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Würzburg: Missbrauchsgutachten im Bistum Würzburg: Früherer Bischof Hofmann entschuldigt sich, Domkapitular geht

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Missbrauchsgutachten im Bistum Würzburg: Früherer Bischof Hofmann entschuldigt sich, Domkapitular geht

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    In der vergangenen Woche hat der Würzburger Bischof Franz Jung das Würzburger Missbrauchsgutachten erhalten. An diesem Montag äußerte er sich öffentlich dazu.
    In der vergangenen Woche hat der Würzburger Bischof Franz Jung das Würzburger Missbrauchsgutachten erhalten. An diesem Montag äußerte er sich öffentlich dazu. Foto: Thomas Obermeier

    Eine Woche nach Veröffentlichung des Gutachtens zu sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Bistum Würzburg hat sich an diesem Montag Bischof Franz Jung geäußert. Bei einer Pressekonferenz nannte er das "Ausmaß erschreckend". Mit Blick auf die geschätzt mehr als 3000 Übergriffe, die zwischen 1945 und 2019 von 51 Beschuldigten begangen worden sein sollen, sprach Jung von einer "furchtbaren Zahl".

    "Für die Jahre des Schweigens, der Verleugnung und der Untätigkeit" kirchlicher Verantwortungsträger im Bistum bat der Würzburger Bischof erneut um Entschuldigung. So seien "Fristverschleppungen" herbeigeführt worden, "die eine Nachverfolgung der Übergriffe juristisch und kirchenrechtlich unmöglich machten".

    Immer wieder höre er, mit dem Gutachten solle das Bistum "endlich einen Schlussstrich ziehen und das leidige Thema" Missbrauch auf sich beruhen lassen, sagte Jung. Dem widersprach er entschlossen: "Das Gutachten stellt keinen Endpunkt dar." Vielmehr sei es ein "Meilenstein für unsere Bemühungen" um eine sichere Kirche. Bis zum Spätsommer werde man "konkrete Maßnahmen aus den Empfehlungen" der Aufarbeitungskommission ableiten.

    Generalvikar Vorndran: Mehr Akzeptanz für Präventionsmaßnahmen nötig

    Man wolle auch Ehrenamtliche weiter sensibilisieren und "die zentrale Bedeutung unserer Präventionsmaßnahmen herausstellen", betonte Generalvikar Jürgen Vorndran am Montag. Dafür müsse die Akzeptanz unter Haupt- und Ehrenamtlichen erhöht werden. "Der Unterfranke", sagte Vorndran bei der Pressekonferenz flapsig, leiste zunächst Widerstand - "aber wenn das Neue angekommen ist, kann ich mich auf ihn verlassen".

    Generalvikar Jürgen Vorndran (Mitte) ging bei der Pressekonferenz des Bistums Würzburg auf den Widerstand gegen Präventionsmaßnahmen in einigen Gemeinden ein.
    Generalvikar Jürgen Vorndran (Mitte) ging bei der Pressekonferenz des Bistums Würzburg auf den Widerstand gegen Präventionsmaßnahmen in einigen Gemeinden ein. Foto: Thomas Obermeier

    Bischof Franz Jung blickte nach Rom: Von dort wünscht er sich "konkretere Handlungsempfehlungen". Oft seien Meldungen von Missbrauchstaten an die zuständige Stelle im Vatikan an ihn zurückverwiesen worden, sagte Jung: Er solle nach eigenem Ermessen entscheiden, hieß es dann. Es sei aber auch vorgekommen, dass eine von ihm vorgeschlagene "härtere Gangart abgelehnt" worden sei.

    Unterdessen bat der emeritierte Bischof von Würzburg, Friedhelm Hofmann, nach "eingehender Lektüre" des Gutachtens um Entschuldigung. Er müsse "selbstkritisch einräumen", dass in seiner Amtszeit "Fehler gemacht wurden bei der Bearbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs", heißt es in einer Erklärung Hofmanns, die sein Nachfolger am Montag verlas.

    Bischof Friedhelm Hofmann im September 2017 im Würzburger Dom beim 25. Jahrestag seiner Bischofsweihe - dem letzten Tag seiner Amtszeit. Als 88. Bischof von Würzburg führte er 13 Jahre lang das Bistum. 
    Bischof Friedhelm Hofmann im September 2017 im Würzburger Dom beim 25. Jahrestag seiner Bischofsweihe - dem letzten Tag seiner Amtszeit. Als 88. Bischof von Würzburg führte er 13 Jahre lang das Bistum.  Foto: Patty Varasano

    Hofmann war von 2004 bis 2017 Bischof von Würzburg. Zwar habe er in dieser Zeit den "Umgang mit den Fällen sexualisierter Gewalt" seinen jeweiligen Generalvikaren überlassen, erklärte er. Dennoch räumt der 82-Jährige nun ein, "als Diözesanbischof immer die Letztverantwortung getragen" zu haben.

    Es habe Fälle gegeben, so Hofmann, "in denen Betroffenen kein ausreichendes Gehör geschenkt wurde, Hinweisen zu Übergriffen nicht schnell genug nachgegangen wurde und Täter nicht konsequent genug zur Rechenschaft gezogen wurden". 

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    Außerdem verlas Bischof Jung eine Erklärung des bisherigen Domkapitulars Heinz Geist, der bis 2010 Missbrauchsbeauftragter und Personalchef des Bistums war. Der 85-Jährige räumte darin "Versäumnisse" beim Vorgehen bei gemeldeten Missbrauchsfällen ein. "Ich bedauere dies", so Geist in der Erklärung.

    Früherer Personalchef Heinz Geist verzichtet auf Mitgliedschaft im Domkapitel

    Als Konsequenz verzichte er auf seine Mitgliedschaft im Domkapitel, die Zelebration öffentlicher Gottesdienste und auf pastorale Veröffentlichungen. Dies wertete Jung auf Nachfrage als "bemerkenswertes Zeichen", das für Geist mit "erheblichen finanziellen Einbußen" verbunden sei.

    Nach der Veröffentlichung des Würzburger Missbrauchsgutachtens in der vergangenen Woche regte sich Kritik am engeren Tatbegriff, den die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg (UKAM) vorgegeben hatte. So wurden etwa Grenzverletzungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle außen vorgelassen.

    Leiter der MHG-Studie: Einzelne Studien nicht vergleichbar - das lädt zur Vertuschung ein

    Professor Harald Dreßing, Leiter der sogenannten MHG-Studie, die im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz bundesweit sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche untersucht hatte, bemängelte, dass die Studien der einzelnen Diözesen nicht miteinander vergleichbar seien. Dies trage "eher zu einer weiteren Vertuschung denn zu einer systematischen Aufklärung bei", schrieb er.

    Die 2018 veröffentlichte MHG-Studie hatte für das Bistum Würzburg 62 Täter identifiziert - mehr als das UKAM-Gutachten, das auf 51 kommt. 

    "Es wäre im Sinne aller Bistümer gewesen, einheitlich vorzugehen", so Bischof Jung. Leider seien Bistümer "alleine losgelaufen", einige seien "vorgeprescht". Das Bistum Würzburg sei "das erste, das sich an die Absprachen" zwischen Bischofskonferenz und Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung gehalten habe.

    Eine Vertuschung sieht der Bischof nicht. So sei die Anzahl der Betroffenen in der Würzburger Studie nach oben korrigiert worden: Jetzt ist von 226 die Rede, die MHG-Studie ging von 157 aus.

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