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Güntersleben: Naturisten im Landkreis Würzburg: Warum Nacktsein Spaß macht

Güntersleben

Naturisten im Landkreis Würzburg: Warum Nacktsein Spaß macht

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    Hüllenlos entspannen: Auf dem Gelände des Günterslebener Naturistenvereins halten sich die Mitglieder nackt auf.
    Hüllenlos entspannen: Auf dem Gelände des Günterslebener Naturistenvereins halten sich die Mitglieder nackt auf. Foto: Thomas Obermeier

    Freitagnachmittag, traumhaftes Sommerwetter. Das Auto ist erst über Felder, dann durch ein Wäldchen einen geschotterten Feldweg entlang gerumpelt. Vor einem blickdichten Holztor ist Schluss. Dahinter wartet schon Sylvia Büchold. Die Vorsitzende des Naturistenbunds Frankenland trägt ein luftiges Sommerkleid. Den Pressevertretern zuliebe. Alle anderen sind nackt. Denn darum geht es in dem Verein: ohne lästige Textilien seine Freizeit im Kreise Gleichgesinnter zu verbringen.

    Vor ein paar Jahren noch wäre ein Termin wie dieser nicht vorstellbar gewesen. Da pflegte man in vielen Naturistenvereinen seine Leidenschaft für die Freikörperkultur noch im Stillen, machte auch im Kreise von Bekannten oder Kollegen nicht viel Aufhebens darum, erzählt Sylvia Büchold bei einem Rundgang durch das Gelände. Denn Begriffe wie Naturist, Nudist oder FKK setzen bei vielen Außenstehenden ein Kopfkino in Gang, das der Realität überhaupt nicht entspricht. Erst in jüngerer Zeit ist der in Güntersleben beheimatete, seit 1960 bestehende Verein dazu übergegangen, sich auch in der Öffentlichkeit selbstbewusst zu präsentieren, zu Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Tür einzuladen.

    Viele haben falsche Vorstellungen

    Naturisten, erklärt Büchold, verstehen sich als Menschen, die Textilfreiheit als Teil ihrer Naturverbundenheit betrachten. Die Vorsitzende weiß aber sehr gut, dass viele bei dem Thema etwas Schlüpfriges wittern, etwas, das in Richtung Swingerclub geht. "Da sehe ich förmlich, wie es im Kopf rattert", sagt sie.

    In Eigenleistung haben die Vereinsmitglieder ihr Schwimmbecken umgebaut.
    In Eigenleistung haben die Vereinsmitglieder ihr Schwimmbecken umgebaut. Foto: Thomas Obermeier

    Verkehrter könnten diese Einschätzung kaum sein. Das drei Hektar große Vereinsgelände der Günterslebener Naturisten ist ein idyllischer Fleck außerhalb des Ortes, ruhig und mit viel Grün. Im Grunde handelt es sich um einen gepflegten Campingplatz, auf dem die Mitglieder ihre Freizeit verbringen. Obwohl das nicht Voraussetzung ist, haben fast alle einen Wohnwagen. Wer seine Ruhe haben will, sonnt sich vor dem Gefährt. Wer Geselligkeit sucht, trifft sich mit anderen Mitgliedern vor dem Häuschen mit Küche, wo gern mal gemeinschaftlich gekocht wird.

    Auf Hygiene wird großen Wert gelegt

    Dass niemand etwas an hat, ist so selbstverständlich, dass es schon längst keinem mehr auffällt. Die "Textiler" jedoch, so nennen die Naturisten den bekleideten Teil der Menschheit, finden die Vorstellung, immer und überall nackt zu sein, gewöhnungsbedürftig - beim Essen zum Beispiel. Peter Schrenk, der zweite Vorsitzende, versteht das nicht. "Wenn mir von meinem eigenen Anblick schlecht wird, dann hab' ich ein Problem", sagt er und lacht.

    Nirgends gehe es hygienischer zu als bei Naturisten, sagen Büchold und Schrenk im Brustton der Überzeugung. "Niemand bei uns käme auf die Idee, sich ohne ein Handtuch unterzulegen, einfach auf die Bank zu setzen." Auch der große Pool, den die Mitglieder erst vor kurzer Zeit in 2500 Arbeitsstunden umgebaut haben, soll sauber bleiben. Dass dort niemand in möglicherweise hygienisch nicht einwandfreier Badebekleidung seine Bahnen ziehen kann, trägt dazu bei.

    Das Leben ohne Bekleidung ist unkompliziert. Ein Handtuch - mehr brauchen die Vereinsmitglieder nicht. 
    Das Leben ohne Bekleidung ist unkompliziert. Ein Handtuch - mehr brauchen die Vereinsmitglieder nicht.  Foto: Thomas Obermeier

    Sylvia Büchold entdeckte die Freikörperkultur für sich, als eine Freundin sie auf den Verein aufmerksam machte. Sie kam zu Besuch, war begeistert und wurde, da sie sich ohnehin einen Wohnwagen kaufen wollte, Mitglied. Vom Zwang der Bekleidung befreit zu sein, hat für Büchold ausschließlich Vorteile. "Das fängt schon morgens an", sagt sie. Im Naturistenverein kann sie einfach in den Waschraum gehen - ohne erst überlegen zu müssen, welches T-Shirt sie anziehen soll oder ob der Bademantel richtig sitzt.

    Peter Schrenk war in seiner Jugend gern mal nackt baden, zu nachtschlafender Zeit mit Kumpels, wenn die Disco vorbei war. "Da hatte ja keiner eine Badehose dabei." Zum Verein kam er dann durch einen Tag der offenen Tür. Die Naturisten haben erkannt, dass sie die Werbetrommel rühren müssen, wenn sie neue Mitglieder gewinnen wollen. Etwa 120 sind es derzeit. Sie kommen aus der ganzen Umgebung, denn der nächste Naturistenverein befindet sich erst wieder in Schweinfurt.

    Die Jugend tut sich schwer mit Nacktheit

    Aber die Jugend, sagt Sylvia Büchold, tue sich mit dem Konzept der textilfreien Freizeitgestaltung offenbar schwer. Wo rührt das her? "Anerzogene Verklemmtheit", sagt Peter Schrenk spontan. Sylvia Büchold kann die Scheu der jungen Leute nicht richtig nachvollziehen. "Das Shirt so ausgeschnitten wie möglich, die Hose so eng wie möglich", sagt sie. Aber komplett ausziehen - auf keinen Fall.

    Dabei bietet der Verein mehr als nur Ruhe. Es gibt einen Volleyballplatz und Pétanque-Bahnen, man kann Tischtennis spielen oder in die vereinseigene Sauna gehen. All das wissen die vielen Gäste zu schätzen, die gerade jetzt im Sommer mit ihren Wohnwagen und -mobilen auf der Gästewiese stehen. Es sind Mitglieder anderer Naturistenvereine aus dem In- wie Ausland, die hier ihren Urlaub verbringen.

    Vom Küchenhäuschen her weht inzwischen ein köstlicher Duft über den Platz. Ein Vereinsmitglied hat Geburtstag und lädt zum Aal-Essen ein. Die ersten Gäste haben schon Platz genommen, auf ihren Handtüchern, selbstverständlich. Es verspricht ein schöner, geselliger Abend zu werden bei den Naturisten in Güntersleben.

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