer gehe das aber natürlich nicht täglich. Ansonsten gilt es, witterungsbedingte Außeneinflüsse im Frühjahr oder Herbst so gut wie möglich zu eliminieren. Manchmal geht aber gar nichts mehr. So wie im April auf der Anlage in Ostheim in der Rhön. Da musste das Turnier wegen Schneefalls auf drei Runden verkürzt und dann witterungsbedingt abgebrochen werden.
Profis der Weltrangliste verbringen noch mehr Zeit auf den Plätzen. Nicht nur mit reinem Spieltraining, sondern vor allem mit einer sorgfältigen Vorbereitung, weiß Bredel. „Bälle laufen je nach Außentemperatur ganz unterschiedlich, deshalb muss man sie auf einen exakten Wärmegrad bringen.“ Womit Stefan jetzt beim Thema Thermometer und Ballsocken wäre und endlich eine Erklärung dafür liefert, warum zwei alte Socken mit 1. FC Bayern München-Emblem über seiner Hose baumeln.
„Die jeweiligen Bälle werden in die Socken und dann in die Unterhose, also an die Leiste gebracht, damit sie eine optimale Temperatur erreichen.“ Stefan Bredel grinst und stopft einen Ball in die Socke. „BH geht auch!“, ruft Luise Wohlfahrt und wie immer führt das Thema zu Gelächter in der Runde. Die Ausrüstung sieht mit Schläger, Ballkoffer, Thermometer und alten Socken zwar nicht üppig aus, aber die Preise fürs Equipment sind nicht ohne, meint Experte Bredel. Da sei man im Lauf der Jahre schnell mal beim Wert eines Kleinwagens.
Über 600 Bälle lagert der Würzburger in speziellen Koffern zu Hause. „Ein Ball kostet zwischen sieben und zehn Euro.“ Wenn man dann noch eine Sammelleidenschaft entwickelt hat, so wie Luise Wohlfarth, dann summiert sich das. Ihre Familie, natürlich allesamt Minigolf-Freaks, nennt 1500 verschiedene Bälle ihr Eigen.
Wer als Freizeitspieler auf die Anlage pilgert, bekommt den obligatorischen Schläger und einen geriffelten Standardball in weiß, gelb, rot oder blau mit auf den Weg. In einem Duell zwischen einer mittelbegabten Laienspielerin und einem Ballprofi wie Stefan Bredel herrscht also gerade ein grobes Ungleichgewicht . . .
Klar aber auch, dass man ahnungslosen Freizeitspielern ungern teure Bälle an die Hand gibt. Die Verluste an Normalbällen sind in einer Saison schon schmerzhaft genug, meint Betreiberin Luise Wohlfarth. Sie zeigt auf das dichte Gebüsch, die Fläche hinter dem Zaun und auf den Main. Die Bahn, bei der der Ball mit voller Wucht in ein Fangnetz geschlagen werden musste, haben sie vor ein paar Jahren gegen eine andere Hindernisbahn ausgetauscht, bei der die Bälle nicht mehr reihenweise über den Maschendrahtzaun fliegen. Doch nicht immer gehen Bälle nur auf diesem Wege verlustig: „Es gibt schon dreiste Gäste, die die Bälle einfach mitgehen lassen“, sagt Wohlfarth.
Stefan Bredel öffnet seine Balltasche, zeigt die Bälle, die er im Training auf dieser Anlage vorwiegend benutzt. Zwischen 30 und 150 Gramm wiegen die bunten Kugeln aus Hartgummi. Ganz weiche, schwere Bälle nennt man tote Bälle, sie bleiben fast am Schläger kleben und lösen sich kaum von der eisernen Rohrbande, harte Bälle sind schnell und springen hoch. Der Profi demonstriert das wichtigste Kriterium, die sogenannte Rücksprunghöhe. Er lässt einen schwarzen Ball aus einem Meter Höhe auf den harten Boden fallen. Wie ein Stein bleibt der dort liegen.
„Springt ein Ball bei der gleichen Temperatur jetzt zum Beispiel über 80 Zentimeter hoch, ist er besonders schnell.“ Drei junge Männer, die nebenan auf der Bahn fröhlich ihre Pannen kommentieren, aber dennoch sehr zielsicher sind, hören ihm zu. Einige Freizeitspieler hier auf dem Platz, so bestätigt Stefan Bredel, seien richtig gut. So gut, dass sie problemlos mithalten könnten mit den Vereinsspielern. „Sie fragen uns auch mal nach Tricks und Tipps, aber letztlich wollen sie dann doch nur so zum Spaß Minigolf spielen.“
Spaß scheint das Konzentrationsspiel mit Schläger und kleinem Ball vielen Menschen zu machen, es gibt kaum jemanden, der es noch nicht probiert hätte. Dass Unterfrankens älteste Minigolfanlage nach all den Jahren noch ziemlich gut in Schuss ist, liegt an der liebevollen Pflege durch die Betreiber und Vereinsmitglieder, die zum Saisonstart die Bahnen putzen, polieren, Striche aufmalen und die Grünflächen pflegen. Auch Stefan Bredel gehört dazu. Gerade schlägt er auf der Loopingbahn lässig das nächste Ass. „Gut, dass er bei Freizeitturnieren als Profi nicht teilnehmen darf“, sagt Luise Wohlfarth augenzwinkernd.
