„Wir sehen den Eigentümerwechsel erst einmal positiv.“
Werner Flierl IG Metall
Die Gebrüder Reinfurt (GRW) in Rimpar haben einen neuen Besitzer. Der bisherige Eigentümer des Herstellers von Spezialkugellagern, die niederländische Kapitalanlagegesellschaft Avedon Capital Partners, hat die Firma an die US-amerikanische Kaman Aerospace Group Inc. verkauft. Die Geschäftsführung und auch die Gewerkschaft finden das gut.
Gerade einmal drei Jahre ist es her, dass bei Gebrüder Reinfurt in Rimpar große Aufregung herrschte. Die Firma war in die Schlagzeilen geraten, weil der damalige GRW-Geschäftsführer die Kugellagerfertigung von Rimpar nach Prachatice in Tschechien hatte verlegen wollen. Dies hatte zu parteiübergreifenden Protesten aus Politik, Gesellschaft und Kirche geführt. Vertreter von Betriebsrat und Gewerkschaft befürchteten, dass dies nur der erste Schritt hinzu einer kompletten Schließung des Rimparer Werkes sein werde.
Von den ursprünglich 110 gefährdeten Arbeitsplätzen konnte fast die Hälfte durch eine Betriebsvereinbarung gerettet werden. Der Geschäftsführer verließ kurz danach die Firma, ohne große Traurigkeit zu hinterlassen, wie aus gut informierten Kreisen zu erfahren war. Trotzdem war die Verlagerung ein harter Schlag für den Arbeitsmarkt in der Stadtrandgemeinde. „Wir sehen den Eigentümerwechsel erst einmal positiv.“
Werner Flierl IG Metall
Als besonderen Erfolg der Proteste wertete Werner Flierl von der IG Metall die damals von der Geschäftsführung unterzeichnete Standort- und Beschäftigungssicherung bis zum 31. Dezember 2016. Zumal diese Zusicherung auch gelte, wenn die Firma verkauft werde würde, sagte Flierl vor drei Jahren.
Nach der Übernahme nun sagt der IG-Metall-Bevollmächtigte: „Wir sehen den Eigentümerwechsel erst einmal positiv.“ Der neue Eigentümer Kaman sei kein Finanzhai, sondern ein produzierendes Unternehmen, das seine Produktpalette erweitern wolle. „Damit könnten sich für GRW auch neue Chancen durch neue Kundenkreise auftun“, so Flierl. „Der erste Eindruck ist jedenfalls nicht negativ, da hätte es Schlimmere geben können."
Man müsse nun sehen, „ob sie den von uns ausgehandelten Haustarif einhalten, der Kündigungsschutz, den wir ausgehandelt haben, gilt jedenfalls weiter“, bekräftigt der IG Metaller.
Auch bei GRW selbst ist man guter Dinge. Auf Anfrage in Rimpar verweist Andreas Gersitz von der Marketingabteilung auf eine Pressemitteilung zum Verkauf. Darin sagt GRW-Geschäftsführer Michael Ludwig unter anderem, mit Kaman habe GRW einen starken Partner gefunden, der für erstklassige Zukunftschancen und eine langfristige Wachstumsstrategie an den Standorten Rimpar und Prachatice stehe. „GRW kann mit technisch höchst anspruchsvollen Produkten und Kompetenzen Kamans Wachstumspläne auf diesem Gebiet hervorragend unterstützen“, so der Geschäftsführer.
Produkte, Produktionsstandorte und Vertriebskanäle von GRW würden sich mit Kaman in idealer Weise ergänzen. „GRW stellt eine großartige Ergänzung für unsere Spezialkugellager dar, wertet das bestehende Produktprogramm auf und erschließt uns den Zugang zu neuen Marktsegmenten“, kommentiert Kaman-Präsident Neal Keating den Kauf laut Pressemitteilung.
Zu Kaman gehört seit 2002 auch die RWG Deutschland GmbH in Höchstadt an der Aisch, die zuvor als „RWG Frankenjura Industrie Flugwerklager GmbH“ firmierte. Sie produziert unter anderem spezielle Flugwerklager für die Luft- und Raumfahrtindustrie. „Die RWG in Höchstadt baut andere Kugellager als die GRW, inwieweit sich da Synergien ergeben könnten lässt sich derzeit nicht sagen. Wir müssen abwarten“, sagt Gewerkschaftsmann Flierl.
Gebrüder Reinfurt und die neuen Inhaber
Die Firma Gebrüder Reinfurt Würzburg wurde 1942 von den Brüdern Eugen und Hugo Reinfurt gegründet und produzierte anfangs Hochpräzisions-, Klein-, Miniatur- und Instrumentenkugellager sowie Spindellager in der Gneisenaustraße.
1958 wurden in Rimpar Werkshallen errichtet, 1962 entstand der erste Reinraum für die Kugellagermontage. 1987 wurde das Werk in Rimpar erweitert und die Montagestandorte zusammengelegt. 2012 wurde die Kugellager-Montage von Rimpar ins tschechische Prachatice verlegt. Nach eigenen Angaben erwartet das Unternehmen für das Geschäftsjahr 2015 einen Konzernumsatz von etwa 48 Millionen Euro. Die Kaman Corporation, der neue Reinfurt-Inhaber, arbeitet in den Bereichen Luft- und Raumfahrt sowie im industriellen Handelsgeschäft.
Das Unternehmen produziert und vertreibt eigene Radlager für Flugzeugfahrwerke und Komponenten, heißt es auf der Webseite. Auch eigene Hubschraubertypen für zivile und militärische Nutzung werden hergestellt. Die Unternehmensgruppe Kaman beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit etwa 5000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von etwa zwei Milliarden US-Dollar. Gegründet wurde die Kaman Corporation 1945 in Bloomfield im US-Bundesstaat Connecticut.