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Würzburg: Nach Aussage von Trabusch: Das sagen 4 Menschen mit Behinderung aus Würzburg zu Sonderveranstaltungen am Theater

Würzburg

Nach Aussage von Trabusch: Das sagen 4 Menschen mit Behinderung aus Würzburg zu Sonderveranstaltungen am Theater

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    Von oben links nach unten rechts: Raphael Tollkühn, Evi Gerhard, Michael Gerr und Thorsten Leykauf wollen keine Sonderveranstaltungen an Theatern.
    Von oben links nach unten rechts: Raphael Tollkühn, Evi Gerhard, Michael Gerr und Thorsten Leykauf wollen keine Sonderveranstaltungen an Theatern. Foto: Frank Tollkühn, Fabian Gebert, Mario Schmitt, Patty Varasano

    Nach den Äußerungen des Mainfranken Theater-Intendanten, Markus Trabusch, ein junger Mann im Rollstuhl habe eine Vorstellung mit Zwischenrufen "ganz massiv gestört" wurde eine Debatte über Inklusion am Theater ausgelöst. Solche Art von Störungen sei eine "künstlerische Beeinträchtigung", sagte er. Trabusch schlug vor, "Relaxed Performances" anzubieten. Diese Vorstellungen sollen Menschen mit Beeinträchtigungen einen "angemessenen Theatergenuss" ermöglichen, ohne die Darstellenden unter Druck zu setzen, eine störungsfreie Performance liefern zu müssen. Das sorgte bereits beim Würzburger Behindertenbeauftragten Julian Wendel für Kritik.

    Vier Menschen mit Behinderung aus Stadt und Landkreis Würzburg berichten, was sie von der Idee halten, Sondervorstellungen für Menschen mit Behinderung einzuführen.

    1. Raphael Tollkühn (21) aus Maidbronn: "In mir schreit das Verlangen nach Toleranz und Akzeptanz"

    Raphael Tollkühn stellt sich nun als Schwerbehinderter die Frage, wie erwünscht er am Mainfranken Theater ist. 
    Raphael Tollkühn stellt sich nun als Schwerbehinderter die Frage, wie erwünscht er am Mainfranken Theater ist.  Foto: Frank Tollkühn

    "Ich war in der Vorstellung von 'Ente, Tod und Tulpe' am Mainfranken Theater und habe den bekannt gewordenen Zwischenfall mit dem Intendanten als Zuschauer live miterlebt. Ich bin über den Zwischenfall mehr als empört, zumal ich selbst schwerbehindert bin und es nicht stillschweigend tolerieren kann, wenn andere Menschen mit Schwerbehinderung diskriminiert und ausgegrenzt werden. Von eigenen Vorstellungen für Menschen mit Behinderung halte ich gar nichts, das ist wirklich das Gegenteil von Inklusion. Da schreit in mir der Gerechtigkeitssinn und das Verlangen nach Toleranz und Akzeptanz in der Gesellschaft.

    Ich stelle mir jetzt die Frage, wie erwünscht ich als Schwerbehinderter am Mainfranken Theater eigentlich noch bin. Ich traue mich ja kaum noch, mit einer Karte, wo 'Ermäßigung mit Schwerbehindertenausweis' draufsteht, hinzugehen. Ich habe noch eine Karte für ein Weihnachtsstück und weiß noch nicht so recht, was ich jetzt machen soll. Die Stadt Würzburg sollte die nötigen Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen und die Zusammenarbeit mit Herrn Trabusch mit sofortiger Wirkung beenden. Ein behindertenfeindlicher Theaterintendant sollte nicht länger im Amt bleiben dürfen."

    2. Evi Gerhard (50) aus Würzburg: "Ich frage mich nun, wo er die Grenze ziehen möchte?"

    Evi Gerhard findet die Aussagen von Markus Trabusch "heftig".
    Evi Gerhard findet die Aussagen von Markus Trabusch "heftig". Foto: Fabian Gebert

    "Herr Trabusch baut sein Theater barrierefrei und macht dann solche Äußerungen – das passt nicht und ist meiner Meinung nach total exklusiv und nicht inklusiv. Auch die Aussage, dass für solche Menschen 'Relaxed Performances' ins Leben gerufen werden sollen, passt nicht. Diese Veranstaltungen sind für Menschen gedacht, die ein ruhigeres Klima brauchen, die keine Menschenmassen oder viel Lärm ertragen. Das ist total wertvoll und wichtig, damit auch wirklich alle Menschen an Theatervorstellungen teilnehmen können. Aber wenn er Menschen, wie den jungen Mann mit Behinderung, dort 'abschieben' möchte, ist das ja auch für die Menschen, die daran teilnehmen müssen, kontraproduktiv, wenn jemand dazwischenruft. 

