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WÜRZBURG: Mit drei Kindern aus Chile zurück

WÜRZBURG

Mit drei Kindern aus Chile zurück

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    Adoptiveltern von einem ausländischen Kind zu sein, ist alles andere als einfach (Symbolbild). Wolfgang F. und seine Frau erlebten viele Freudemomente, aber auch so manches Tief mit ihren Kindern.
    Adoptiveltern von einem ausländischen Kind zu sein, ist alles andere als einfach (Symbolbild). Wolfgang F. und seine Frau erlebten viele Freudemomente, aber auch so manches Tief mit ihren Kindern. Foto: Foto: Jens Kalaene, dpa

    Im Herbst 2004 begann für Wolfgang F. und seine Frau ein neues Leben. Das Ehepaar flog nach Chile, um drei Kinder zu treffen, die ihre eigenen Kinder werden sollten. Fast drei Jahre hatten die beiden diesem Moment entgegengefiebert. Drei Jahre, die ausgefüllt waren mit Warten, Vorbereitungen und einer Unmenge an Bürokratie, sagt der 56-Jährige aus dem Landkreis Main-Spessart, der seinen vollen Namen nicht nennen möchte, um seine Kinder zu schützen.

    Wolfgang F. und seiner Frau war es nicht möglich, eigene Kinder zu bekommen. Wenn das Schicksal das so entschieden hatte, wollten sie einem Kind aus einem armen Land die Chance geben, in einem guten Umfeld aufzuwachsen. Dieser Gedanke lag nahe, denn Wolfgang F. engagiert sich seit jungen Jahren in der Eine-Welt-Arbeit. Schon immer hatte ihn das Schicksal von Kindern aus Entwicklungsländern bewegt. Bei einer Reise nach Tansania sah er bereits in den Achtzigerjahren, in welch schwierigen Verhältnissen Kinder dort oft aufwachsen.

    Enormer bürokratischer Aufwand

    Tansania oder Chile – aus einem dieser beiden Länder wollte das Paar ein Kind oder auch Geschwisterkinder adoptieren. Die Wahl fiel schließlich auf Chile. „Dort hatte mein Schwager längere Zeit gelebt“, so Wolfgang F.. Die Vermittlung klappte. Allerdings anders, als geplant: Dem Paar wurde vorgeschlagen, gleich drei zwischen vier und acht Jahre alte Geschwisterkinder zu adoptieren. Nach kurzem Nachdenken willigten Wolfgang F. und seine Frau ein.

    Aufgrund ihrer Kontakte hatten die frisch gebackenen Eltern die Möglichkeit, in den ersten beiden Wochen in Chile bei einer Familie unterzukommen. Allerdings: Bis zum Abschluss der Adoption war Geduld gefragt. Der bürokratische Aufwand war enorm, etliche Papiere wurden benötigt. „Dafür hatte ich auch Verständnis“, sagt Wolfgang F.. Was das Paar zur Verzweiflung trieb, waren die ausufernden Beglaubigungswünsche. Teilweise mussten beglaubigende Stellen beglaubigt werden: „Am Ende hatten fast alle Papiere drei bis fünf Stempel.“

    Die sechs Wochen im Herbst 2004 mit den drei Adoptivkindern in Chile hat Wolfgang F. als „härteste Zeit meines Lebens“ in Erinnerung. Das Paar konnte nicht gut Spanisch, entsprechend kompliziert war die Verständigung mit den Kleinen. Weitere Behördenbesuche standen bis zum Abflug an. Oft waren lange und beschwerliche Anreisen notwendig. Jeder Tag in Chile wurde ein Abenteuer.

    Zurück in Deutschland gelang die Integration erstaunlich gut. Vor allem die beiden Kita-Kinder lernten die deutsche Sprache schnell. Die Erziehung war allerdings oft nicht einfach. In ihrer Herkunftsfamilie hatten die drei Schreckliches erlebt. „Das halten wir uns bis heute immer vor Augen, wenn sich unsere Kinder etwas merkwürdig verhalten“, sagt Wolfgang F. Das jüngste, heute 18 Jahre alte Kind, scheint noch am wenigsten belastet zu sein. Bei den Größeren sei spürbar, dass das, was ihre Eltern ihnen angetan hatten, tief in ihnen steckt. Adoptiveltern von einem ausländischen Kind zu sein, ist alles andere als einfach, bestätigt Barbara Lode vom Adoptions- und Pflegekinderdienst des Kreisjugendamts Würzburg.

    Auslandsadoptionen sind selten

    „Die Eltern müssen eine hohe Risikobereitschaft haben, da die medizinischen und psychologischen Diagnosen sowie Prognosen in den Herkunftsländern nicht immer deutschen Standards entsprechen“, so die Sozialpädagogin. Eine hohe Belastbarkeit und Frustrationstoleranz seien nötig. Wolfgang F. erlebte in den vergangenen 13 Jahren viele Freudemomente, aber auch so manches Tief mit seinen Kindern, die er und seine Frau sehr bald schon nicht mehr als „adoptiert“ empfanden. Heute sind alle drei auf einem guten Weg. Die älteren arbeiten. Der Jüngste beginnt im Herbst eine Ausbildung.

    Dass Eltern wie das Ehepaar F. fremde Kinder adoptieren, kommt nicht allzu häufig vor, meint Gunther Kunze vom Fachbereich Jugend und Familie der Stadt Würzburg. Während es die Stadt bis zu zehn Mal im Jahr mit Stiefkinderadoptionen zu tun hat, kommt es im Schnitt nur zwei Mal zu einer Fremdadoption. „Mit Auslandsadoptionen haben wir etwa einmal jährlich zu tun.“

    Bevor es einem Paar erlaubt wird, ein Kind aus dem Ausland zu adoptieren, prüfen die Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter die Eignung. Das Paar muss mehrere Jahre zusammen sein und in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben. „Auch sollte man sich mit dem Land, aus dem das Kind kommt, auseinandersetzen“, so Kunze. Ist die Adoptionsvermittlungsstelle überzeugt, dass ein Paar als Bewerber infrage kommt, wird ein Sozialbericht über die Eignung erstellt. „Die Bewerber müssen sich grundsätzlich für ein bestimmtes Land entscheiden“, ergänzt Barbara Lode vom Kreisjugendamt. Das erstaunt viele Eltern. „Auch uns war das nicht bekannt“, sagt Wolfgang F. Nach der Länderwahl wenden sich die Eltern für die konkrete Bewerbung an die Zentrale Adoptionsstelle im Bayerischen Landesjugendamt oder eine anerkannte freie Auslandsvermittlungsstelle.

    „Bei uns gehen jede Woche mehrere Anfragen zum Thema Auslandsadoption ein“, so Michael Neuner von der Zentralen Adoptionsstelle. Doch nur selten komme es zu einem Verfahren. Was vor allem daran liege, dass sich Bedingungen in Herkunftsländern verbessern: Immer mehr Kinder werden im eigenen Land vermittelt. 2017 kamen die meisten Auslandsadoptivkinder aus Haiti, Thailand und der Russischen Föderation.

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