Wer an den Ochsenfurter Gau denkt, dürfte zunächt einmal weite Felder vor Augen haben. Schließlich ist die Region bekannt für ihren Lössboden, der den Landstrich zu einem der fruchtbarsten in Deutschland macht. Spannende Geschichte und Kultur scheinen dagegen nicht zu den herausragenden Merkmalen des Gaus zu gehören. Ein neuer Kulturweg mit dem Titel "Cherubim im Gää" soll – aufgeteilt in eine Nord- und eine Südschleife – nun das Gegenteil beweisen.
Cherubim, das seien die Engel, die im Ochsenfurter Gau in den Kirchen zuhauf zu finden sind und deshalb als Namensgeber für den Weg herhalten dürfen, erklärt Historiker Gerrit Himmelsbach. "Allein in der Schutzengelkirche in Gaukönigshofen befinden sich mehr als 100 Engel", sagt er. Besucherinnen und Besucher seien da noch gar nicht mitgezählt, fügt Bürgermeister Johannes Menth mit einem Augenzwinkern hinzu. Aber auch in den Gotteshäusern in Wolkshausen, Acholshausen und an allen weiteren Stationen, die Wanderfreunde auf der Südroute passieren, sind Engel zu finden.
Wanderer können prachtvolle Barockkirchen und alte Traditionen entdecken
Doch nicht nur diese sind Thema auf dem neuen Kulturweg. Auch wer erfahren möchte, warum Mühlen im unteren Tierbachtal einst eine große Rolle spielten oder welche bekannten fränkischen Künstler die Region im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat, findet hier Antworten, historische Fotoaufnahmen und Hintergrundwissen. Dafür befinden sich Informationstafeln entlang der Strecke, die Einblick geben sollen in die Historie der Ortschaften und das Leben der Menschen in vergangenen Zeiten.

"Wir wollen zeigen, was das Besondere vor Ort ist", sagt Himmelsbach. Auffällig sei, dass es im Thierbachtal in jedem Ort eine Kirche gebe – oder sogar zwei. Und deren Innenräume seien prachtvoll gestaltet. Ein Überbleibsel des bäuerlichen Wohlstands im 18. Jahrhundert, erklärt der Historiker. Doch es gibt noch mehr zu entdecken. Während der Kulturweg in Eichelsee etwa die hohe Bedeutung von Tracht im Ort thematisiert, geht es in Tückelhausen um das Klosterensemble.
Dort startet auch die rund elf Kilometer lange Nordroute, die Tückelhausen und Hohestadt verbindet. Die Südroute verläuft auf etwa 15 Kilometern durch die Gaukönigshofer Ortsteile. Beide Strecken erfordern keine außergewöhnliche Fitness, sind allerdings nicht barrierefrei.
Im südlichen Landkreis Würzburg gibt es bereits eine ganze Reihe von Kulturwanderwegen
Der Historiker hat als Projektleiter des Archäologischen Spessart-Projekts (ASP) schon die Entstehung vieler Kulturwege angeleitet. Auch im südlichen Landkreis Würzburg sind diese Projekte nichts Neues. In fast allen zwölf Mitgliedskommunen der Allianz Maindreieck gebe es mittlerweile die Möglichkeit, die Umgebung auf einem Kulturweg zu entdecken, sagt Allianz-Manager Bastian Lange. Diese Wege führen aus seiner Sicht zu einer "Aufwertung der Region für den Wander- und Radtourismus".

Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf insgesamt etwa 25.000 Euro, beziffert Ochsenfurts Bürgermeister Peter Juks. Die Pflege der Wege und das Aufstellen der Tafeln seien Angelegenheiten der Kommunen, um die Wegmarkierungen kümmern sich sogenannte Wanderwarte.
"Aber am Ende waren es die Leute vor Ort, die einen Großteil der Arbeit gemacht haben", sagt Juks. Das bestätigt auch sein Amtskollege Johannes Menth: "Ohne das Engagement hätten wir als Kommune nicht die Kapazität für so ein Projekt." Denn die Ausarbeitung lag in den Händen eines Arbeitskreises, der mit Unterstützung von Himmelsbach über viele Monate ehrenamtlich Wissen gesammelt und Bildmaterial gesichtet hat.

Insgesamt zweieinhalb Jahre sind von der Idee bis zur Eröffnung des Kulturwegs vergangen. Es handle sich allerdings um ein nachhaltiges Projekt, das nun nicht final abgeschlossen ist, betont Himmelsbach. Informationstafeln etwa sollen, wenn nötig, aktualisiert werden. "Und wenn sich jemand für die Ecke oberhalb vom Thierbachtal interessiert, sind wir auch offen für eine Fortsetzung des Kulturwegs."
Die Eröffnung der Nordroute findet am 28. April, um 10 Uhr, auf dem Dorfplatz in Hohestadt statt, die der Südroute am 5. Mai, um 9 Uhr, am Dorfplatz in Acholshausen.
