Das begnadete Alter von 90 Jahren zu erreichen, ist heutzutage gar nicht so selten. Mit 90 ein bis zweimal wöchentlich ins Fitness-Studio und zusätzlich zum Qigong-Kurs ins Matthias-Ehrenfried-Haus zu gehen, das ist für die meisten Senioren kaum vorstellbar. Für Ilse Gogela gehört das zum Lebensrhythmus. Natürlich ist sie überall beim Sport die Älteste. Daran hat sie sich gewöhnt. Mehrmals die Woche will sie sich wenigstens eine Stunde lang bewegen und strecken. „Da muss ich raus, daheim bin ich für diese Übungen zu faul“, sagt Ilse Gogela. An diesem Freitag feiert sie ihren 90. Geburtstag.
Vom Winterleitenweg ins Sportstudio Wöhrle in der Pleich fährt sie mit dem Bus. Studioleiter Hans Otto Wöhrle muss gar nicht groß erklären, warum Ilse Gogela in seine „Muckibude“ kommt. Sie sagt selbst, „ich brauche eine Muskulatur die mich stützt, dafür trainiere ich“. Ziel sei es, bei möglichen Stürzen gesundheitlich nicht ganz abzustürzen. Und es gefällt ihr auch die Atmosphäre am Vormittag im Sportstudio Wöhrle, wo sie wegen ihres Alters ein absolutes Unikum und beliebt ist.
„Ich brauche eine Muskulatur, die mich stützt, dafür trainiere ich.“
Ilse Gogela 90 Jahre alt
Zufällig ist das allerdings nicht, dass Ilse Gogela auch im hohen Alter noch so eifrig trainiert. Sie war zwar in ihrem Ganzen Leben sportlich, ob beim Radeln oder Laufen. Als es in Würzburg die Möglichkeit gab, nahm sie das erste Yoga-Angebot wahr. Die zierliche Frau hatte offenbar immer ein klares Bewusstsein für ihren Körper. Es ist aber trotzdem nicht der Ehrgeiz, der sie im hohen Alter packte. Es sind gesundheitliche Gründe.
Als sie Mitte siebzig war, wurde sie mit der seltenen Krankheit Guillain-Barré-Syndrom konfrontiert, ein neurologisches Erkrankungsbild mit Veränderungen der Muskulatur und des peripheren Nervensystems. Bei der Krankheit gelangen Impulse zur Steuerung der Muskulatur gar nicht oder nur stark abgeschwächt zum Ziel. Schlimm für eine lebenslange Sportlerin. „Ich konnte früher stundenlang laufen oder Radfahren, aber plötzlich ging es nicht mehr. Der Sohn habe ihr zur eigenen Sicherheit Radfahren praktisch verboten.
Was also tun? Da kam sie auf das Fitness-Studio. Da kann man radeln und dosieren, wie es der Körper zulässt. Das kann ich im Straßenverkehr einfach nicht mehr leisten.
Inzwischen hat Ilse Gogela ein Fitness-Programm von elf Übungen für den ganzen Körper. Man muss ja nichts überhasten in dem Alter. So dauert ein Besuch im Studio bis zu zwei Stunden mit allem Drum und Dran. Alles fängt mit Radfahren an, dazwischen sind Hüfttrainer und Schultermaschine, oder das Schrägbrett, was ihr der Arzt besonders empfohlen hat, weil da das Blut bei der Kopflage nach unten in den ganzen Körper gelangt, sozusagen bis in die Haarspitzen.
Apropos Arzt. Zu Medizinern geht Ilse Gogela heute allenfalls noch zur Vorsorge. Da hatte sie bisher immer nur „hervorragende Blutbilder“. „Ich habe keine Tablette im Haus“, sagt sie ausdrücklich, obwohl sie sehr wetterfühlig ist, wie sie meint. Der konsequenten Bewegung und ihrem altersgemäßen Sport schreibt sie einen hohen Stellenwert zu. „Meine Alternative wäre der Rollstuhl gewesen“, sagt sie aus ihrer Erfahrung.
Einzig Eis und Schnee im Winter können sie von ihrem Sport abhalten. Aufgrund ihres Fitness-Trainings könne sie heute auch noch bis zu vier Stunden im Garten arbeiten, sagt sie. Ilse Gogela ist auch geistig fit. Sie will Mut machen, dass sich Bewegung auch im hohen Alter lohnt.