Florian Götz und Frank Kuß ist während des Lockdowns sichtlich langweilig. Sie liegen auf den Tischen in den Klassenzimmern, wippen mit den Stühlen, machen Liegestützen und Handstände – bis ihnen irgendwann eine verrückte Idee kommt. Die beiden Sportlehrer der Realschule Höchberg schwingen sich auf ihre Mountainbikes und veranstalten zum Soundtrack "Move on" von Sonny Cleveland allerhand Kunststücke im leeren Schulhaus. Sie fahren die Treppen hinunter, springen mit dem Bike über den anderen, schauen auf dem Radl im Sekretariat und am Kopierer vorbei. Danach schicken die Lehrkräfte den rund zweiminütigen Clip an ihre Mountainbike-Gruppe, die wegen der Pandemie ebenfalls pausieren muss, und rufen zum Nachahmen von Kunststücken auf.
Mit ihrem Motivationsvideo trafen Kuß und Götz offenbar genau den richtigen Nerv. Jedenfalls dauerte es nicht lange – und die zwölf Schülerinnen und Schüler sendeten einzelne Clips zurück, wie sie zum Beispiel auf ihren Mountainbikes Blumen gossen, einen Parcours fuhren, Sprünge machten oder im Sattel quer durchs Wohnhaus zogen.
Auch Karin Kasberger, Kunstlehrerin an der Realschule Höchberg, machte sich intensiv Gedanken, wie sie ihre Schülerinnen und Schüler während der Lockdowns animieren könnte. "Im Fach Kunst ist das Home-Schooling ja nicht unbedingt kompliziert. Die große Herausforderung bei diesem Projekt war es aber, die Klassen aller Jahrgangsstufen und auch die Familien zu Hause zum Mitmachen zu bewegen", sagte Kasberger am Donnerstagmittag im Rahmen einer kleinen Feierstunde an der Leopold-Sonnemann-Realschule Höchberg.
Den Zeitgeist getroffen
Denn sowohl ihr Konzept als auch die Mountainbike-Aktion wurden vom bayerischen Kultusministerium mit einer Prämie von 1000 Euro ausgezeichnet. 200 Schulen im gesamten Freistaat bekamen diesen Preis. "Das sind Projekte, die den Zeitgeist getroffen haben. Darauf könnt ihr sehr stolz sein", wandte sich Staatssekretärin Anna Stolz direkt an die Höchberger Schülerinnen und Schüler.
Bei der Kunstaktion handelte es sich um eine Art Klopapier-Challenge, die von Kasberger und sieben Mädchen koordiniert worden ist. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten in ihren Ideen völlig frei sein, sich zum raren Gut in der Pandemiezeit eine kreative Nutzung ausdenken und ein Foto ihrer Idee mailen. Die Kunstgruppe konnte sich vor Einsendungen kaum retten – und die Klorollen-Eigenkreationen waren überaus kreativ und hinreißend, wie die Aufnahmen zeigten, darunter auch Zeichnungen und Tier-Hingucker.

"Die beiden prämierten Projekte stehen stellvertretend dafür", sagte Rektor Marcus Ramsteiner, "dass Schule eben so viel mehr ist als Lernen, dass Schule auch Lebensraum und Stätte der sozialen Begegnung und des gemeinsamen Handels ist." Bildlich könne man kaum besser darstellen, "wie fad und trist eine Schule ohne diese Begegnungen ist als zu Beginn im Mountainbike-Video". Stolz unterstrich zudem, dass die Digitalisierung unseren Schulen einen enormen Schub verliehen habe.
Auf das besondere Leben im Schulhaus zielte auch Höchbergs Bürgermeister Alexander Knahn ab, als er den Schülerinnen und Schüler zu den Preisen gratulierte, aber nicht zuletzt auch zu den Lehrkräften, die solche Projekte durchführen. "Als Sachaufwandsträger können wir die Schulen nur gut ausstatten", so Knahn, der hier auch stellvertretend für den Landkreis sprach. "Ansonsten sind wir darauf angewiesen, dass sie von allen Beteiligten mit Inhalten gefüllt werden."
Ausgezeichnet und von Staatssekretärin Stolz besucht worden sind in der Region auch die Mittelschule Zellerau für ihr internationales Kochbuch und die Klara-Oppenheimer-Schule in Würzburg für ihr Barcamp "Rund ums Büro". Noch im März soll eine zweite, bayernweite Ausschreibungsrunde starten.
Die beiden Mountainbike-Videos sind abrufbar unter: https://youtu.be/OLQmKgW_yMI# und https://youtu.be/mLrQhZHD5gQ
Ein Auszug der Klopapier-Kunstfotos können unter nachfolgendem Link betrachtet werden: https://padlet.com/sonnenscheinschnecke/zqb6sjfowo82huji