Der Jahrgang 2026 ist schon jetzt ein besonderer Weinjahrgang. Denn ab diesem Jahr müssen alle Winzerinnen und Winzer das in Deutschland geltende und an den romanischen Ländern orientierte neue deutsche Weinrechtumsetzen. In Franken setzen es viele Winzer schon seit Jahren um, andere stellen gerade um oder warten noch ab. Wir haben fränkische Wein-Experten gefragt, welche Auswirkungen das neue Gesetz für Winzer und Weintrinker in Franken hat. Robert Haller, Vorsitzender der Qualitätsweingüter Frankens und selbst Gutsdirektor (Bürgerspital), Hermann Mengler, Leiter der Wein-Fachberatung des Bezirk Unterfranken, Cornelius Lauter, Geschäftsführer der Winzergemeinschaft Franken (GWF), sowie Michael Bock und Arthur Steinmann vom Fränkischen Weinbauverband und der Wein-Experte Jochen Freihold beantworten alle wichtigen Fragen zum neuen Weinrecht.
Ab wann tritt das neue Weinrecht in Kraft?
Offiziell ist das neue Weinrecht am 8. Mai diesen Jahres in Kraft getreten. Es gibt jedoch Übergangsfristen bis einschließlich dem Jahrgang 2025. Ab dem Weinjahrgang 2026 müssen dann alle Regeln angewandt werden. Allerdings werden einige Neuerungen schon früher umgesetzt. So wird zum Beispiel das Erste oder Große Gewächs schon ab dem Jahrgang 2024 an bestimmte Kriterien geknüpft.
Was bedeutet der Übergang vom germanischen zum romanischen Weinrecht?
Seit 1971 gilt in Deutschland die geprüfte Qualität im Glase, sagt Herrmann Mengler, Leiter der Wein-Fachberatung des Bezirk Unterfranken. Der Restzuckergehalt (Grad Öchsle) lege fest, ob man einen Kabinett, eine Spät- oder Auslese im Glas habe. Im romanischen Weinrecht (Italien, Frankreich, Spanien) stehe die Herkunft des Weines im Vordergrund. Die rücke jetzt auch bei uns nach vorne.
Robert Haller vom Bürgerspital-Weingut beschreibt das so: "Ein Wein mit 90 Grad Öchsle aus einer brillanten Lage mit eigentümlichem Standort, guter Bodenstruktur mit entsprechender Ertragsreduzierung, ist doch viel wertvoller als ein Wein mit 100 Grad Öchsle, der auf einem ehemaligen Kartoffelacker gewachsen ist." Allerdings bleibe das "germanische Verfahren" der amtlichen Qualitätsweinprüfung erhalten, sagt der Wein-Experte Jochen Freihold. Es werde sogar noch eine zweite sensorische Weinprüfung hinzukommen, erklärt Mengler.

Was ist das Wichtigste am neuen Weinrecht?
Künftig werden Qualitätsstufen auch nach der Herkunft festgelegt. Dabei gilt: "Je kleiner die Herkunft, desto größer das Qualitätsversprechen". Unterste Qualitätsstufe ist der "Deutsche Wein", der theoretisch ein Cuvée aus unterschiedlichen Anbaugebieten sein könnte, erklärt Mengler. Es folgen der Landwein mit einer geschützten geografischen Angabe. Der Landwein spiele in Franken noch keine Rolle. Hier würden die fränkischen Winzerinnen und Winzer noch nach einem passenden Namen suchen, denn der Frankenwein als geschützte geografische Ursprungsbezeichnung stelle bereits die nächste Qualitätsstufe dar. In dieser Stufe würden aktuell 50 Prozent der Frankenweine vermarktet, so der fränkische Weinbauverband. Für diese Weine ändere sich nichts. Es folgt eine Region, ein Bereich oder eine Großlage innerhalb des Anbaugebietes. Dann komme der Ortswein und anschließend die höchste Stufe der Lagenweine.
Was ist ein Regionalwein?
Ein weiterer Kern der neuen Verordnung sind die Angaben auf den Etiketten. So sind zum Beispiel Großlagen, die sich an einer Leitgemeinde orientieren, künftig nicht mehr zulässig. Darum wird es zunächst auch keinen "Volkacher Kirchberg" mehr geben, denn der Kirchberg erstreckt sich über mehrere Gemeinden der Landkreise Kitzingen, Schweinfurt und Würzburg. So könnte ein "Volkacher Kirchberg" zum Beispiel komplett auf dem Gemeindegebiet von Wipfeld geerntet sein. Der dürfte dann aber nicht mehr "Volkacher Kirchberg" heißen, weil es dann mindestens ein Ortswein wäre. Künftig nennen die Franken diesen Bereich "Region Volkacher Mainschleife". Das schaffe mehr Klarheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher, so der Weinbauverband.
Man habe weitere Bereiche neu abgegrenzt und die Namen an touristische Destinationen angelehnt, wie das "Saalestück" oder das "Schwanberger Land". Der Name "Volkacher Kirchberg" könnte aber künftig als Orts- oder Lagenwein Wiederauferstehung feiern, sagt Mengler.