Am 17. September ist so ein Turnier. Dann können Freizeitspieler gleich welchen Alters oder Könnens beim Stadtturnier an der Löwenbrücke wieder um Preise und Pokale kämpfen. „Bis dahin können wir allen nur empfehlen: üben, üben, üben“, sagt Luise Wohlfarth und deutet lächelnd auf ihren Profi Stefan, der das Duell auf Bahn 18 gerade standesgemäß mit einem Ass und damit einem niederschmetternden Ergebnis für die Herausforderin beendet. 47:21.
Große Zahlen zum Minigolf 15 Millionen Minigolfspieler greifen in Deutschland regelmäßig zum Schläger heißt es beim Deutschen Bahnengolfverband in Rheinland-Pfalz. Dabei handelt es sich überwiegend um Freizeitspieler. Seit den 1950er Jahren haben weltweit viele, viele Menschen Gefallen am Miniaturgolf gefunden. Vom amerikanischen Ex-Präsidenten Barack Obama über Kinder, Studenten, Pärchen, Oma, Opa bis hin zu kichernden Freundinnencliquen mit Highheels an den Füßen und baumelnden Handtäschchen an den Armen. Der Vater des Minigolfs, der Schweizer Gartenarchitekt Paul Bongni, hat das Patent auf die je zwölf Meter langen und 1,25 Meter breiten Hindernisbahnen 1953 eingereicht, zwei Jahre später wurde es bewilligt. Die erste Minigolfanlage wurde am 19. März 1954 in Ascona am Lago Maggiore eröffnet. 1962 gab es europaweit schon 120 offiziell anerkannte Minigolfanlagen, darunter auch die in Würzburg an der Löwenbrücke. Mel
Beliebte Minigolfanlagen in der Region • Minigolf an der Löwenbrücke in Würzburg, Mergentheimer Straße 15 (Verein MSV) Öffnungszeiten: März bis Oktober, Montag bis Freitag ab 13 Uhr, Samstag, Sonntag ab 11 Uhr, in den Ferien täglich ab 10 Uhr, Einlass bis eine Stunde vor Dunkelheit Tel. 88 39 89 oder Tel. 01515-251 312 6 • Minigolf in Würzburg an der s. Oliver Arena, Stettiner Straße 2 in der Sanderau Täglich 10 bis 22 Uhr geöffnet Tel. (0175) 4 11 70 12 • Bahnengolfzentrum in Schweinfurt (Verein BGC Schweinfurt), Öffnungszeiten im Juni und Juli: Montag bis Donnerstag 13 bis 21 Uhr, Freitag und Samstag 13 bis 22 Uhr, Sonntag 11 bis 21 Uhr. In den Pfingstferien täglich von 11 bis 21 Uhr. Zusätzliche Öffnungszeiten nach telefonischer Vereinbarung Tel. (0171) 52 411 56) möglich. • Miniaturgolf Bad Bocklet (Lkr. Bad Kissingen) Aschacher Straße/Kurpark, (Verein MGC „Stahlquelle“) Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11 bis 21 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 21 Uhr Tel. (01520) 466 77 38. • Minigolfplatz TSV Lohr (Lkr. Main-Spessart) Jahnstraße/Campingplatz Geöffnet in den Ferien täglich von 13 bis 20 Uhr, letzter Einlass 20 Uhr, Termine außerhalb der Öffnungszeiten für Gruppen möglich, Tel. (09 352) 70 178 oder Tel. (0160) 6 48 13 50. • Minigolfanlage in Höchberg (Lkr. Würzburg), Minigolfverein TG Höchberg, Rudolf-Harbig-Platz. Hier gibt es außerdem Tischbillard, Boccia, Tischkicker, Tischtennis, Rampe und Slide-Balken für Inlineskaten und ein Kiosk. Geöffnet bei schönem Wetter: Dienstag bis Samstag von 15 Uhr bis 20 Uhr, Sonn- und Feiertage von 13 bis 20 Uhr Tel. (09 31) 40 88 01 • Minigolfanlage Ostheim/Rhön, Friedensstraße, Verein MGC Geöffnet Montag bis Freitag ab 14 Uhr, Sa/So und an Feiertagen ab 11 Uhr bis Einbruch der Dunkelheit. Außerdem gibt's Boccia, Shuffleboard, Tischtennis, Groß-Schach, Kinderspielplatz und einen Biergarten. Tel. (09777) 70 99 84 0, • Minigolfanlage „Seeblick“ Iphofen (Lkr. Kitzingen) Birklinger Straße Öffnungszeiten je nach Witterung, Freitag von 15 bis 20 Uhr, Samstag von 13 bis 20 Uhr, Sonntag von 13 bis 20 Uhr. In allen Ferien außer donnerstags auch werktags von 15 bis 20 Uhr geöffnet, Tel. (01512) 237 80 55 • Minigolfanlage am Freibad Wertheim-Bestenheim, Main-Tauber-Kreis, Verein MGC Täglich von 14 bis 20 Uhr, letzter Einlass eine Stunde vor Schluss Tel. (09342) 59691