Die Schreinerei "Château Perplex" in Waldbüttelbrunn sieht erst einmal genau so aus: wie eine Schreinerei. Eine große helle Halle mit Holz, sehr viel Holz. Werkbänke, Hammer, Zangen, Schleifpapier. Eine Furniermaschine, eine Lackierkabine, Männer mit Zollstock in der Hosentasche und Ohrenschutz auf dem Kopf. Ein Stockwerk weiter oben jedoch herrscht ein etwas anderes Ambiente. Hier hat Geschäftsführer Ralf Hillenbrand sein großzügiges Büro, das er sich mit seiner "rechten Hand" Andreas Wiesmann teilt. Neben dem Baustoff Holz dominiert Glas, es gibt moderne Sitzmöbel - kurzum: ein Arbeitsplatz und doch ausgesprochen chic.
Das liegt daran, das Ralf Hillenbrand ungewöhnliche Kunden hat. Wer sich von ihm seine Inneneinrichtung bauen lässt, sucht etwas abseits des Mainstreams. Was es kostet, ist erst einmal zweitrangig. Die meisten von Hillenbrands Kunden leben in den USA, viele rund um Los Angeles. Keine Leute mit schmalem Geldbeutel. Auch der große Schrank, der derzeit unten in der Werkstatt aufgebaut ist, wird demnächst seetauglich verpackt und verschifft. Das Ziel ist Bel Air, eine Nobelwohngegend in Los Angeles.

Wie der gebürtige Würzburger zu einem solchen Kundenstamm gekommen ist, lohnt sich zu erzählen. Ganz früher einmal hatte Hillenbrand einen sozialen Beruf ins Auge gefasst. Bei einem Praktikum bei den Rita-Schwestern sah ihn eine von ihnen mit Holz werkeln. "Du musst Schreiner werden", sagte sie. "Das ist dein Talent." Hillenbrand beherzigte den Ratschlag, lernte Schreiner und verspürte bald nach der Ausbildung den Wunsch, ein Jahr im Ausland zu verbringen. Freunde vermittelten ihn nach Brüssel.
"Das deutsche Handwerk ist ein paar Schritte voraus."
Ralf Hillenbrand, Geschäftsführer bei Château Perplex
Doch in der Firma, für der er arbeitete, war er unzufrieden. Das Goethe-Institut war ihm bei der Suche nach einem neuen Aufgabengebiet behilflich und stellte den Kontakt zu Künstlern her, für die er Plastiken aus Holz nach deren Entwürfen baute. 1988 machte sich der Schreiner in Brüssel mit nur 25 Jahren selbstständig. Seine Arbeit überzeugte verschiedene Kunstsammler, über die er Kontakt zum flämischen Architektenpaar Paul Robbrecht und Hilde Daem bekam. Durch diese Kontakte kam Hillenbrand an weitere Aufträge. Unter anderem baute er zu dessen 60. Geburtstag einen Tisch für den deutschen Künstler Gerhard Richter.

An diesem Tisch wiederum fand Hillenbrands erster amerikanischer Kunde Gefallen, der ihn 1997 bat, sein Haus in Malibu auszubauen. Damals war der Schreiner bereits wieder im Raum Würzburg ansässig, wohin er 1995 aus familiären Gründen zurückgekehrt war. "Aber ich hatte Startschwierigkeiten", erinnert sich der 56-Jährige. Er fand nicht viele Kunden für seinen Betrieb, den er in Leinach angesiedelt hatte. Doch über seine Kontakte aus der belgischen Zeit kamen immer wieder Aufträge für die Schreinerei.
Die Ästhetik steht im Mittelpunkt
Aufträge, wie Ralf Hillenbrand sie liebt. Entwürfe berühmter Architekten umsetzen, bei denen die Ästhetik im Mittelpunkt steht. Sein Anspruch, seine Vorliebe für Kunst und Design sowie seine exklusiven Projekte haben ihm den Spitznamen "Hollywood-Schreiner" eingebracht, den er aber ungern hört. Denn was seine internationalen Auftraggeber erleben möchten, wenn sie zu Besuch nach Waldbüttelbrunn kommen, das hochwertig-moderne Ambiente etwa, ist wiederum genau das, was "normale" Kunden eher abschreckt. Hillenbrand arbeitet aber auch für diese Leute gern und fertigt immer wieder auch ganz herkömmliche Möbel.