Was ist ein Ortswein?
Wird eine Gemeinde oder ein Ortsteil auf dem Etikett genannt, spricht man künftig von einem Ortswein. Der muss mindestens das Mostgewicht des bisherigen Kabinett-Weins haben. Zudem darf er frühestens ab dem 15. Dezember des Erntejahres vermarktet werden. Dadurch solle eine gewisse Reife im Keller garantiert sein, erklärt Hermann Mengler, der Leiter der Wein-Fachberatung des Bezirk Unterfranken.
Was sind Lagenweine?
Aus Frankreich kennt man Premier Cru oder Grand Cru. Die gibt es teilweise schon jetzt auch in Franken. Künftig versprechen sie besonders geschützte Qualität. Der Lagenwein gibt eine Einzellage an, von der 85 Prozent der Trauben stammen müssen. Auch er muss mindestens Kabinett-Wein-Qualität haben und darf erst ab dem 1. März des Folgejahres vermarktet werden. Auch der Name des Ortes, auf dessen Gemarkung der Weinberg liegt, ist Pflicht.
Das hat Folgen, wie man am Beispiel der Lage "Sommerhäuser Steinbach" sehen kann. Die wird vor allem von Winzern aus Sommerhausen bewirtschaftet, liegt aber zu über 70 Prozent auf der Gemarkung von Eibelstadt. Hat ein Sommerhäuser Winzer seinen Weinberg auf der Eibelstädter Gemarkung des Steinbachs, muss er seinen Wein künftig als "Eibelstädter Steinbach" bezeichnen oder ganz auf die Lage verzichten.

Was ist ein fränkischer Premier oder Grand Cru?
Lagenweine können noch einmal durch die Bezeichnungen "Erste Lage" und "Große Lage" qualitativ aufgewertet werden. Hier werden auf kleinen und besonders wertvollen Einzellagen durch bestimmte Rebsorten, die den Lagen-Charakter verdeutlichen, und durch entsprechende Ertragsreduzierung Spitzenweine angebaut. "Dadurch können wir ganz gezielt auf gute Weine hinarbeiten, indem wir die besten Lagen und die ältesten Reben sortieren", sagt Robert Haller, Vorsitzender der Qualitätsweingüter Frankens. "Das ist eine ganz andere und viel konsequentere Arbeitsweise, als wir sie noch vor zehn oder 15 Jahren hatten."

Was wird aus dem legendären "Würzburger Stein"?
Der "Würzburger Stein" werde beispielsweise eine "Erste Lage" sein. Eigentlich könnte er sogar eine "Große Lage" sein, sagt Herrmann Mengler. Doch so viel höchste Qualität ließe sich gar nicht verkaufen. Darum würden einzelne Gewannen als "Große Lage" ausgeschrieben werden. Die seien mit dem 1971er Weingesetz abgeschafft worden und feierten jetzt ihre Renaissance. Eine dieser Gewannen sei die "Würzburger Steinharfe", die mit alten Reben - bestückt vom Würzburger Bürgerspital - exklusiv bewirtschaftet werde, so Robert Haller. Weitere könnten unter dem Namen "Würzburger Steinberg" hinzukommen.

