Der Aufsehen erregende Prozess um den Mord an einem Würzburger Wirt vor 26 Jahren pausiert. Doch hinter den Kulissen geht die Wahrheitsfindung in dem spektakulären Verfahren gegen einen Geldverleiher und seinen Sohn weiter.
Drohung mit Folter und Mord
Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach ist sich nach mehr als einem Dutzend Verhandlungstagen sicher, mit einem heute 67 Jahre alten Geldverleiher und seinem 50-jährigen Sohn die richtigen Verdächtigen für die tödlichen Schüsse von 1999 auf der Anklagebank sitzen zu haben. Das Opfer hatte für einen hoch verschuldeten Würzburger Geschäftsmann gebürgt, der sich monatelang weigerte, seine Schulden in fünfstelliger Höhe zurückzuzahlen. Ersatzweise sollen die zwei Angeklagten den Wirt Edip Saraç in die Pflicht genommen haben.
Von abenteuerlichen Details spricht die Anklageschrift, mit Bedrohung des späteren Opfers am Telefon - und der Entführung des verschuldeten Geschäftsmannes in den Wald bei Würzburg samt angedrohter Folter und Ermordung in Mafia-Manier. Noch zwei Tage vor den Schüssen sollen die Angeklagten den Schuldner erneut entführt haben - doch auch diesmal stand der Wirt nicht für dessen Schulden gerade. Da soll der Geldverleiher zähneknirschend gesagt haben: "Ich will Blut sehen!"
Andere Häftlinge belasten den Angeklagten
Doch während der vierwöchigen Prozesspause gehen Ermittler der Kripo neu aufgetauchten Verdachtsmomenten nach. Die Anwälte Hanjo Schrepfer und Roj Khalaf zweifeln daran, dass der 67-Jährige wirklich seinen ältesten Sohn als Mörder geschickt hatte - nachdem dessen Drohungen am Telefon zwei Tage vor dem Mord bereits die Aufmerksamkeit der Polizei erregt hatten. Er nennt einen anderen als Schützen, der aber - im Gegensatz zu ihm selbst - ein glaubwürdiges Alibi zur Tatzeit hat. Indessen tauchen immer mehr Mithäftlinge aus der JVA Würzburg auf, denen er in Untersuchungshaft Details erzählt haben soll.
Einer hat ihn schwer belastet. Er ist in eine JVA außerhalb von Bayern verlegt worden. Vehement fordern die Verteidiger Einsicht in seine Strafakte, um zu sehen, ob ihm im Gegenzug zu belastenden Aussagen Vergünstigungen zuteil wurden.
Ein anderer will von einer Pistole mit Schalldämpfer gehört haben - obwohl das nach allen bisher bekannten Schilderungen über den Mord nicht stimmt. Über seine Glaubwürdigkeit wollen sich Gericht, Anklage, Nebenkläger und Verteidiger selbst ein Bild machen, er soll in den Zeugenstand.
Ein verdächtiges Telefongespräch
Anlass zu Spekulationen gibt auch ein 1999 von der Polizei abgehörtes Telefongespräch des Geldverleihers mit einem Landsmann kurz nach dem Mord. Darin werden dunkle Andeutungen über die Tat gemacht. Der Gesprächspartner des Angeklagte soll vorsichtshalber ein Handy benutzt haben, das auf einen anderen Namen angemeldet war.
Ermittler haben ihn jetzt in Nürnberg aufgetrieben und verhört. Ihnen sollen seine Aussagen verdächtig vorgekommen sein. Weiß er, wer in der Nacht des 5. Januar 1999 in Würzburg geschossen hat - und sagt das auch vor Gericht? Am 14. April wird der Prozess fortgesetzt, Ende ungewiss.