Es ist wieder so weit: die Zeit der guten Vorsätze. "Ich will mit dem Rauchen aufhören", "Ich nehme ab", "Ich mache mehr Sport" – die Klassiker, die uns Jahr für Jahr beschäftigen. Doch warum klappt es oft nicht? Warum endet der Vorsatz, keine Schokolade mehr zu essen, drei Stunden später mit einer leeren Lebkuchentüte? "Weil wir Vorsätze oft zu eng fassen", sagt die Würzburger Psychotherapeutin Eva Lange.
Das Problem sei nicht unsere Motivation, sondern wie wir unsere Ziele formulieren. Ziele können schnell starr und einengend wirken: "Ich darf ab dem ersten Januar keine Zigarette mehr anfassen! So eine Aussage baut Druck auf. Und wo Druck ist, da gibt es oft Gegenbewegung." In der Psychologie spricht man dabei von Reaktanz: Der innere Widerstand regt sich, sobald wir das Gefühl haben, etwas nicht tun zu dürfen. Der kleine Anteil in uns, der rebelliert und sagt: "Ich will aber!"
Statt sich Ziele zu setzen, sollte man sich laut der Psychologin auf seine Intentionen besinnen
Vielleicht, sagt Lange, sei der Schlüssel nicht, sich auf das Ziel zu fixieren, sondern auf die dahinterliegende Intention. Statt zu sagen: "Ich muss mit dem Rauchen aufhören", könnte man sich fragen: "Was ist mir wirklich wichtig?" Geht es um Gesundheit oder darum, liebevoller mit sich selbst umzugehen? Ein festes Ziel wie "Rauchfrei ab dem ersten Januar" mag wie eine gute Idee klingen, doch wenn es nicht sofort klappt, werde es schnell zu einer Quelle von Frust. Wir geraten in einen Teufelskreis: Das Ziel scheint unerreichbar, wir fühlen uns schlecht – und geben auf.
Die Intention dagegen könne uns als Anker dienen. Ein Anker ist nicht wie ein Ziel, das starr in der Ferne liegt, sondern "gibt uns Halt und Stabilität, wo wir gerade sind. Von dort aus können wir flexibel handeln." Ins Praktische übersetzt bedeutet das laut Lange, nicht sofort aufhören zu rauchen, sondern zunächst zu beobachten: "Wann rauche ich? Wie fühle ich mich dabei? Welche Alternativen habe ich?" Indem wir uns auf unsere Intention – etwa ein gesünderes Leben – konzentrieren, würden wir Raum für Entwicklung schaffen, ohne uns zu verurteilen, wenn etwas nicht gleich klappt. Ein Vorsatz muss also keine starre Verpflichtung sein. Es geht laut Lange darum, freundlich und achtsam mit sich selbst umzugehen, statt sich mit inneren Regeln und Deadlines unter Druck zu setzen.

Nicht nur die Psychologie setzt sich mit der Natur der Vorsätze auseinander. Schon die antiken Philosophen kannten das Prinzip der Vorsätze, sagt der Philosophieprofessor Jörn Müller von der Uni Würzburg: "Die Griechen sprachen von 'prohairesis', einer bewussten Entscheidung zwischen verschiedenen Optionen, die langfristig unser Handeln leitet." Doch was damals als ein Akt der Selbststeuerung beschrieben wurde, fällt uns auch heute oft schwer.

Ein häufiger Fehler: Unsere Vorsätze sind zu allgemein gefasst. "Mehr Sport treiben" klingt gut, bleibt aber schwammig. Ohne konkrete Ziele – etwa "jeden Mittwochmorgen joggen" – fehlt die Grundlage für die Umsetzung, sagt Müller. Ein anderer Stolperstein sei Halbherzigkeit. "Viele nehmen sich etwas vor, ohne wirklich mit Herzblut dabei zu sein." Die Folge davon sei, dass die Motivation verpufft und die Pläne scheitern.
Vorsätze sollten konkret und realistisch gefasst werden
Was hilft dann? Müller sagt: "Vorsätze müssen konkret und realistisch sein und zu uns passen." Zudem könne ein schrittweiser Ansatz den Unterschied machen. Statt sofort einen Halbmarathon zu laufen, sollte man lieber mit langen Spaziergängen starten. Gewohnheiten aufzubauen, sei entscheidend: "Durch Wiederholung prägen wir uns selbst und machen gute Vorsätze zur zweiten Natur."
Auch der antike Philosoph Aristoteles hätte hierzu etwas beizutragen: Für ihn entstehen Tugenden – also auch die Fähigkeit, Vorsätze einzuhalten – durch Gewohnheit. "Wir werden gerecht, indem wir gerechte Dinge tun", sagte der Denker. "Wer regelmäßig übt, seine Ziele umzusetzen, baut Charakter und Stärke auf. Gewohnheitsbildung macht Vorsätze nicht nur leichter umsetzbar, sondern sorgt auch dafür, dass wir langfristig über uns hinauswachsen", erklärt Müller.
Ein häufig unterschätzter Erfolgsfaktor für Vorsätze sei die Kraft der Gemeinschaft. Wer Vorsätze nicht allein umsetzt, sondern mit Freunden oder in einer Gruppe, erhöhe seine Erfolgschancen: "Zum einen entsteht durch die Verabredung mit anderen eine gegenseitige Verantwortung: Man will niemanden hängen lassen und bleibt eher dran. Zum anderen sorgt die gemeinsame Umsetzung für Motivation und Freude. Der andere erfüllt dabei auch eine Art Kontrollfunktion."