Verschwinden die bisherigen Prädikate?
Kabinett, Spät- oder Auslesen wird es wie die Trockenbeerenauslese und den Eiswein weiterhin geben. Denn sie seien unverzichtbar, so die knappe Antwort des Weinbauverbandes. Allerdings gebe es sie wohl vor allem für die restsüßen Weine, sagt Cornelius Lauter von der GWF. Da das Prädikat Kabinett für Orts- und Lagenweine Mindestanspruch ist, wird es wohl in diesen Bezeichnungen aufgehen. Der Wein-Experte Jochen Freihold glaubt zudem, dass es die Spätlese gegenüber den Großen Gewächsen mit nochmals eingeschränkten Erträgen und erweiterter sensorischer Prüfung schwer haben dürfte.
Was bedeuten Hinweise wie "Alte Rebe" oder "Großes Gewächs"?
"Großes Gewächs" und "Erstes Gewächs" sind lediglich andere Bezeichnungen für "Erste Lage" oder "Große Lage". Derzeit sind die Voraussetzungen dafür jedoch noch nicht festgelegt. Dies wird in Gänze erst ab dem Jahrgang 2026 sein, wenn Erste und Große Lagen ausgewiesen werden und Lagenweine bestimmten Qualitätskriterien entsprechen müssen, erklärt Robert Haller. "Alte Rebe" sei nicht definiert, sagt Herrmann Mengler. Bislang gebe es nur ein Gerichtsurteil, in dem einem Winzer der Begriff "Alte Rebe" auf dem Etikett für den Wein seiner 15 Jahre alten Weinstöcke verboten worden sei. Da Weinberge normalerweise alle 25 Jahre neu bepflanzt würden, sei das wohl die unterste Grenze.
Wie Experten aus Franken das neue Weinrecht bewertenCornelius Lauter von der GWF (Winzergemeinschaft Franken) sieht die Änderungen positiv gelassen. Schon jetzt würden Großlagen bei der Vermarktung keine Rolle mehr spielen. Die Qualitätsstandards seiner Winzerinnen und Winzer blieben erhalten. Er sei überzeugt, dass neben den Orten und Lagenamen vor allem neue Marken wichtig seien. So habe die GWF mit den "Jungen Franken" eine Marke geschaffen, die sehr erfolgreich sei. Herrmann Mengler von der Wein-Fachberatung des Bezirk Unterfranken sieht vor allem Chancen in dem neuen Weingesetz. Wichtig sei, dass die fränkischen Winzerinnen und Winzer die neuen Regeln schnell und konsequent umsetzen. Ein Wirrwarr an Bezeichnungen müsse verhindert werden. Den größten Gewinn sieht er für die fränkischen Steillagen, die durch den neuen Fokus auf die Herkunft viel wertiger würden, so dass sich der höhere Aufwand der Bewirtschaftung mehr lohnen würde. Auch der Fränkische Weinbauverband sieht die Terrassen- und Steillagen als die großen Gewinner der Reform. Wichtig sei, dass "die regionalen Branchenverbände und Schutzgemeinschaften in den Gebieten mehr Gestaltungsfreiheiten haben, die sie nutzen können und müssen". Man hätte sich sogar noch mehr Mut gewünscht, denn vieles werde schon gelebt. Eine Gefahr sei nur, wenn zu viele Bezeichnungen parallel verwendet würden. Robert Haller vom Würzburger Bürgerspital betont, dass die Vereinigung der Prädikatsweingüter diesen Weg seit fast zehn Jahren konsequent geht. Kein einziger Winzer habe Probleme mit den neuen Klassifizierungen. Und selbst mit langjährigen Kundinnen und Kunden habe man - bis auf ganz wenige Ausnahmen - gute Erfahrungen gemacht. Trockene Spitzenweine würden durch die neue Qualifizierung gewinnen. Er sei überzeugt, dass die Qualität der Weine durch die neuen Regelungen steigen werde. Jochen Freihold, ehemaliger Verbandsdirektor beim Fränkischer Weinbauverband, sieht die Kombination aus romanischem und germanischem Weinrecht als den großen Vorteil. Zum einen würden jetzt die Herkunft des Weines, Kleinklima, Geologie und Tradition stärker betont, zum andern bleibe es bei dem germanischen Verfahren der amtlichen Qualitätsweinprüfung. Die habe man den südlichen EU-Partnern voraus.Quelle: fqu