"Moby Dick" des amerikanischen Schriftstellers Herman Melville ist einer der Klassiker der Weltliteratur, Hunderte Seiten dick, eine schwer zu lesende Mixtur aus Abenteuerroman und in die Handlung eingeflochtenen philosophischen und enzyklopädischen Texten. Das theater ensemble bringt dieses bereits 1851 erschienene Opus, das die meisten wohl (nur) durch eine seiner auf den Handlungskern beschränkten Adaptionen kennen, auf die Bühne.
Ein Wagnis, das mutmaßlich weniger Publikum anzieht, als es die insgesamt interessante Inszenierung und Textfassung (Johannes Kern und Jannik Pitt) verdient hätten. Die gestutzte Romanhandlung, etliche ein- und umsortierte Kapitel, das Spiel des zwölfköpfigen, primär ganz jungen Ensembles, choreografische und musikalische Einlagen, zudem manche Wikipedia-artige Info-Überschüttung lotsen die Zuschauer hinein in diese tragische Geschichte. Sie handelt von der verhängnisvollen Jagd eines von Rachegefühlen besessenen Kapitäns und wirft Fragen nach dem Wesen des Menschen, seinem Umgang mit seinen Mitmenschen und der Natur auf.

Schauplatz für die zumeist vom Erzähler Ismael (gespielt von Julia Guntermann) geschilderten Ereignisse ist das Walfängerschiff Pequod. Trotz Warnung heuert er auf dem gemeinsam mit dem unkonventionellen Queequeg (Finja Sigmund) an. Beide Männer entwickeln im Laufe ihrer Zeit auf See eine enge Freundschaft, werden Teil der bunt gemischten, abenteuerlustigen Besatzung, die geprägt ist von Kameradschaft und kaum gesellschaftliche Hierarchien kennt. Das Sagen auf dem Schiff haben Kapitän Ahab (Andreas Protte), ein einsamer alter Mann, der vor langem im Kampf mit dem weißen Wal Moby Dick sein Bein verlor, und drei erfahrenen Seeleute, darunter Starbuck (Julia Wohlfahrt). Er ist es auch, der als Einziger aus der Mannschaft mit Ahab aneinandergerät, weil sich der Reisezweck der Schiffseigner und die Absicht des Kapitäns, Moby Dick zur Strecke zu bringen, nicht in Einklang bringen lassen.
Packend, intensiv, führen die dunkel gekleideten und wild geschminkten Schauspielerinnen und Schauspieler die Mühen und Gefahren einer langen Seefahrt vor Augen, trotzen den Stürmen, pullen heftig, erlegen ihre für die Zuschauer unsichtbare Beute und genießen das anschließende Festmahl daraus. Aber sie verknäulen und verheddern sich auch im ellenlangen Tauwerk, um ein unerfahrenes Mannschaftsmitglied zu retten. Zwischen diese "Action-Szenen" immer wieder kontrastreich eingewoben werden Gesänge, Erläuterungen, gebetsartige Anspielungen auf Bibel, Philosophen, den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts.
Sie münden – natürlich auf der Pequod. Bei Ahab, dem Hassbesessenen, dem Fanatiker, der – beeinflusst von einem unheimlichen, von ihm selbst an Bord gebrachten Passagier – mittels Goldstück seine Crew beeinflusst. Allem rationalen Denken fern und trotz der bestehenden Todesgefahr lässt sie sich ein auf den Kampf ihres Kapitäns, macht ihn zu ihrem eigenen – und geht mit einer Ausnahme unter.
Auf dem Spielplan bis 25. März. Karten: Tel.: (0931) 44545.