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Würzburg: Nach Unfall auf der A3 bei Helmstadt: Einsatzleiter erzählt von "Minuten, die ich nicht so schnell vergessen werde"

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Nach Unfall auf der A3 bei Helmstadt: Einsatzleiter erzählt von "Minuten, die ich nicht so schnell vergessen werde"

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    Zu einem schweren Unfall mit zwei Toten und 31 Verletzten kam es am Sonntag, 24. März, auf der A3 nahe der Ausfahrt Helmstadt.
    Zu einem schweren Unfall mit zwei Toten und 31 Verletzten kam es am Sonntag, 24. März, auf der A3 nahe der Ausfahrt Helmstadt. Foto: Silvia Gralla

    Es ist gerade mal einen Tag her, dass es auf der A3 bei Helmstadt (Lkr. Würzburg) zu einem schweren Unfall gekommen ist, bei dem eine Frau und ein zweijähriges Kind starben und 31 Menschen verletzt wurden. Zeit, um das Gesehene zu verarbeiten, blieb Paul Justice, organisatorischer Leiter der Rettungsdienste, bisher nicht. Er gibt derzeit viele Interviews, bei denen er das Geschehene immer wieder Revue passieren lassen muss. "Als ich an die Einsatzstelle kam, waren die ersten Minuten etwas, dass ich so schnell nicht vergessen werde", sagt er.

    Ein Unfall dieser Größenordnung ist auch für den erfahrenen Einsatzleiter kein Alltag. Noch bevor er am Unfallort eintraf, habe er die Information von einem Notarzt bekommen. "Er hat von drei brennenden Fahrzeugen und rund 20 verletzten Personen auf der Fahrbahn berichtet", sagt Justice. Daraufhin habe er sofort zusätzliche Einsatzkräfte angefordert.

    Herausforderung: Bei anfänglichem Ressourcenmangel schnell Entscheidungen treffen

    An der Unfallstelle angekommen, musste dann alles ganz schnell gehen – die Lage einschätzen, abwägen und Entscheidungen treffen. "Ein Notarzt kam auf mich zu und sagte, dass dort drüben sieben verletzte Personen auf der Fahrbahn liegen, er müsse sich aber erst um ein schwerverletztes Kind kümmern", rekapituliert Justice. "Er brauchte für das Kind schnell einen Rettungswagen."

    Paul Justice (Archivbild) war bei dem schweren Unfall auf der A3 bei Helmstadt als organisatorischer Leiter des Rettungsdienstes von Beginn an mit vor Ort.
    Paul Justice (Archivbild) war bei dem schweren Unfall auf der A3 bei Helmstadt als organisatorischer Leiter des Rettungsdienstes von Beginn an mit vor Ort. Foto: Johannes Kiefer

    Beinahe zeitgleich seien zwei weitere Feuerwehrleute auf ihn zugekommen, die ihm von 14 bis 16 verletzten Personen an zwei weiteren Stellen berichteten. Auch sie brauchten schnell Unterstützung durch zusätzliche Kräfte. "Das war ein Einsatz, wie wir ihn vorab immer wieder mal geübt hatten, aber den wir nie erleben wollten", sagt Justice mit ernster Stimme. "Meine Herausforderung war es dann, bei diesem anfänglichen Ressourcenmangel schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen."

    Auch Kreisbrandrat Michael Reitzenstein hatte an dem Unfalltag eine leitende Rolle und erinnert sich an die Situation vor Ort. "Die Anzahl der beteiligten Fahrzeuge und die Ausdehnung der Einsatzstelle auf fast 1,5 Kilometer, waren eine Herausforderung für alle 195 Einsatzkräfte." Und auch die seelische Belastung sei nicht zu unterschätzen. "Wir hatten gerade zu Beginn des Einsatzes nicht die volle Einsatzstärke zur Verfügung und konnten nicht überall gleichzeitig sein", sagt Reitzenstein. In diesen Momenten die Entscheidung zu treffen, wem man als Erstes helfe, mache die Einsatzsituation so belastend.

    Notfallseelsorge für alle Unfallbeteiligten ist wichtiger Bestandteil

    Auch deshalb habe der Kreisbrandrat sofort die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) mit in den Einsatz eingebunden. Einer von ihnen ist Notfallseelsorger Ulrich Wagenhäuser vom Bistum Würzburg. Er und zwölf weitere Kolleginnen und Kollegen haben die psychosoziale Betreuung übernommen. "Wichtig ist es, die Leute erstmal weg vom Geschehen zu bringen, in einen geschützten Raum mit Essen und Trinken." Dort fände dann die seelsorgerische Arbeit statt.

    Notfallseelsorger Ulrich Wagenhäuser (Archivbild aus dem Jahr 2009) hat mit seinem Team die Betreuung der Einsatzkräfte und Unfallbeteiligten übernommen.
    Notfallseelsorger Ulrich Wagenhäuser (Archivbild aus dem Jahr 2009) hat mit seinem Team die Betreuung der Einsatzkräfte und Unfallbeteiligten übernommen. Foto: Thomas Obermeier

    Zum Beispiel würden Ersthelferinnen und Ersthelfer im ersten Moment vor allem funktionieren und erst später realisieren, was sie erlebt hätten. "Wir hatten Personen, die mit bloßen Händen versucht haben, eingeklemmte Menschen aus Autos zu befreien und im Nachgang das Gefühl hatten, sie konnten nicht helfen", sagt Wagenhäuser. Die Aufgabe von ihm und seinem Team sei es dann, den Helfenden zu sagen, dass sie ihr Möglichstes getan hätten und damit viel Hilfe geleistet haben.

    Lob und Respekt an die ehrenamtlichen Einsatzkräfte

    Auch im Gerätehaus der Feuerwehr Waldbrunn (Lkr. Würzburg) fand eine Betreuung von rund 30 Unfallbeteiligten durch die Hilfsorganisation der Malteser statt. "Wir hatten sehr viel Glück, dass so viele ehrenamtliche Einsatzkräfte zur Verfügung waren", sagt Paul Justice. Das hätte zu einem großen Teil auch daran gelegen, dass sich der Unfall an einem Sonntag ereignet habe. "Viele Rettungskräfte, Notärzte und Helfende waren dadurch selbst nicht im Dienst und damit schnell verfügbar."

    Ohne die Hilfe der ehrenamtlichen und freiwilligen Einsatzkräfte wäre ein Einsatz dieser Größe nicht möglich gewesen, resümiert Justice und spricht allen Beteiligten seinen größten Respekt und Lob aus. Unter anderem waren die Einsatzkräfte der Malteser, Johanniter, des BRK, die Polizei und die Feuerwehren aus Neubrunn, Waldbrunn, Helmstadt, Hettstadt, Uettingen, Wertheim und Holzkirchen vor Ort.

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