Nägel ragen wie Ähren im Wind. Die Frau besteigt ein Kleid aus Wellpappe. Bunte Rahmen schieben sich aus weißen Flächen. Die Architektur-Studienarbeiten aus der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt setzen sich mit Struktur, Raum, Licht und anderen Grundbegriffen der Baugestaltung auseinander. Der Hausbau-Nachwuchs lernt an der früheren FH also nicht nur, senkrechte Wände und rechte Winkel zu zeichnen. Vielmehr trainieren Gestaltungskurse den Sinn für schönes Hindenken. Das mag von der Baupraxis mit ihren Mode-Lösungen weit entfernt sein. Die ästhetischen Studienfächer beweisen immerhin, dass nicht die Hochschulen schuld sind an den vielen langweiligen neuen Häusern im Land.

Die Vereinigung Kunstschaffender Unterfrankens lädt Studierende der THWS regelmäßig zu gut einwöchigen Präsentationen ihrer Kunstwerke ein. VKU-Vorsitzender Andi Schmitt war bei der Eröffnung am Freitag "überrascht von der Vielfalt der unterschiedlichen Lösungen für jeweils dieselbe Aufgabe". Schmitt bat die Studierenden, an den wenigen Ausstellungstagen möglichst oft im Spitäle zu sein: "Stellt euch mit euren Kommilitonen der Welt!"

Mit gutem Beispiel ging FH-Professor Stefan Niese voran, der mit seinem Kollegen Prof. Wolfgang Fischer die Kurse gegeben hatte, deren Ergebnisse nun öffentlich zu bestaunen sind. Er erläuterte, bei den Struktur-Übungen – zu denen das eingangs erwähnt Ähren-Nägel-Feld gehört – sei es darum gegangen, "Naturvorbilder und Schwerpunkte zu suchen". Auf "Objekte, die sich im Licht verändern" kam es in einem anderen Semester an.

Am hinteren Tischende der langen Präsentationsfläche stehen die haus-ähnlichsten Arbeiten. Manche basieren sogar auf weißen Quadern wie die zahlreichen derzeit wirklichen Bauprojekte. Nur ziehen sich bei den Forschungsobjekten keine dunklen Fensterbänder in der Waagerechten. Und nicht nur die Außenflächen sind intelligent und einfühlsam gestaltet. Auch Innenräume lassen sich optisch betreten. Nieses Rat: "Man muss vor dem Ausstellungstisch in die Knie gehen. Lassen Sie sich in die Räume hineinziehen."
Raumgreifende avantgardistische Kleidungsstücke
Noch mehr Interaktion wartet an der rechten Saalwand. Hierfür arbeiteten die Architektur-Studierenden mit den Kommunikationsgestaltenden zusammen, mit der Fotoklasse von Prof. Johanna Diehl, Nachfolgerin des verstorbenen Architekturfotografen Dieter Leistner. Die angehenden Bauingenieurinnen und -ingenieure schufen raumgreifende avantgardistische Kleidungsstücke, in die Mann und Frau eher hineinsteigen als dass sie sie anziehen. Große Fotos zeigen nun diese menschenbewohnten Skulpturen, einmal an der Wand, vor allem aber auf einladend ausliegenden Postern. Die sind so gefaltet und geschlitzt, dass der aktiv teilnehmende Ausstellungsbesucher beim Aufklappen nichts anderes macht als – eine eigene Raumerfahrung. Vielleicht soll der Betrachter ja sogar durch den Schlitzt in die Fotografien eintreten…

Die Ausstellung "Intermezzo: Architekturen. Plastisches Gestalten als Grundlage für architektonisches Entwerfen" ist noch bis Sonntag, 5. März, in der VKU-Galerie Spitäle an der Alten Mainbrücke (Festungsseite) zu erleben: ab Dienstag, 28. Februar, täglich 11 bis 18 Uhr.
