Ein paar hundert Gramm Cannabis bringen Richterinnen und Richter an Amtsgerichten in Unterfranken normalerweise nicht aus der Ruhe. Geht es um den unerlaubten Besitz von Marihuana und den Handel damit, fällten sie in aller Regel routiniert ihre Urteile. Doch etwas war am Mittwochnachmittag am Amtsgericht in Würzburg anders: Cannabis ist jetzt teilweise legal. Juristinnen und Juristen betreten Neuland bei der Rechtssprechung.
Ein 34-Jähriger aus dem Landkreis Würzburg ist einer der ersten Angeklagten in Unterfranken, die von dem neuen Gesetz profitieren. Im August 2023 fand die Polizei in seinem Haus rund 340 Gramm Cannabis. 16 Pflanzen waren im Keller zum Trocknen aufgehängt, im Kühlschrank lagerten Cannabissamen.

Ein Polizist sagte vor Gericht aus, dass der Keller chaotisch ausgesehen habe. Er könne nicht mit Sicherheit sagen, dass das gesamte "Betäubungsmittel" gefunden werden konnte. Schnell korrigiert er sich: "Oder mittlerweile Rauschmittel, muss man sagen." Denn mit Inkrafttreten verschwindet Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz.
Weitergabe der Droge bleibt auch nach Legalisierung mit Ausnahmen strafbar
Menschen, die älter als 18 sind, dürfen jetzt in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm Cannabis mit sich führen, zu Hause sind maximal 50 Gramm erlaubt. Außerdem ist es gestattet, bis zu drei Cannabispflanzen zu Hause zu haben.
Jetzt sind in einem ersten Schritt zunächst Besitz, privater Anbau und Konsum bestimmter Mengen Cannabis für Erwachsene erlaubt. Ab Juli sollen in einem zweiten Schritt sogenannte Anbauvereine staatlich kontrolliert unter strengen Auflagen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben dürfen. Die Weitergabe der Droge – mit Ausnahme im Rahmen der Vereine – bleibt strafbar.

Zahlreiche Plastiktütchen und Feinwaagen lassen das Gericht zu dem Schluss kommen, dass der 34-jährige Vater aus dem Landkreis Würzburg nicht nur zum Eigenkonsum Cannabis anbaute. Er war angeklagt wegen des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Elektriker aus dem Landkreis Würzburg gestand vor Gericht, das Rauschmittel tatsächlich verkaufen zu wollen.
Neues Cannabis-Gesetz verkürzt den Prozess in Würzburg deutlich
Doch für die Höhe der Strafe ist auch entscheidend, ob es sich dabei um eine "nicht geringe Menge" handelt. Vor dem 1. April lag die Grenze dafür gemeinhin bei 7,5 Gramm reinem Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Im Haus des Mannes wurde Cannabis mit einem Gehalt von 19,2 Gramm THC gefunden.
Die Staatsanwaltschaft Würzburg legt dem Mann in der Anklageschrift noch den Handel in "nicht geringe Menge" zur Last. "Das stimmt nicht mehr", sagt die Staatsanwältin beim Blick in den Aktenordner kurzerhand – zur Freude des Verteidigers. Beide Seiten sind sich schon nach 20 Minuten Verhandlung einig darüber, dass die neue Grenze jenseits der rund 19 Gramm THC liegen muss.
"Erstaunlicherweise handelt es sich nicht um einen Aprilscherz."
Berufsrichter des Schöffengerichts in Würzburg über das Cannabisgesetz
Der Berufsrichter des Schöffengerichts lässt ins Protokoll aufnehmen, dass das Betäubungsmittelgesetz "nur noch eingeschränkt" gelte. "Es kommt eine Anwendung des Konsumcannabisgesetzes in Betracht". Die Gerichtsschreiberin vergewissert sich, wie das neue Gesetz abgekürzt wird. "Wir müssen uns hier erstmal zurechtfinden", sagt der Richter und blättert in einem ausgedruckten Bundesgesetzblatt. Aufmerksam versucht der Angeklagte dem Geschehen zu folgen. Er wird sich später von seinem Anwalt erklären lassen, was die Juristen diskutieren.

Die Staatsanwältin plädiert wegen des Drogenhandels für eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden können. Der Verteidiger forderte für seinen Mandanten, der das erste Mal vor Gericht stand, eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro (in Summe 1350 Euro).
Strafe von 3000 Euro wegen Handels mit Cannabis verhängt
Zehn Minuten zog sich das Schöffengericht für die Beratung über das Urteil zurück. Das Cannabisgesetz sei zwar am 1. April in Kraft getreten, aber "erstaunlicherweise handelt es sich nicht um einen Aprilscherz", sagt der Berufsrichter bei der Urteilsverkündung. "Jetzt ist das Gesetz da und wir müssen damit umgehen."
Was die Einschätzung der "nicht geringen Menge" angehe, gibt es dem Richter zufolge bisher nur wenige juristische Aufsätze in Fachzeitschriften und "logischerweise noch keine obergerichtliche Rechtssprechung".
Das Gericht verhängt eine Strafe von 120 Tagessätzen zu je 25 Euro (in Summe 3000 Euro), weil der Anbau gewerbsmäßig erfolgte. Die Verteidigung erklärt, auf Rechtsmittel zu verzichten. Die Staatsanwaltschaft behält sich diese noch vor, weshalb das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.