Mit der Impfung gegen Corona sind viele Hoffnungen verbunden; auch in der Region warten zahlreiche Impfwillige, insbesondere Angehörige von Risikogruppen, auf einen Impftermin. Während die Terminvergabe in Würzburg Stadt und Land bisher über die Webseite des lokalen Impfzentrums erfolgte, können sich Impfwillige seit Montag online ausschließlich über das neue bayernweite Portalimpfzentren.bayern für eine Terminvergabe registrieren lassen. Doch das Verfahren birgt einige Fallstricke und sorgt vor allem bei Senioren und ihren Angehörigen für Kritik und Unverständnis, wie zahlreiche Anrufe und Mails an diese Redaktion zeigen.
"Ich versuche seit 27. Dezember für meine 86- und 84-jährigen Eltern einen Impftermin zu bekommen", schreibt etwa Matthias Müller aus Würzburg. Er bezeichnet die Situation als "katastrophal" und ein "komplettes Versagen der Politik und des Gesundheitsamtes". Online sei es an keinem einzigen Tag möglich gewesen, einen Termin auszumachen, und die Telefonnummer, unter der das Impfzentrum von Stadt und Landkreis erreichbar sein soll, sei tagelang besetzt gewesen.

Auch über das neue bayernweite Portal gelang es Müller bisher nicht, seine Eltern online für einen Termin vormerken zu lassen. "Registrieren nicht möglich, diese Fehlermeldung kam mehrmals", so Müller, der zudem bemängelt, dass es nicht möglich sei, zwei Termine gleichzeitig auszumachen. "Meine Eltern sind nicht mehr mobil, ich als in Vollzeit Berufstätiger müsste sie fahren und bräuchte zwei Termine im selben Zeitfenster."

Dass die Software des neuen Portals durchaus "Kinderkrankheiten, die den Bürgern wehtun" habe, räumt Landrat Thomas Eberth (CSU) in einer Pressekonferenz zum Thema Impfen ein. Diese sollten in Abstimmung mit dem bayerischen Gesundheitsministerium möglichst bald behoben werden. Am Mittwoch sei man im direkten Gespräch mit Gesundheitsminister Klaus Holetschek gewesen und habe eine Liste mit Verbesserungsvorschlägen eingereicht. Vor der Einführung des neuen Systems "hätte man die Leute von der Kreisverwaltungsbehörde mit ins Boot holen und Testphasen mit den Impfzentren machen können", so Eberth. Das dies nicht geschehen sei, "kritisieren wir offen."

Auch Karlheinz Thaler aus dem Würzburger Stadtteil Rottenbauer hat an den Regularien rund ums Impfen einiges zu beanstanden. Der 83-Jährige hatte sich direkt nach dem Start des neuen Impfportals registriert. Dass er unter seiner E-Mail-Adresse nicht auch seine Frau registrieren lassen kann, ist ihm unverständlich. "Sie brauchen eine zweite E-Mail-Adresse oder jemand anderen, der Ihre Frau anmeldet", sei ihm unter der Telefonhotline des lokalen Impfzentrums geraten worden. Mit Hilfe seines Schwiegersohns gelang es Thaler schließlich, auch seine Frau registrieren zu lassen, doch: "Es geht mir um uns Senioren", sagt der 83-Jährige mit Nachdruck. "Ich konnte um Hilfe fragen - wie machen das ältere Leute, die niemanden haben?" Da seine Frau den Impftermin nicht alleine wahrnehmen könnte, bräuchten die beiden einen gemeinsamen Termin. Doch auch diese Möglichkeit gibt es bisher nicht. "Der Zusatz ‚mit Partner‘ bei der Registrierung würde dieses Problem schon lösen", sagt Thaler.
"Man hätte mehr aus der Sicht der über 80-Jährigen denken müssen."
Landrat Thomas Eberth (CSU)
"Man hätte mehr aus der Sicht der über 80-Jährigen denken müssen", räumt Landrat Thomas Eberth ein. Deren Lebenswirklichkeit sei beim neuen Impfportal nicht wirklich mit einbezogen worden. Für Senioren, die sich im Internet nicht zurechtfinden, empfiehlt er die Hotline unter der Nummer 116117. "Bitte nutzen Sie diese und verlieren Sie nicht die Geduld", so sein Appell. Und: Es sollen sich jetzt nur diejenigen anmelden, die zur ersten Gruppe gehören. Alle anderen mögen sich dagegen noch gedulden. Darüber, dass die Leitung häufig belegt sei, sei man sich bewusst: Allein am Montag, zum Start des bayernweiten Impfportals, habe es 25 000 Anrufversuche beim lokalen Impfzentrum gegeben. Realistischerweise abzuarbeiten seien aber höchstens 1000 Anrufe am Tag, so Eberth.

Klaus Kümmet aus Thüngersheim hat über impfzentren.bayern seine 84-jährige Mutter für eine Impfung registriert. Dass er keine weitere Personen mit seiner E-Mail-Adresse anmelden kann, ist auch ihm unverständlich. Mit seinem Versuch, zwei über 80-Jährige per Telefon registrieren zu lassen, hatte er bisher kein Glück: "Man kommt einfach nicht durch", so Kümmet. Er fragt sich, wie ältere Menschen an einen Impftermin kommen sollen: "Ein Großteil der über 80-Jährigen hat doch kein Internet", ist er überzeugt. Und: Irgendwann könnte auch er einen Impftermin beantragen wollen – über seine E-Mail wäre dies dann aber nicht mehr möglich, da unter dieser Adresse bereits die Daten seiner Mutter hinterlegt sind.
Hinter der Tatsache, dass man beim neuen Impfportal pro Registrierung eine eigene E-Mail-Adresse hinterlegen müsse, liege laut Landrat Eberth die "Angst vor Missbrauch". Die Produzenten der Software, die hinter dem Portal steht, hätten die Befürchtung, dass ansonsten unter einer einzigen E-Mail-Adresse "ein ganzer fiktiver Straßenzug" registriert werden könne, so Eberth.