    Herr Trabusch sollte sich erst einmal genau informieren, bevor er solche Aussagen loslässt. Er schert alle Menschen mit Behinderung über einen Kamm. Ich frage mich nun, wo er die Grenze ziehen möchte. Möchte er das am Grad der Behinderung festmachen, wer welche Veranstaltungen besuchen darf? Darf ich dann auch nur noch in Sondervorstellungen gehen? Ich finde das sehr heftig. Dass das Ganze auch noch bei einer Vorstellung für Kinder vorgefallen ist, finde ich noch heftiger."

    3. Michael Gerr (58) aus Würzburg: "Sonderveranstaltungen sollten nur ein zusätzliches Angebot sein"

    Michael Gerr sagt, dass Sonderveranstaltungen nicht dazu missbraucht werden dürfen, Menschen aus dem Regelbetrieb des Theaters auszuschließen.
    Michael Gerr sagt, dass Sonderveranstaltungen nicht dazu missbraucht werden dürfen, Menschen aus dem Regelbetrieb des Theaters auszuschließen. Foto: Mario Schmitt

    "Ich persönlich werbe gerne für eine inklusive Gesellschaft, in der Vielfalt von Menschen als Bereicherung verstanden wird. Debatten können da auf dem Weg nur hilfreich sein, Angebote zu verbessern und inklusiver zu machen. Sonderveranstaltungen sollten nur ein zusätzliches Angebot sein. Sie dürfen keinesfalls dazu missbraucht werden, Menschen aus dem Regelbetrieb des Theaters auszuschließen. Jede Live-Veranstaltung lebt damit und davon, dass Publikum Reaktionen zeigt. Kunstschaffende nehmen gerne Applaus und müssen aushalten, wenn Ihnen nicht alle Äußerungen aus dem Publikum gefallen.

    Für Herrn Trabusch wünsche ich mir, dass er aus der Debatte für seine künstlerische Arbeit inspiriert wird und er diverse Reaktionen aus dem Theaterpublikum wertfreier betrachten kann und nicht als schwarzweiß. Fürs Theater wünsche ich mir, dass die neue Intendanz ab 2026 im Bewerbungsverfahren auch unter dem Kriterium 'inklusives Theater' ausgesucht wird. Dazu könnte gehören, dass Schauspiel- und Tanzensemble diverser werden und zum Beispiel mit behinderten Menschen mitbesetzt werden."

    4. Thorsten Leykauf (41) aus Würzburg: "Das ist eine Anfeindung Menschen mit Behinderung gegenüber"

    Thorsten Leykauf ist der Meinung, dass nicht jeder Mensch mit Behinderung über einen Kamm geschert werden darf. 
    Thorsten Leykauf ist der Meinung, dass nicht jeder Mensch mit Behinderung über einen Kamm geschert werden darf.  Foto: Patty Varasano

    "Ich finde es total unverschämt, was Herr Trabusch da losgelassen hat. Das ist Diskriminierung und eine Anfeindung Menschen mit Behinderung gegenüber. Seinen Vorschlag, Sondervorstellungen ins Leben zu rufen, finde ich absoluten Müll. Das hat nichts mit Inklusion zu tun. Ich finde das unmöglich, denn jeder Mensch ist anders und er kann nicht jeden Menschen über einen Kamm scheren. Die 'Relaxed Performances' in der Art, wie das Chambinzky sie beispielsweise bereits umgesetzt hat, finde ich hingegen gut. Sie bieten Menschen, die nicht in der Lage dazu sind, die normalen Vorstellungen zu besuchen, die Möglichkeit, trotzdem ins Theater zu gehen. Das könnten sich das Mainfranken Theater und der Intendant Trabusch abgucken und auch anbieten. Aber das Theater sollte diese nicht anbieten, um in seinen Augen störende Menschen, die nichts dafür können, von den 'normalen' Vorstellungen fernzuhalten."

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