Vor fünf Jahren saß Hans Rupprecht zum letzten Mal im Paddelboot. Da war er 85. Insgesamt 32 Jahre engagierte sich der Würzburger Senior im Vorstand der Siedlervereinigung. Erst mit 82 legte er das Amt nieder. Menschen wie der 90-Jährige stehen im Mittelpunkt des Akademieabends „85 plus – alt und doch dabei!?“, der am Freitag, 14. Oktober, im Burkardushaus in Würzburg organisiert wird.
Dass er 90 werden würde, hätte Rupprecht niemals gedacht, denn „in meiner Jugend habe ich sehr strapaziöse Zeiten erlebt“. 17 war er, als der Krieg ihn aus dem Alltag riss. Rupprecht musste an die Ostfront, wurde schwer verwundet, kam zur Behandlung in ein Lazarett und geriet danach in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Was er damals erlebt hat, ist dem rüstigen Senior sehr gegenwärtig. Orte und Daten weiß er noch haargenau. Es war eine extrem schlimme Zeit für den Jugendlichen. Doch irgendwann war der Krieg vorbei. Irgendwann verlief das Leben wieder in normaleren Bahnen.
Rupprecht, der 1943 eine Ausbildung bei der Stadt Würzburg begonnen hatte, knüpfte nach Kriegsende hieran wieder an. Nach seiner Lehre landete er im Personalreferat. 21 Jahre tat er hier Dienst: „Doch das war ziemlich trocken.“ Als man in der Stadt daran ging, ein Umweltreferat aufzubauen, war Rupprecht dabei: „Ich wurde sozusagen der erste städtische Umweltschützer.“ Umwelt und Natur spielen für ihn bis heute eine wichtige Rolle. Der 90-Jährige werkelt noch immer im Garten, ist Mitglied bei Greenpeace, beim Bund Naturschutz und beim Naturwissenschaftlichen Verein.
Zwar reichen die Kräfte nicht mehr, um sich überall aktiv einzubringen. Bei der Siedlervereinigung allerdings ist Rupprecht weiterhin engagiert: „An den Versammlungen im Frühjahr und im Herbst nehme ich immer teil.“ Hier diskutiert er über anstehende Projekte und drückende Probleme. Menschen wie Rupprecht korrigieren ein Altersbild, das von Begriffen wie „Krankheit“, „Heim“ und „Demenz“ geprägt ist. Hochbetagte sind nicht nur alt und schwach. Viele haben eine Menge Potenziale. Allerdings brauchen sie Möglichkeiten, sich einzubringen. Das ist nicht immer gegeben.
Der Akademieabend „85 plus – alt und doch dabei!?“ diskutiert die Frage nach der gesellschaftlichen Mitwirkung betagter Menschen vor dem Hintergrund der Generali-Hochaltrigen-Studie „Teilhabe im hohen Alter“. Die wartet laut Volker Stawski vom städtischen Seniorenbüro mit überraschenden Ergebnissen auf. Ein aktiver Teil der Gesellschaft zu sein, ist für Hochaltrige existenziell, lautet ein Kernergebnis. Diese Aussage wiederum bedeutet dem Experten für Altersfragen zufolge eine Herausforderung für die Gesellschaft – die in der Pflicht steht, Hochaltrigen Teilhabemöglichkeiten zu eröffnen.
„Unser aller Ziel in Würzburg muss eine inklusive Gesellschaft sein, die Alte und vor allem auch solche, die nicht mehr gehen können, im Fokus hat“, fordert Stawski. Konkret bedeutet das dem Seniorenexperten zufolge, für Hochbetagte mehr Möglichkeiten der aktiven Teilhabe an Kultur, Geselligkeit, Sozialem und Spiritualität zu schaffen. Ein gutes Beispiel, wie das gelingen kann, ist für ihn das „Internetcafé von Senioren für Senioren“ im Heim St. Thekla. Stawski: „Es bietet vielen Hochbetagten die Möglichkeit, in die so schnell fortschreitende digitale Welt zu blicken.“
Vorbildlich in Würzburg ist für ihn auch das Matthias-Ehrenfried-Haus mit seiner Initiative „...eine schöne Zeit“. Nicht mehr so flinke, in der Regel allein lebende Seniorinnen und Senioren werden zuhause für kulturell und kulinarisch interessante, entschleunigte Touren in der Umgebung von Würzburg abgeholt. Stawski: „Das kommt gut bei den älteren Herrschaften an.“ Ähnliche Angebote müssten noch sehr viel umfangreicher gerade in stationären Einrichtungen etabliert werden.
Der Akademieabend findet am Freitag, 14. Oktober, von 14 bis 19 Uhr im Burkardushaus statt. Die Teilnahme kostet 15 Euro (ermäßigt zwölf Euro). Anmeldung: www.burkardushaus.de oder Tel. (09 31) 386-431 11.