Nur wenig lässt sich Ralf Hillenbrand entlocken, was seine ausländischen Kunden betrifft. Es sind reiche Leute, es sind berühmte Leute. Menschen, die ihren privaten Lebensbereich schützen möchten, zu dem der Schreiner Zugang hat. Er weiß, in welchen Häusern diese Menschen leben, wie sie sich einrichten, welchen Geschmack sie haben. Deshalb muss er nicht selten auch Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben, wenn er einen Auftrag annimmt. Manche Bauherren sieht der Schreiner kein einziges Mal, andere gehen mit ihren Handwerkern essen.
Hillenbrand will vor Ort sein, wenn seine in Deutschland gefertigten Möbel in den USA in die Häuser eingebaut werden. Sein Personal eher weniger. Dass immer weniger Arbeitnehmer bereit sind, auf Montage ins Ausland zu gehen, ist für den Schreiner aus Waldbüttelbrunn zum Problem geworden. Gute Mitarbeiter zu verlieren, weil ihnen die Arbeitsbedingungen im Betrieb nicht zusagen, kann sich der 56-jährige Chef nicht leisten.

Deshalb hat er die Montage großenteils aus seinem Betrieb ausgelagert. Er kann inzwischen auf eine Gruppe von Leuten aus anderen Firmen zurückgreifen, die gern mit ihm ins Ausland fahren. Dort kennt er ebenfalls Fachkräfte, die er für die Montage engagieren kann. Was er in Kalifornien stets vorrätig hält, ist die Vollausstattung an Werkzeugen für zwei Montage-Teams. Alles hin- und her zu transportieren, hat keinen Sinn, zumal in den USA aufgrund der unterschiedlichen Voltzahl im Stromnetz deutsche Maschinen nicht funktionieren.
Hier der Architekt, dort der Schreiner, und das Objekt selbst wieder ganz woanders: Das klingt nach sehr viel logistischem Aufwand für eine Leistung, die die amerikanischen Kunden doch mit Sicherheit auch vor Ort einkaufen könnten. Ralf Hillenbrand widerspricht. "Das deutsche Handwerk ist ein paar Schritte voraus", sagt er. "Hier gibt es gute Materialien und gute Handwerker." Und die Auftraggeber wissen das.

Hillenbrand aber sieht dunkle Wolken aufziehen am deutschen Handwerks-Himmel. "Die Über-Akademisierung ist ein Problem", findet er. Eltern, die ihre Kinder an die Uni treiben, und in der Folge angeödete Jung-Akademiker, die in einem praktischen Beruf glücklicher - und auch nicht zwingend ärmer -geworden wären, darin sieht der Schreiner nichts Positives.
In den 1980er Jahren, sagt Hillenbrand, sei das noch ganz anders gewesen. "Da wollte jeder Schreiner oder Gärtner werden, etwas Kreatives machen." Die Kreativität macht für den Schreiner seinen Beruf aus. "Die Zufriedenheit motiviert", sagt Hillenbrand, der erst vor Kurzem wieder aus den USA zurückgekehrt ist. Diesmal war er an der Ostküste: Sein Kundenstamm wächst weiter.
SteckbriefFirma: château perplex gmbh & co.kg Standort: Industriestraße 14, Waldbüttelbrunn Gründungsjahr: 1988 in Brüssel, seit 2008 in Waldbüttelbrunn Mitarbeiterzahl: 7, davon ein Innenarchitekt und sechs Schreiner Geschäftsführer: Ralf Hillenbrand Arbeitsgebiete: Möbelbau, Innenausbau, Innenarchitektur, Projektplanung Homepage: www.chateau-perplex.de