Bleiben Bayerns Schulen nach den Osterferien geschlossen? Mit Blick auf die weiter steigende Zahl von Corona-Infizierten deutete Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag an, dass eine Rückkehr zum normalen Schulbetrieb nach den Osterferien keineswegs sicher sei. Er hat einen "Stufenplan“ ins Gespräch gebracht, in dessen Rahmen Grundschüler anders behandelt werden könnten als Oberstufenschüler.
BLLV: Die Gesundheit aller hat Vorrang
Bayerns Lehrkräfte jedenfalls stehen einer Rückkehr zum normalen Schulunterricht nach den Osterferien äußerst skeptisch gegenüber. "Die Gesundheit aller hat Vorrang!“, mahnt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). Sollte es zur termingerechten Wiedereröffnung kommen, dürfe der Unterricht nur mit Schutzmaßnahmen stattfinden.
Kultusminister Michael Piazolo (FW) müsse klare Ansagen machen, wie der Gesundheitsschutz für alle Schüler und alle Lehrer sichergestellt werden könne, so Fleischmann: "Was wird benötigt? Woher bekommen die Schulen die Ausstattung? Wer übernimmt die Verantwortung?“ Diese Fragen müssten im Vorfeld – also jetzt – beantwortet werden, fordert die Verbandspräsidentin.

Gerhard Bleß: Schulen sind letztlich Massenveranstaltungen
„Es ist ganz klar, dass gerade die älteren Lehrkräfte ab 50, 60 Jahren ein großes Risiko laufen, an Corona zu erkranken, wenn der Lehrbetrieb normal wieder aufgenommen werden würde“, warnt Gerhard Bleß, der unterfränkische BLLV-Bezirksvorsitzende. Aus vielen Gesprächen mit Kollegen weiß er, dass die Angst vor Ansteckung gerade bei älteren Lehrkräften sehr groß ist.
Schulen seien nun mal Orte, an denen Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschen auf engem Raum zusammenträfen. „Das sind letztlich Massenveranstaltungen“, sagt Bleß. Außerdem seien Kinder nun mal Kinder: „Und während man von Oberstufenschülern erwarten darf, dass sie die Notwendigkeit von Sicherheitsabständen verstehen und sich daran halten, kann man das bei Grundschülern nicht voraussetzen“, so der Bezirksvorsitzende. "Sechs- oder siebenjährige Grundschüler schaffen das nicht. Mal eine Stunde, ja. Aber nicht tage- und wochenlang.“
Bleß macht kein Hehl daraus, dass er zum Schutz der Lehrer bei immer noch steigenden Corona-Ansteckungszahlen Alternativen vorziehen würde. "Wir brauchen sehr schnell einen Austausch darüber, wie wir vorgehen; einen Austausch unter Einbezug der Basis“, fordert Bleß. Man müsse offen darüber diskutieren, ob der Präsenzunterricht wirklich für alle Klassen wiederaufgenommen werden solle. Oder ob er nicht, zumindest in Teilen, weiter online durchgeführt werden könne. Man dürfe sogar fragen, ob es im Sinne aller und zur Vermeidung weiterer Ansteckungen nicht sinnvoller wäre, das Schuljahr vorzeitig zu beenden und Schuljahreszeugnisse auszustellen, die auf den Jahresfortgangsnoten bis März basierten.
"Ich plädiere auf jeden Fall für vereinfachte Prüfungen“, sagt Matthias Schranner, der die Gustav-Walle-Mittelschule in Würzburg leitet. Er rät zum Beispiel dazu, im Ausnahmejahr auf die sehr zeitintensive, mindestens vier Wochen dauernde "Projektprüfung“ zu verzichten, die Neuntklässler üblicherweise für den Qualifizierenden Schulabschluss brauchen. Die Erfahrung lehre, dass die Projektprüfungsnoten nur sehr selten von den Jahresfortgangsnoten im Projektfach abwichen. Von daher sei diese Erleichterung sinnvoll.
Mittelschulrektor: Positive Erfahrungen mit Online-Unterricht
Welche Erfahrungen hat der Mittelschulrektor mit dem Online-Lernen währen der drei Wochen Schulsperrung gemacht? Ist digitaler Unterricht auf längere Sicht praktikabel gerade an einer Schulart, in der die Kinder stärker als in anderen ihren Klassenlehrer brauchen und oft nur ungenügend mit Computern und Druckern ausgestattet sind? "Die meisten unserer Schüler haben tatsächlich keine Laptops und keine Drucker; aber sie haben alle Handys“, sagt Schranner. Damit funktioniere Unterricht auch. Nämlich so: "Wir Lehrer mailen den Schülern Aufgaben. Diese machen die Kinder dann zu Hause auf Papier. Dann fotografieren sie die Lösungen und schicken sie per WhatsApp an uns zurück“, erklärt Schranner.

Gerade was die Vermittlung schwierigerer Lerninhalte angehe, hätten seine Kollegen sehr großes Engagement und Kreativität bewiesen. Einige hätten sich selbst gefilmt - etwa beim Erläutern von Mathe-Gleichungen - und die Videos dann den Schülern geschickt. Andere hätten ihren Schülern tägliche Telefonsprechstunden angeboten, die sehr gut genutzt worden seien.
Das Problem sei, dass man mit den Online-Angeboten nicht alle Schüler erreiche, sagt Schranner: "Gerade die, die sich auch in der Schule rausziehen, ziehen sich in so einer Situation auch raus. Und die schicken dann einfach keine gelösten Aufgaben zurück.“